zum Hauptinhalt
Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

© Carsten Koall/dpa

SPD: Manuela Schwesig will eine härtere Flüchtlingspolitik

Parteivize Manuela Schwesig wirbt für eine ehrliche, schonungslose Debatte in der Migrationspolitik. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius springt ihr bei.

Von Hans Monath

Wichtige sozialdemokratische Politiker bemühen sich, ihre Partei zu einem härteren Kurs in der Flüchtlings- und Integrationspolitik zu bewegen. Die stellvertretende SPD-Chefin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, erklärte, die SPD habe zu wenig über Fehlentwicklungen bei der Integration gesprochen und es so Rechtsradikalen und Rechtsextremisten zu leicht gemacht. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius warben dafür, Probleme der Integration offen anzusprechen.

Schwesig forderte in der „Welt am Sonntag“ (WamS) und in der Talkshow „Anne Will“ eine ehrliche, schonungslose Debatte ihrer Partei über Probleme bei der Flüchtlingsintegration. In der Vergangenheit hatten SPD-Spitzenpolitiker oft die mit dem Zuzug von Flüchtlingen verbundenen Chancen für Deutschland betont und vor pauschalen Urteilen über die Neuankömmlinge gewarnt,

„Wir alle, auch die SPD, müssen uns eingestehen, dass wir die Debatte über die faktischen Grenzen der Integration stärker und ehrlicher mit den Leuten führen müssen“, erklärte die SPD-Politikerin in der WamS. Bei „Anne Will“, sagte sie, zur Integration gehöre auch, „dass die, die kein Bleiberecht haben, abgeschoben werden. Dazu gehört auch, dass die, die hier sind, sich an Regeln halten müssen“, fügte sie hinzu.

Schwesig kritisierte auch nicht die Ankündigung des designierten Innenministers Horst Seehofer (CSU), der einen „Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen“ verfolgen will. Allerdings nannte sie Seehofers Äußerungen „sehr einseitig“. Der CSU-Politiker verkenne, dass es mehr Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen mit Bleiberecht brauche. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Integration gelinge – „und nicht zu Lasten derjenigen, denen es jetzt auch schon schlecht geht“, warnte sie.

Auch Pistorius warnt vor Tabuisierung

Auch Pistorius warnte vor der Tabuisierung von Problemen bei der Integration von Ausländern. Es müsse wieder viel deutlicher werden, dass die innere Sicherheit im weiteren Sinne und die Integration „beides klassische sozialdemokratische Themen“ seien, sagte der niedersächsische Innenminister der WamS. Für die Erneuerung des SPD sei es „elementar“, die Probleme von Menschen „klar, verständlich und offen zu benennen“.

Indirekt kritisierte Schwesig ihre Parteifreundin, die scheidende Familien- und designierte Justizministerin Katarina Barley. Barley hatte wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Entscheidung der Essener Tafel kritisiert, vorläufig keine Flüchtlinge mehr zuzulassen. Der Umgang mit der Tafel zeige, wie fern die Berliner Politik von den konkreten Problemen vor Ort sein könne, sagte Schwesig. Man dürfe nicht mit dem „moralischen Zeigefinger“ auf Menschen deuten, sie sich schon lange für sozial Schwache engagierten.

Auch die designierte Bundesfamilienministerin und Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ist als Politikerin mit deutlichen Ansagen zu Integrationsproblemen bekannt. Ministerpräsident Woidke, der gemeinsam mit Schwesig auf ihre Berufung gedrungen hatte, sagte im Inforadio: „Sie ist fest davon überzeugt, genau wie ich, dass es Regeln geben muss und dass Regeln für alle gelten.“ Wenn Migranten nach eigenen Regeln lebten, werde dies „auf Dauer nicht funktionieren“, warnte er.

Weder der linke Parteiflügel noch die Jusos widersprachen Schwesig am Montag. Kritik kam von der schleswig-holsteinsches Landtagsabgeordneten Serpil Midyatli, die dem SPD-Bundesvorstand angehört. „Der Vorstoß von Manuela Schwesig trägt nicht dazu bei, die Haltung der SPD klarer zu machen“, sagte die Integrationsexpertin dem Tagesspiegel. Meist liege es nicht an den Migranten, dass Integration nicht gelinge: „Wo der Staat es nicht zulässt, dass Menschen sich in die Mehrheitsgesellschaft integrieren, suchen sich Migranten andere Wege.“

Bundestagsfraktionsvize Eva Högl wandte sich gegen Schwesigs Behauptung, die Berliner Politik sei fern von den Problemen vor Ort. „Interessante Aussage, wenn man selbst das ,politische Berlin’ war und ist“, schrieb die Berliner Abgeordnete auf Twitter.

Zur Startseite