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Umfrage zur neuen SPD-Spitze: Junge Wähler finden Führungsduo gut
Von vielen Seiten hagelt es Kritik an Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Die jungen Wähler sehen das aber ganz anders. Mehr im Newsblog.
Stand:
Knapp zwei Drittel der SPD-Anhänger bewerten das neue Duo an der Parteispitze als positiv. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den „Spiegel“. Vor allem bei jungen Wählern kommen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gut an – und das sogar über Parteigrenzen hinweg. Ältere Befragte zeigten sich dagegen kritisch.
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AKK will, dass sich die SPD entscheidet
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die SPD aufgefordert, sich zu entscheiden, ob sie weiter Teil der Bundesregierung sein will. "Die CDU ist vertragstreu, sie will diese Koalition fortsetzen auf der Grundlage dieses Koalitionsvertrages", sagte die CDU-Chefin am Montagabend in der ARD. "Wir haben ganz deutlich gesagt, es wird keine Neuverhandlungen des Koalitionsvertrages geben", fügte die Verteidigungsministerin hinzu, die sich in Afghanistan aufhielt. (Reuters)Söder erteilt Mindestlohn-Forderungen klare Absage
CSU-Chef Markus Söder hat SPD-Forderungen nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro und einer Abschaffung der Schuldenbremse in Deutschland eine klare Absage erteilt. „Wir werden konstruktiv sein in jeder Beziehung, aber wir werden nicht alles mitmachen“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montagabend in München mit Blick auf die anstehenden Gespräche der Union mit der designierten neuen SPD-Spitze. Er bezweifle etwa, dass die von SPD-Seite laut werdende Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde, die richtige Antwort auf die konjunkturelle Delle in Deutschland sei, die auch für mehr Arbeitsplätze sorge. (dpa)Laschet offen für Gespräche über neue Projekte mit SPD
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet hat sich offen gezeigt für Gespräche mit der SPD über neue Projekte in der großen Koalition in Berlin. „Reden kann man über alles“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Montagabend bei einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland und des „Kölner Stadt-Anzeigers“. Die große Koalition habe zu Beginn der Legislaturperiode eine Halbzeitbilanz verabredet. „Jetzt ist Halbzeit“, betonte Laschet. Man müsse schauen, „was ist vielleicht an aktuellen Fragen neu aufgetaucht ist, an die man damals nicht gedacht hat“. Allerdings halte er eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrages für ausgeschlossen. (dpa)Geywitz will für Partei-Vizeposten kandidieren
Nach ihrer Niederlage beim Mitgliederentscheid über den SPD-Vorsitz hat Klara Geywitz ihre Kandidatur als stellvertretende Parteivorsitzende angekündigt. „Ich werde beim Parteitag als Vizevorsitzende der SPD kandidieren“, sagte Geywitz der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag). „Damit möchte ich meinen Beitrag leisten, um die Partei wieder zu einen“, so die 43 Jahre alte Potsdamerin. „Ich möchte mich als Vizevorsitzende insbesondere für die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Belange der Ostdeutschen einsetzen“, so Geywitz.Unterstützung bekommt sie dabei von Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Landeschefin Manuela Schwesig. Der Osten müsse in der neuen Parteispitze stark vertreten sein, sagte die Ministerpräsidentin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Deshalb werden die ostdeutschen Landesverbände in Absprache mit den designierten Parteivorsitzenden Klara Geywitz als stellvertretende Vorsitzende vorschlagen.“ (dpa)
Merz für Minderheitsregierung bei Bruch der großen Koalition
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat im Fall eines Koalitionsbruchs für eine Minderheitsregierung plädiert. „Der Bundeshaushalt ist beschlossen, eine Minderheitsregierung könnte im Jahr 2020 regieren“, sagte Merz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Ich war bereits 2017 der Meinung, dass man dieses Modell zumindest ausprobieren kann.“ In Berlin gilt es allerdings als extrem unwahrscheinlich, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine längere Zeit eine Minderheitsregierung führen würde - außer für einige Monate bis zu einer vorgezogenen Neuwahl.Merz räumte ein, zwar würden Minderheitsregierungen auch Risiken bergen. So müssten Bundeswehrmandate ohne sichere Mehrheiten im Parlament verlängert werden. Ähnliches gelte für Entscheidungen rund um die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020. Der vor einem Jahr im Kampf um den CDU-Vorsitz knapp gegen die heutige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gescheiterte Merz zeigte sich dennoch überzeugt, dass eine Minderheitsregierung gelingen könne. „Der experimentelle Charakter und die veränderte Rolle des Parlaments haben Charme“, sagte er.
