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Sandra Maischberger, ARD-Moderatorin

© WDR/Thomas Kierok

Kanzleramtschef Frei empört sich bei „Maischberger“: „Das ist ein absoluter Quatsch“

Bei „Maischberger“ attackiert Grünen-Chef Banaszak die Regierung scharf. Einen Vorwurf lässt sich Kanzleramtschef Frei aber nicht gefallen. Zum Glück ist ein Buchkritiker dabei. Die TV-Kritik.

Stand:

Die schwarz-rote Koalition gelobt Beschleunigung bei Reformen, Russland bedroht die Nato, und in den USA fabuliert Präsident Trump über einen „Krieg im Innern“. Genug Stoff also für die Sendung von Sandra Maischberger am Dienstagabend.

Zu Gast sind Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU), Grünen-Chef Felix Banaszak und CNN-Journalist Frederik Pleitgen. Es kommentieren der Literaturkritiker Denis Scheck, die Journalistin Dagmar Rosenfeld und der Journalist Markus Feldenkirchen. Die ARD-Sendung in der TV-Kritik.

Schwarz-grünes Verantwortungspingpong

Wer die üblichen Tiraden in Talkshows gewöhnt ist, darf sich von der Debatte zwischen Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) und Grünen-Chef Felix Banaszak positiv überraschen lassen. Sonderlich laut wird es zwischen beiden nicht, dafür geht es mitunter inhaltlich zur Sache.

Angesichts von Donald Trumps Behauptung, Deutschland habe seinen „kranken Weg“ in Sachen erneuerbarer Energie verlassen, richten beide Politiker den Blick zurück auf die Ampel-Zeit. Wem das helfen soll, sei einmal dahingestellt. Verheißungsvoll klingt immerhin Banaszaks Ansage: „Selbstkritik ist kein Problem.“

Sonderlich selbstkritisch wird er dann aber nicht. Zwar gesteht der Grünen-Chef ein, dass „in der Ampel vieles nicht gut funktioniert hat“. Doch wenn es um Klimaschutz geht, lässt Banaszak keine Fehler erkennen. Die Energiepolitik seiner Partei, darauf beharrt er vehement, sei nicht für die Probleme der deutschen Wirtschaft verantwortlich. Vielmehr habe Kanzler Merz mit seinem Drängen auf einen schnellen Zolldeal mit den USA der deutschen Wirtschaft geschadet.

„Das stimmt natürlich nicht“, entgegnet Thorsten Frei. Die Wirtschaft leide vielmehr unter den außerordentlich hohen Strom- und Energiepreisen, an denen auch die „Art und Weise“ der Energiewende schuld sei. Die Energiepolitik der neuen Regierung werde dagegen marktwirtschaftlicher ausgerichtet und mehr auf Versorgungssicherheit bedacht sein, sagt Frei.

Banaszak kritisiert die Bundesregierung scharf

An anderer Stelle bemerkt Banaszak, dass Klimapolitik „bewusst und interessengesteuert bekämpft“ und „propagandistisch bearbeitet“ werde. Wenn Trump die deutsche Energiepolitik der Vergangenheit kritisiere, seien da „auch ökonomische Interessen hinter“.

„Aber das unterstellen Sie nicht dieser Regierung?“, hakt Maischberger nach. „Doch natürlich“, antwortet Banaszak, „genau das unterstelle ich dieser Regierung“. Die Solar- und Windenergiebranche gerieten ins Hintertreffen, „weil die Interessen, die diese Regierung vertritt, die der Fossilen sind“.

Er finde das „einigermaßen dreist“, erwidert Frei. Die Grünen seien mit der Ampel-Politik „für genau die Ergebnisse verantwortlich, die Sie jetzt beklagen“, sagt er an Banaszak gerichtet. Auf den Vorwurf, die Interessen der fossilen Industrie zu vertreten, möchte Frei gar nicht eingehen: „Das ist ein absoluter Quatsch, der muss gar nicht näher kommentiert werden.“

Wenn du nicht mehr weiter weißt, …

… bilde einen Arbeitskreis. Frei nach diesem Motto scheint (nicht nur) der Kanzleramtschef Politik zu verstehen, wie die Schnellfragerunde zeigt. Die Gäste sollen dabei mit einem schlichten Ja oder Nein antworten, was weder Frei noch Banaszak sonderlich gut gelingt.

