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German Chancellor Olaf Scholz walks after disembarking a plane at the Beijing Capital International Airport, in Beijing, China November 4, 2022 in this still image taken from video. REUTERS/via Reuters TV   REFILE - QUALITY REPEAT

© Foto: REUTERS TV

Update

Strenge Corona-Auflagen: Elf Stunden Peking – so verläuft der Scholz-Besuch in China

In der Nacht zu Freitag ist Bundeskanzler Scholz in Peking gelandet. Der Zeitplan ist straff. Die Themen: Menschenrechte und der Ukraine-Krieg.

Noch nie war der Antrittsbesuch eines deutschen Bundeskanzlers oder einer Bundeskanzlerin in China zeitlich so knapp bemessen wie die Elf-Stunden-Visite von Olaf Scholz (SPD). Die Ursache lag in der chinesischen Anti-Corona-Politik, die den Besuch auf ein Minimal-Programm ohne Übernachtung schrumpfen ließ. Doch das änderte nichts an der politischen Brisanz – schließlich ist Scholz der erste Vertreter eines westlichen G-7-Staates, der China seit dem Beginn der Pandemie besuchte.

Die Besonderheiten der chinesischen Null-Covid-Politik bekamen Scholz und die mitgereiste Delegation nach der Landung in Peking schnell zu spüren. Bevor der Kanzler am Freitagvormittag Pekinger Ortszeit aus dem Regierungsflieger aussteigen konnte, musste sich die gesamte Reisegruppe erst einmal einem PCR-Test unterziehen.  

Im Fall des Kanzlers wurde dieser von einem mitgereisten Arzt aus Deutschland vorgenommen – allerdings unter chinesischer Aufsicht.  Bis die Ergebnisse der PCR-Tests vorlagen, mussten der Kanzler, seine Entourage aus dem Kanzleramt, die zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation und die übrige Reisegruppe mit ihren insgesamt 60 Mitgliedern im Staatsgästehaus Diaoyutai warten.

Beim Gespräch der Delegationen herrschte allgemeine Maskenpflicht - außer für Kanzler Olaf Scholz (rechts) und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
Beim Gespräch der Delegationen herrschte allgemeine Maskenpflicht - außer für Kanzler Olaf Scholz (rechts) und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.

© Foto: AFP/Kay Nietfeld/Pool

Erst anschließend ging es in die Osthalle der Großen Halles des Volkes zum Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping weiter. Die strengen Corona-Auflagen sorgten auch dafür, dass der Regierungsflieger in Südkorea zwischengeparkt werden musste, während Scholz und die deutsche Delegation die Gespräche in Peking führten.

Anderenfalls wäre für den Kanzler der Rückflug mit derselben Maschine nicht möglich gewesen. So aber reiste die Crew des Regierungs-Airbus  A 340 nicht formal nach China ein, was der Besatzung eine Quarantäne vor Ort ersparte.

Nach Angaben des staatlichen chinesischen Senders CCTV sagte Xi vor der Begegnung mit Scholz, dass China und Deutschland zusammenarbeiten sollten, „um einen größeren Beitrag zum Frieden auf der Welt und der Entwicklung“ zu leisten. Seine Begegnung mit Scholz werde den „nächsten Schritt“ der Beziehungen zwischen China und Deutschland vorbereiten, sagte Xi demnach weiter.

Nach den Angaben von CCTV erklärte Scholz, dass sein Besuch in einer „Zeit großer Spannung“ stattfinde, da der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine das Regelwerk der internationalen Ordnung verletze. Der Besuch sei eine Gelegenheit, um im direkten Gespräch „die weltweiten Herausforderungen und die bilateralen Beziehungen zwischen Europa und China“ zu erörtern, sagte Scholz demnach weiter. Bei dem Gespräch mit Xi werde es außerdem um eine Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen, den weltweiten Hunger und den Klimawandel gehen.

Kanzler Olaf Scholz (links) wurde vom Ministerpräsidenten Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes mit militärischen Ehren empfangen.
Kanzler Olaf Scholz (links) wurde vom Ministerpräsidenten Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes mit militärischen Ehren empfangen.

© Foto: AFP/Kay Nietfeld/Pool

An den Corona-Auflagen liegt es auch, dass sämtliche Delegationsmitglieder beider Seiten bei dem Gespräch in der Osthalle der Großen Halle des Volkes Maske tragen mussten. Nur Scholz und Xi, die das Gespräch führten, durften die Maske ablegen.

Im Anschluss richtete Xi im Goldenen Saal der Halle ein Mittagessen für Scholz aus. Danach wurde der Gast aus Deutschland mit militärischen Ehren von Ministerpräsident Li Keqiang begrüßt.

