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Mal so, mal so: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Peter Tschentscher (links, dem Hamburger Bürgermeister, und Tobias Hans, Ministerpräsident im Saarland.

© Wolfgang Kumm/dpa

Bund und Länder: Mal wird so paktiert, mal so

Verwirrend: Digitalpakt, Gute-Kita-Gesetz oder der Pakt für den Rechtsstaat sind Finanzhilfen des Bundes. Aber umgesetzt werden sie ganz unterschiedlich.

Es ist die Zeit der Pakte. Am Mittwochabend hat der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschlossen, über die von der Bundesseite gewünschten Verfassungsänderungen aus Anlass des Digitalpakts in einer Arbeitsgruppe zu diskutieren. Sie werden von den Ländern mehr oder weniger heftig abgelehnt. Hermann Gröhe, der Vorsitzende des „VA“ – so die gängige Abkürzung für das Gremium im Berliner Politiksprech –, betonte nach der Auftaktsitzung, man werde „gründlich und zügig“ beraten.

Der Digitalpakt für die Schulen, in dem der Bund den Ländern und Kommunen fünf Milliarden Euro bereitstellt, hat also noch zu warten. Es sei denn, man tut, was einige Ministerpräsidenten fordern, voran der baden-württembergische Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne): Abtrennung des Digitalpakts von den geplanten Verfassungsänderungen und eine Umsetzung über die Umsatzsteuerverteilung. Das wiederum wollen der Bund und einige Länder nicht. Sie wollen generell mehr Bund-Länder-Programme in der Bildungspolitik, was mit den umstrittenen Verfassungsänderungen ermöglicht werden soll. Die Allianz ist breit, zu ihr gehören die Fraktionen der SPD, der Linken und der Grünen im Bundestag. Auch die FDP hat sich hier eingereiht, weil Partei- und Fraktionschef Christian Lindner es zu seinem Anliegen gemacht hat, den Bildungsföderalismus insgesamt zu modernisieren, indem er stärker zentralisiert wird. Die Länder wehren sich nicht zuletzt dagegen.

Ähnliche Zielsetzungen

Dass man die Finanzhilfe auch anders regeln kann als beim Digitalpakt, bei dem es angeblich ohne Grundgesetzänderung nicht funktioniert, zeigt sich beim zweiten aktuellen Bund-Länder-Vorhaben – dem Pakt für den Rechtsstaat. Über den haben am Donnerstag die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten beraten. Das Ziel ist, die Justiz aufzumöbeln. Wie die CDU-Rechtspolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker sagt, hat man dabei mehrere Ziele im Auge: mehr Stellen für Richter, Staatsanwälte und den „Unterbau“, für Digitalisierung, Fortbildung und Qualifizierung – und straffere, also kürzere Verfahren, auch besseren Opferschutz. Die Zielsetzung klingt also fast identisch wie die beim Digitalpakt. Man könnte die Vorhaben analog zum Gute-Kita-Gesetz auch umtaufen: Bessere-Digitalbildungs-Gesetz, Justiz-Beschleunigungs-Gesetz.

Obwohl Justiz weitgehend Ländersache ist, abgesehen von den Bundesgerichten oder der Bundeanwaltschaft, will der Bund tief in seine Tasche greifen, wenn auch nicht ganz so tief wie bei Schulen und Kitas. Etwa 2000 Stellen sollen zusätzlich geschaffen werden. Die Bundesmittel – es werden 220 Millionen Euro sein – sollen in zwei Tranchen fließen, wenn Bedarf und Verwendung nachgewiesen worden sind. Umgesetzt wird dieser Geldfluss über so genannte Festbeträge bei der Umsatzsteuer. Genau auf dem Weg also, auf dem auch die Mittel beim Digitalpakt fließen sollten, ginge es nach Kretschmann & Co. Oder eben beim Gute-Kita-Gesetz, bei dem das Geld, unter anderem zur Sicherstellung von Beitragsfreiheit für alle Eltern, ebenfalls per Steuerverteilung verschoben wird.

Große Unterschiede

Hier kommt noch dazu, dass wegen der großen Unterschiede im Kita-Wesen zwischen den Ländern (und erst recht zwischen den Kommunen, die natürlich die Träger sind), Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mit jedem einzelnen Bundesland separate Verhandlungen führt, wie man das Bundesgeld landesspezifisch einsetzt. Beim Digitalpakt wiederum ist das nicht vorgesehen, obwohl die Situation ähnlich ist: Schulträger sind die Kommunen, und der Stand der Digitalisierung ist ganz unterschiedlich.

Erklärt wird das Wirrwarr damit, dass beim Digitalpakt anders gehandelt werden müsse als bei Kitas und Justiz, weil der Bund für Schulen gar nicht zuständig sei, aber eine gewisse Gesetzgebungskompetenz bei Kinderbetreuung (über die öffentliche Fürsorge) und auch bei Justizdingen habe. Tatsächlich ist es aber wohl eher so, dass die Bundesseite den Digitalpakt zum Anlass nimmt, Verfassungsänderungen gegen den Willen der Länder (oder jedenfalls der stärkeren Länder) durchzudrücken, mit denen mehr Bundessteuerung in der Bildungspolitik möglich wird. In der Annahme, dass eine Finanzhilfe von fünf Milliarden Euro nicht angelehnt wird. Allerdings haben die Länder im vorigen Jahr 15 Milliarden Euro Überschuss gemacht - also in einem Jahr das Dreifache der Bundeshilfe, die wiederum über fünf Jahre fließen soll.

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