Auf die Frage hin, ob die Lebensarbeitszeit steigen soll, wie von CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche gefordert, legt sich der Kanzleramtschef nicht fest. Allein das ist bezeichnend, immerhin geht es um einen Vorstoß seiner Parteifreundin und Kabinettskollegin.

Man setzt ja keine Kommission ein, wenn man glaubt, vorher schon alles zu wissen.

Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU)

Als Maischberger daraufhin fragt, ob der Pflegegrad 1 abgeschafft werden soll, sagt Frei: „Wir haben eine entsprechende Kommission eingerichtet, die wird in wenigen Wochen bereits ihre Ergebnisse vorlegen.“ Dann werde man sehen, wie es mit der Pflege weitergehe. „Und was meinen Sie?“, möchte die Moderatorin wissen.

„Man setzt ja keine Kommission ein, wenn man glaubt, vorher schon alles zu wissen“, erwidert Frei. Es sind aber nun mal gewählte Politiker, keine Expertenkommissionen, die in Deutschland politische Entscheidungen treffen. Die Logik hinter Freis Aussage ist offenkundig, und doch wäre es schön, wenn gerade in politischen Talkshows ein bisschen häufiger darauf hingewiesen würde, was eigentlich Aufgabe der Politik ist.

Ein Kommentator mit Unterhaltungswert

Als Glücksgriff für die Sendung erweist sich Denis Scheck. Der Buchkritiker lockert mit seinen bissigen und humorvollen Einwürfen die Stimmung auf. „Ich habe schon spannendere Lektüren gelesen“, kommentiert er etwa Merkels Autobiografie, aber „im Vergleich zu denen von Helmut Kohl ist es ein Wunderwerk“.

Ginge es nach Autokonzernen wie VW, „würden wir wahrscheinlich mit Verbrennern noch auf dem Mond und auf dem Mars fahren“, witzelt er angesichts der Diskussion um das Verbrenner-Aus.

Für Trump und seine Minister findet Scheck als Literaturkenner treffende Vergleiche. Dass das Ministerium von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth nun „Kriegsministerium“ heißt, bringt ihn zu George Orwells „1984“: „Mich wundert ja nur, dass Trump das Ministerium nicht in Wahrheitsministerium umbenannt hat“. Von einer literarischen Fantasie sei Trumps Gebaren jedenfalls „kaum mehr überbietbar“.

Pleitgen beruhigt die Europäer

Mit „CNN“-Journalist Frederik Pleitgen bespricht Maischberger zum Ende der Sendung die aktuellen Entwicklungen in den USA und die Folgen für Europa. Pleitgen berichtet ungeschönt, aber nicht dramatisierend vom Zwiespalt, in dem amerikanische Medien stecken: Wie weit lässt man sich auf die Bedingungen der Regierung ein?

Ein Entzug von Sendelizenzen für unliebsame Sender, über den Trump laut nachdenkt, hält Pleitgen in der näheren Zukunft nicht für wahrscheinlich. Bereits heute werde jedoch wirtschaftlicher Druck ausgeübt.

Auch Trumps Gerede vom „Krieg im Innern“, den es gegen von Demokraten regierte Großstädte zu führen gelte, scheint Pleitgen nicht für bare Münze zu nehmen. „Das ist noch relativ weit entfernt“, gibt er sich überzeugt. Ebenso sei es überzogen, von einem anstehenden Bürgerkrieg zu sprechen, so Pleitgen: „Die USA ist meines Erachtens sehr weit von einem Bürgerkrieg entfernt.“

Auch für die Europäer hat Pleitgen, der gerade aus Russland zurückgekehrt ist, eine beruhigende Botschaft im Gepäck. Zwar sei Kanzler Merz im russischen Staatsfernsehen „eine der größten Hassfiguren“, aber einen großen Krieg zwischen Russland und der Nato sieht der Journalist nicht unmittelbar bevorstehen.

Er bezweifelt auch, ob die Russen dazu in der Lage seien, noch eine Front zu eröffnen. „Das möchte ich gerne glauben“, sagt Maischberger. Damit ist sie sicher nicht allein.

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