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Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Vize-Präsidentin Kamala Harris.

© Reuters/Pool

Der Kanzler nutzt die Münchner Konferenz: Scholz will Putin diplomatisch einkreisen

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz arbeitet Kanzler Scholz daran, die verbleibende Unterstützung Russlands zu verringern. Dabei setzt er auf Diplomatie - mit offenem Ausgang.

Stand:

Russland ist nicht eingeladen zu dieser Münchner Sicherheitskonferenz fast genau ein Jahr nach Beginn des Großangriffs auf die Ukraine. Trotzdem dreht sich im Bayerischen Hof fast alles darum, wie Präsident Wladimir Putin gestoppt werden kann – auch bei Kanzler Olaf Scholz, der nach dem per Video zugeschalteten ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskij die zweite Rede hält.

Natürlich geht es auch um die Unterstützung Kiews, die über viele Monate so viel innenpolitischen und innereuropäischen Streit erzeugt hat. Der Kanzler bekennt sich gegenüber jenen, die ihm Zögerlichkeit vorgeworfen haben, zu deutscher „Leadership“, dass also die Partner in dieser ernsten Lage von der Bundesrepublik eine Führungsrolle erwarten dürfen – auch bei der Militärhilfe.

Er kann das leichter tun, nachdem er der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern zugestimmt hat, nun andere Alliierte noch zögern und von Scholz dafür ermahnt werden. Es komme nun darauf an, so der Kanzler, „dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies auch wirklich tun“.

Scholz wendet sich aber auch an die, die Rüstungsexporte ablehnen: „Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern.“ Je früher Putin einsehe, „dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen“.

Auch das Münchner Begleitprogramm des Kanzlers gleicht dem Versuch, den Vorwurf einer rein militärischen Logik und mangelnder diplomatischer Aktivität zu entkräften, den zuletzt Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer im „Manifest für Frieden“ wieder erhoben hatten. Freilich steht für ihn seit Kriegsausbruch dabei im Mittelpunkt das Bemühen, direkt am Telefon oder indirekt auf Putin einzuwirken.

In München trifft Scholz deshalb Chinas Außenminister. Der reist im Anschluss nach Moskau. Das bietet die Chance, die Haltung der Volksrepublik zum verbündeten Russland zu beeinflussen. Im Herbst war es gelungen, Peking zu einer öffentlichen Warnung vor einem Atomwaffeneinsatz zu bewegen.

Mehr Friedensengagement aber kann das Kanzleramt bisher nicht ausmachen auf chinesischer Seite, der es gelegen kommt, dass Russland sein im Westen sanktioniertes Öl und Gas günstig an sie abgeben muss. Dennoch keimte in der deutschen Delegation allein deshalb Hoffnung, da China dem Vernehmen nach um das Treffen bat. Scholz appelliert daher schon vor dem Treffen mit Chefdiplomat Wang Yi an Peking: „Bei der Verteidigung bestimmter Grundprinzipien der internationalen Ordnung sind alle gefordert – auch China.“

Macron will Druck auf Putin ausüben

Um Putin diplomatisch einzukreisen, bearbeiten der Kanzler und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron weiter auch Brasilien, Indien und Südafrika, die mit Russland und China den BRICS-Staatenclub bilden. „Wir müssen zusammen mit diesen Ländern Druck auf Putin ausüben“, sagt Macron in seiner Rede. Dafür müsse man dem teils berechtigten Vorwurf entgegentreten, dass man sich für deren Probleme und Kriege weniger interessiert habe - und „Doppelstandard“ beenden.

Ich bin froh und dankbar, dass Präsident Biden und viele andere Verbündete das genauso sehen wie ich.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Der Kanzler, der gerade aus Lateinamerika zurückgekehrt ist und nächste Woche in das G20-Vorsitzland Indien reist, zitiert in diesem Sinne den indischen Außenminister, wonach Europa seine Probleme für die der Welt halte, die der Welt aber nicht für die eigenen.

Auch er beschwört die traditionell transatlantische Konferenz, dass es für eine regelgebundene Ordnung und somit auch zur Eindämmung von Putins Aggression die ganze Welt braucht. Dafür reiche es aber „nicht, gemeinsame Werte zu beschwören. Dafür braucht es eine ehrliche Beschäftigung mit den Anliegen dieser Länder“.

Da passt es gut ins Bild, dass Christoph Heusgen als Chef der Sicherheitskonferenz dieses Jahr einen „Scheinwerfer auf den Globalen Süden“ richtet und von dort eine Rekordzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern begrüßen kann.

Eine große US-Delegation, angeführt von Vizepräsidentin Kamala Harris, ist ohnehin vor Ort. Der Kanzler betont den Schulterschluss mit Washington in der Frage, dass „die Balance zwischen bestmöglicher Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer ungewollten Eskalation“ zwischen Russland und Nato gewahrt bleiben muss und „bei allem Handlungsdruck“ weiter westlicher „Zusammenhalt vor Solovorstellung“ gelten soll: „Ich bin froh und dankbar, dass Präsident Biden und viele andere Verbündete das genauso sehen wie ich.“ Im Weißen Haus wird Scholz schon Anfang März wieder erwartet.

China, Indien, Saudi-Arabien, die Türkei, viele afrikanische oder südamerikanische Staaten nutzen den Konflikt, um daraus Kapital zu schlagen. Scholz wäre naiv, würde er wirklich glauben, einer dieser Staaten würde auf Profite verzichten, die er mit dem Krieg erwirtschaften kann.

Schreibt Community-Mitglied FrankNFurter

An der Geschlossenheit des Westens wird auch mit Polen gearbeitet. Scholz hatte sich etwa aus Warschau immer wieder vorwerfen lassen müssen, die Ukraine zu zögerlich zu unterstützen. Nun ist Scholz wieder besser gelitten. Am Abend kommt es nach längerer Pause wieder zu einem Gipfel des Weimarer Dreiecks mit Scholz, Macron und Polens Präsident Andrzej Duda.

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