Zugleich machte Merz deutlich, dass er eine Unternehmensteuerreform zusammen mit einer SPD unter Führung von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans für äußerst unwahrscheinlich hält. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nehme seit längerem große Rücksicht auf die Wünsche in der Partei. „Das wird nach der Entscheidung der SPD mit einem Vorsitzenden Walter-Borjans jetzt noch schwieriger, innerhalb der SPD, aber damit auch in der Regierung“, sagte er.
Nach Merz' Ansicht wird der Führungswechsel an der SPD-Spitze lähmende Wirkung auf die große Koalition haben. „Die SPD wird, wenn sie denn überhaupt bleibt, bis zum Ende der Wahlperiode mit der Arbeit dieser Regierung immer weiter hadern.“ (dpa)
SPD-Fraktionsvize Post: Koalition hat noch viel vor
(dpa)
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hält nichts von Nachverhandeln des Koalitionsvertrags
Weil warnte die designierten Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans davor, einseitig auf soziale Themen zu setzen. „Die SPD hat keinen Nachholbedarf in sozialpolitischer Hinsicht. Wir müssen uns aber deutlich stärker mit dem Thema Arbeit beschäftigen, der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.“
Eine Aufkündigung der Koalition mit der Union hält Weil für keine gute Idee. In der Bevölkerung stoße dies nach allen Umfragen auf wenig Verständnis. „Ob das für das Land und für die SPD gut wäre, wage ich zu bezweifeln“, sagte Weil dem „Handelsblatt.“
(dpa)
Was wollen Saskia Eskens und Norbert Walter-Borjans umsetzen?
Was wollen Esken und Walter-Borjans?
Die beiden designierten Parteichefs plädieren dafür, den Fortbestand des Regierungsbündnisses von der Erfüllung bestimmter Forderungen abhängig zu machen, wogegen sich der Koalitionspartner Union allerdings wehrt.
Muss der Koalitionsvertrag geändert werden, um die Forderungen der SPD zu erfüllen?
Nein. Neue Projekte können auch ohne eine Revision des Vertrages angegangen werden. Dafür haben Union und SPD in ihrem Abkommen vorgebaut. In der vielzitierten Revisionsklausel heißt es: "Zur Mitte der Legislaturperiode wird eine Bestandsaufnahme des Koalitionsvertrages erfolgen, inwieweit dessen Bestimmungen umgesetzt wurden oder aufgrund aktueller Entwicklungen neue Vorhaben vereinbart werden müssen."
Welche großen Neuerungen gab es in der Vergangenheit während einer laufenden Legislaturperiode?
Große Ereignisse ziehen immer wieder weitreichende Reformen nach sich, die zuvor in keinem Koalitionsvertrag erfasst waren: Nach dem Attentat vom 11. September 2001 hat die damalige rot-grüne Koalition umfangreiche Sicherheitspakete geschnürt, nach der Bankenkrise 2008 spannte die Politik ihre Rettungsschirme auf. Der Reaktorunfall von Fukushima 2011 führte zum deutschen Atomausstieg, die Flüchtlingskrise von 2015 bewirkte zahllose Änderungen im Asyl- und Ausländerrecht.