Nach seinen Gesprächen sagte Scholz mit Blick auf die Spannungen um den Inselstaat Taiwan, dass Deutschland wie die USA eine Ein-China-Politik verfolge. Er habe bei seinen Gesprächen auch deutlich gemacht, dass eine Veränderung des Status quo von Taiwan „nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen“ erfolgen könne.

Auch auf die Lage der Menschenrechte kam Scholz in Peking vor der Presse zu sprechen. Zwar nannte er die bedrohte Minderheit der Uiguren nicht explizit. Er erklärte aber, dass sich alle Mitglieder der Vereinten Nationen auf den Schutz von Minderheiten verpflichtet hätten. „An diese Verpflichtung zu erinnern und die Umsetzung dieser Rechte anzumahnen, zum Beispiel in der Provinz Xinjiang, ist deswegen keine Einmischung in innere Angelegenheiten“, sagte der Kanzler. Seine Gespräche hätten gezeigt, dass es hier Differenzen zwischen Deutschland und China gebe. Die Provinz Xinjiang wird von der muslimischen Minderheit der Uiguren bewohnt. „Menschenrechte sind in ihrer Gültigkeit universell“, sagte Scholz.

Mit dem Einsatz von Atomwaffen würde Russland eine Linie überschreiten, die die Staatengemeinschaft gemeinsam gezogen hat.

Olaf Scholz, Bundeskanzler bei seinem Besuch in China

Angesichts des Ukraine-Krieges forderte Scholz: „Russland muss die Angriffe, unter denen die Zivilbevölkerung in der Ukraine täglich leidet, sofort beenden und sich aus der Ukraine zurückziehen.“ Er sei sich mit Xi einig, dass atomare Drohgebärden „unverantwortlich und brandgefährlich“ seien. „Mit dem Einsatz von Atomwaffen würde Russland eine Linie überschreiten, die die Staatengemeinschaft gemeinsam gezogen hat“, erklärte der Kanzler weiter. Auch Ministerpräsident Li sagte mit Blick auf den Ukraine-Krieg: „Wir können uns keine weitere Eskalation mehr leisten.“

Wie Scholz weiter mitteilte, habe er sich mit dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten auf eine enge Zusammenarbeit bei der weiteren Pandemiebekämpfung geeinigt. Demnach könne der Biontech-Impfstoff bei in China lebenden Ausländern verwendet werden. „Das kann natürlich nur ein erster Schritt sein“, fügte er hinzu. Er hoffe, dass „der Kreis der Berechtigten bald erweitert werden kann bis hin zu einer allgemeinen Verfügbarkeit des Biontech-Impfstoffs“, sagte der Kanzler. Biontech-Chef Ugur Sahin gehört zur Wirtschaftsdelegation, die den Kanzler auf seiner Reise begleitet.

Als es in Peking schon Abend geworden ist, zeigte sich Scholz vor den mitgereisten deutschen Medienvertretern zufrieden. Die Kritik innerhalb der Ampel-Koalition, die es zum Timing der Reise kurz nach dem jüngsten Kongress der Kommunistischen Partei und wegen der Beteiligung der Staatsreederei Cosco an einem Terminal des Hamburger Hafens gegeben hat, schien in diesem Moment weit weg. Die Cosco-Beteiligung sei von ihm während des Besuchs nicht angesprochen worden, „und andere sind auch nicht darauf zurückgekommen“, ließ der Kanzler aber wissen.

Auch in der Streitfrage, ob China demnächst deutschen Firmen ähnliche Investitionsmöglichkeiten wie in Hamburg gewährt, gab sich der Kanzler optimistisch. Es sei darüber gesprochen worden, dass China und Deutschland bei ihren Investitionen jeweils „auf Augenhöhe“ vorgehen sollten.

Allerdings hatte Xi zuvor deutlich gemacht, dass die Hafenstadt Hamburg aus Sicht der Pekinger Führung eine ganz besondere Rolle spielt.  Die Hansestadt gilt als einer der europäischen Brückenköpfe für die Neue Seidenstraße - also jene Handelsverbindung zum Westen, die zu Xis Prestigeprojekten gehört. Vor seinem Gespräch mit dem Kanzler erinnerte Chinas Alleinherrscher daran, dass er Scholz 2017 in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Hansestadt kennengelernt hatte. „Bereits damals haben Sie ein deutliches Signal gesendet“, erklärte Xi. „Sie unterstützen Hamburg ja dabei, die Seidenstraßeninitiative gemeinsam mit uns umzusetzen“, fügte der Präsident hinzu.

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