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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.

© Sophia Kembowski/dpa

Kohleausstieg in der Lausitz: Wie Dietmar Woidke den Strukturwandel angeht

Beim Kohleausstieg will Brandenburgs Ministerpräsident die Bürger nicht im Stich lassen. Bis zur Landtagswahl 2019 muss er Antworten auf den Strukturwandel liefern. Ein Porträt.

Wird Dietmar Woidke gefragt, wo er herkommt, sagt er gern: „Aus Forst, das ist drei Bäume vor Moskau." Forst liegt in der Lausitz, einer Region an der polnischen Grenze, die Südostbrandenburg und den Osten Sachsens umfasst. Derzeit ist die Lausitz vor allem wegen des Kohleausstiegs Gesprächsthema. In der Bundesregierung herrschen keine Zweifel mehr, dass der Ausstieg kommen wird. Nur das Datum ist offen. Auch Woidke hat sich auf diese Realität längst eingestellt. Brandenburg werde Schritt für Schritt aussteigen, sagte der Ministerpräsident Ende 2017. „Aber ohne einen Strukturbruch in der Lausitz.“  

Kraftwerke besonders klimaschädlich

Woidke ist ein halber Kohle-Kumpel“, sagt einer aus der SPD-Fraktion im Potsdamer Landtag, der ihn schon viele Jahre lang kennt. „Er hat den Strukturwandel nach der Wende selbst erlebt. Und er will sich darum kümmern, dass das den Leuten nicht wieder passiert.“ Er sei einer von ihnen, er werde sie nicht im Stich lassen, sagen auch die Lausitzer über Woidke. Auch wenn die in der Lausitz reichlich vorhandene Braunkohle besonders klimaschädlich verbrennt und die dortigen Kraftwerke deshalb besonders im Fokus der Klimaschutzpolitik stehen.

Woidke deshalb als klimaschutzfeindlich zu bezeichnen, wäre falsch. Er sei viel zu gut informiert, heißt es. Über die Energiepolitik in Brandenburg sowieso, aber auch über die großen Zusammenhänge mit dem Klimawandel. Er trifft sich beispielsweise zum Austausch mit Ottmar Edenhofer, Professor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Dass er den Kohleausstieg dennoch so verzögert, entspringt wohl schlicht seiner Ratlosigkeit darüber, was dann auf die Region zukommt“, sagt die Grünen-Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky.

Politik ohne Schnellschüsse

Brandenburgs Ministerpräsident gilt als einer, der mit dem großen Politikbetrieb in Berlin fremdelt, obwohl er im SPD-Bundesparteivorstand sitzt. „In Sitzungen schickt er meistens nur seine Leute“, so ein SPD-Bundespolitiker. Man sehe sich nicht oft persönlich. Woidke hat sich stattdessen mit den christdemokratischen Ministerpräsidenten der angrenzenden Bundesländer verbündet, die vor ähnlichen Strukturwandel-Herausforderungen stehen. Vergangenes Jahr reichten sie ihre Forderung nach Berlin: Die Lausitz müsse mit 1,2 Milliarden Euro jährlich unterstützt werden, wenn der Kohleausstieg komme. Wie hoch die Unterstützung letztendlich ausfällt, wird auch die neue Kohle-Kommission festlegen müssen. Es gilt als sicher, dass Woidke in der Kommission sitzen wird.

Der promovierte Agrarwissenschaftler, der auf einem Bauernhof großgeworden ist, war beim SPD-Eintritt 32 Jahre alt. Stationen: Fraktionschef der Brandenburger SPD, von 2004 bis 2009 Agrarminister, später Innenminister. Als er 2013 das Amt des Ministerpräsidenten von Matthias Platzeck (SPD) übernahm, kannten ihn viele Brandenburger außerhalb der Lausitz nicht. Das soll besser geworden sein. Der 196 Zentimeter große Woidke wird dafür geschätzt, dass er sachlich ist und nicht zu Schnellschüssen neigt. Oft soll er einen guten Spruch parat haben, auch wenn er als etwas distanziert gilt. Distanzierter jedenfalls als sein Amtsvorgänger Platzeck, der fast jedem das Gefühl gegeben hat, ein guter Bekannter zu sein. 

Der AfD nicht das Feld überlassen

In Brandenburg sind im Herbst 2019 Landtagswahlen, der heute 57-Jährige Woidke hat gerade erst angekündigt, wieder anzutreten. „Die AfD hat in Brandenburg das Thema Kohleausstieg schon für sich entdeckt“, so Heide Schinowsky. Denen dürfe man nicht das Feld überlassen. Es wird damit auch in Woidkes politischem Interesse liegen, den Brandenburgern in den kommenden Monaten Antworten auf Strukturwandel und Kohleausstieg zu liefern. Das ist eine seiner Hauptaufgaben bis zum Jahresende. 

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