Hat die aktuelle Koalition bereits neue Vorhaben jenseits des Koalitionsvertrags umgesetzt?
Ja. In der laufenden Legislaturperiode waren es der trockene Sommer von 2018 und die Schülerproteste, die die Koalitionäre zum Handeln beim Klimaschutz zwangen: Von dem kürzlich im Bundestag beschlossenen Klimapaket findet sich im Koalitionsvertrag von März 2018 kaum etwas.
Das designierte SPD-Spitzenduo rechtfertigt seine Forderung nach Nachverhandlungen damit, dass neue Herausforderungen neue Antworten verlangten - so wie es im Koalitionsvertrag steht. Es gebe nun "eine andere Situation", betont Saskia Esken mit Blick auf die gewachsene Bereitschaft der Menschen, sich auf den Klimawandel einzustellen - und mit Blick auf die schwächelnde Konjunktur.
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Regierungssprecher Seibert: Einigkeit in der Koalition ist Bedingung für neue Vorhaben
"Wenn Einigkeit innerhalb der Koalition über etwas hergestellt werden kann, dann können auch neue Vorhaben in Angriff genommen werden", sagte der Regierungssprecher. "Aber das ist natürlich die Bedingung." Er verwies auf das Beispiel Grundrente, die nach langen Verhandlungen von Union und SPD gemeinsam auf den Weg gebracht worden sei.
Vier Szenarien wie es jetzt mit der GroKo weitergehen könnte
Die SPD will Nachbesserungen am Koalitionsvertrag, die CDU nur einige Punkte zur Debatte zulassen. Wie es jetzt laut Informationen aus CDU-Kreisen mit der GroKo weitergehen könnte.
Option 1: Esken und Walter-Borjans bleiben in der Koalition
Als wahrscheinlichste Variante gilt in der Union, dass das neue Spitzenduo trotz der Kritik in der Koalition bleiben wird. Die Gründe: schlechte Umfragewerte der SPD, die Gefahr eines Einbruchs bei Neuwahlen, der Druck der SPD-Ministerpräsidenten und der Beharrungswunsch der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Regierungsmitglieder. Der in der Vorsitzenden-Wahl unterlegene Finanzminister Olaf Scholz will jedenfalls erst einmal im Amt bleiben.
Um dieses Ziel zu erreichen, wären wiederum zwei Varianten denkbar, wird in der CDU betont: Zum einen könnte die SPD zwar Forderungen für die eigene Profilierung bei einer Bundestagswahl 2021 definieren - aber gleichzeitig ein Bekenntnis zum jetzigen Koalitionsvertrag abgeben. Denn dieser enthält selbst nach Meinung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich noch etliche für die Sozialdemokraten wichtige Punkte. Auch die SPD-Ministerpräsidenten dringen auf die Umsetzung der Beschlüsse zur Grundrente, zum Klimaschutzpaket und Kohleausstieg.
Zweite Variante wäre, dass sich ein Koalitionsausschuss auf einen "Koalitionsvertrag plus" einigt. Dabei würde die Union den Sozialdemokraten einige neue Punkte einräumen, wenn sie ihrerseits zusätzliche Reformen durchsetzen könnte. Dazu würde eine Unternehmenssteuerreform gehören. Diesen Weg eines "Koalitionsvertrages plus" deutete CDU-Vize Julia Klöckner an.
Option 2: Minderheitsregierung
In der Union wird betont, bestimmte Forderungen wie ein erheblich höherer Mindestlohn, würden auf keinen Fall mittragen. Beharre die SPD darauf, müsste sie aus der Regierung ausscheiden. Theoretisch wäre ein Rückzug der SPD-Minister vorstellbar. Dann könnten CDU und CSU eine Minderheitsregierung bilden. Über Sinn und Unsinn einer solchen Lösung gibt es aber in der Unionsspitze unterschiedliche Meinungen. Eine große Hürde für diesen Weg wäre Kanzlerin Angela Merkel: Sie müsste bei dieser Lösung im Amt bleiben, weil es im Bundestag keine Mehrheit für einen anderen Unionskanzler geben dürfte. Merkel sieht eine Minderheitsregierung aber mit Blick auf die am 1. Juli 2020 beginnende deutsche EU-Ratspräsidentschaft sehr kritisch. Die Befürworter verweisen dagegen darauf, dass der Bundeshaushalt für 2020 verabschiedet worden sei, eine Minderheitsregierung also ohne Probleme bis Frühjahr 2021 regieren könne.
Option 3: Erneute Jamaika-Verhandlungen
Denkbar wäre bei einem Bruch, dass es zu erneuten Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition kommen könnte. In der Union gilt dies aber überwiegend als unrealistisch. Denn obwohl den Liberalen heute größere Offenheit unterstellt wird, gilt diese Option aus zwei Gründen als unwahrscheinlich. Zum einen dürften die Grünen wegen ihres Umfragehochs mehr Interesse an Neuwahlen haben. Zum anderen ist die Hälfte der Legislaturperiode bereits um: Bis eine neue Regierung steht und sich neue Minister von Grünen und FDP eingearbeitet hätten, würde schon wieder der Wahlkampf beginnen.
Option 4: Neuwahlen
"In so einer Phase, die die Volkswirtschaft unmittelbar betrifft, Neuwahlen zu machen, ist unverantwortlich", warnte CDU-Vize Laschet. Denn Neuwahlen würden die Umsetzung aller Gesetzvorhaben von der Grundrente, dem Kohleausstieg bis zum Klimaschutz gefährden. Dennoch gilt dies in der Union als wahrscheinlichster Weg, sollte es zum Bruch mit der SPD kommen. Politiker wie Röttgen dringen dabei auf eine schnelle Klärung über den SPD-Kurs. Als Grund gilt in der CDU-Spitze auch hier die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Bis zum 1. Juli 2020 müsse unbedingt eine handlungsfähige Bundesregierung stehen.
(Reuters)
Linnemann (CDU): Wir dürfen der SPD nicht entgegenkommen
Der Vorstand der Wirtschafts- und Mittelstandsunion, Carsten Linnemann, sagte der „Bild-Zeitung“ gegenüber: „Bei der Schwarzen Null bleiben wir beinhart.“ Andere Punkte im Koalitionsvertrag könnten diskutiert werden. Aber: „Man kann nicht erwarten, dass der Koalitionsvertrag neu verhandelt wird. Den gibt es und dabei bleiben wir“, sagte der CDU-Politiker.
Die Entscheidung über den ausgeglichenen Bundeshaushalt sei eine Zukunftsfrage für seine Partei, so Linnemann zu „Bild“: „Wenn wir der SPD bei der Schwarzen Null entgegenkommen, dann war das der Anfang vom Ende eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Bürgern und der Union.“
Er erwarte, dass sich SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz weiterhin an die Vereinbarungen zur Schwarzen Null halte. Die Kombination, Regierung und Opposition zugleich zu sein, sieht Linnemann als das größte Risiko beim Duo Esken und Walter-Borjans: „Das wird volle Pulle daneben gehen.“
Baerbock fordert rasche Klarheit über Zukunft der Koalition
Auch bei inhaltlichen Forderungen an mögliche neue Vorhaben der schwarz-roten Koalition blieb Baerbock zurückhaltend. „Da können jetzt schlecht die Grünen von der Seitenlinie irgendwelche klugen Ratschläge geben“, sagte sie. Spekulationen über Minderheitsregierungen, einen Neuanlauf für Schwarz-Gelb-Grün, eine Neuwahl oder Chancen auf ein Linksbündnis lehnte Baerbock ab. „Ich glaube, dieses ganze Spekulieren, was wäre wenn, wie, sollte - das bringt uns kein Stück weiter“, sagte sie. (dpa)
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