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Eine junge Frau wirft ihren Stimmzettel während der Präsidentschaftswahl 2018 in Bamako in die Wahlurne. Schon zwei Jahre später stürzte ein Putsch die Regierung.

© Issouf Sanogo/AFP

Nach der Entscheidung zum Mali-Einsatz: "Menschen in Mali wollen Sicherheit und ein besseres Leben"

Mali-Kenner Olaf Bernau empfiehlt Deutschland eine andere Kommunikation des Einsatzes und Engagement für die Interessen der Malier:innen.

„Ein kapitaler, womöglich nicht wieder gut zu machender Fehler“, so beurteilt Olaf Bernau, einer der wohl besten Mali-Kenner in Deutschland, die Entscheidung der Bundesregierung von Freitag, ihr Engagement in der UN-Mission für Mali „Minusma“ zu unterbrechen. Nach wiederholten Überflugverboten, zuletzt eines am Freitag, das erneut den Austausch deutscher Soldatinnen und Soldaten unmöglich machte, entschied die Verteidigungsministerin, vorerst die militärische Aufklärung einzustellen. Die freiwerdende Manpower soll genutzt werden, um den Flughafen Gao zu bewachen, von dem sich Frankreich zurückzieht.

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Bernau, der seit mehr als einem Jahrzehnt Mali bereist und gute Kontakte in die malische Gesellschaft hat, teilt die Skepsis gegen den Einsatz nicht. Minusma sei es zum Beispiel gelungen, die Zivilbevölkerung vor Terrorakten zu schützen und lokale Friedensabkommen in dem destabilisierten Land zu fördern.

"Mit der Junta zusammenarbeiten"

Dass die Mission dennoch von immer größeren Teilen der malischen Bevölkerung kritisch gesehen werde, liege daran, dass sie „bis heute als Zwilling der gescheiterten französischen Antiterrormission Barkane betrachtet“ werde. Vor diesem Hintergrund sei es fatal, wenn in Deutschland Minusma vor allem etwas verteidigt werde, was im europäischen Interesse sei. Das vergrößere nur die Skepsis in Mali gegenüber Minusma - „als Ausdruck westlicher Interessenpolitik im Sahel“.
Nach Meinung des Kenners, dessen Buch „Brennpunkt Westafrika“ über Fluchtursachen und die Handlungsoptionen Europas im März erschienen ist, wäre Deutschland gut beraten, sich stärker mit den Interessen der Malier:innen auseinanderzusetzen. Sie wollten vor allem Sicherheit und eine echte Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse – vor allem die Landbevölkerung sei bitterarm. Hierbei sollte die Militärjunta nicht nur als Gegnerin wahrgenommen werden, denn das malische Militär habe unter den Bürger:innen nach wie vor Kredit. Ihm trauten sie zu, für ihre Sicherheit sorgen zu können.
Deutschland solle sich daher „um beides bemühen – um die Fortsetzung von Minusma, aber auch um eine enge Kooperation mit der malischen Übergangsregierung“. Es könne nicht funktionieren, „die Regierung ständig zu geißeln und gleichzeitig besorgt zu sein, dass der russische Einfluss in Mali wächst“.

Vier von fünf Malier:innen fürchten die Unsicherheit im Land

Von einem nicht geringen Rückhalt für die Militärjunta zeugt etwa die letzte Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung im Land. Im „Mali-mètre“, mit dem die SPD-nahe deutsche Stiftung seit zehn Jahren die Stimmung im Land misst, nannten in diesem Frühjahr dreiviertel der Befragten (76 Prozent) den Mangel an Sicherheit als größtes Problem ihres Landes, fast die Hälfte (48 Prozent) war besorgt über die Nahrungsmittelversorgung, etwa genauso viele über Jugendarbeitslosigkeit und Armut. Aber vier von fünf Befragten (84 Prozent) sagten, die allgemeine Lage im Land habe sich in den vergangenen zwölf Monaten verbessert, also in der Zeit nach dem jüngsten Staatsstreich des Militärs von Mai 2021.
Er ereignete sich nur neun Monate nach einem anderen Putsch und war der dritte in nur zehn Jahren. Die regierende Junta hat fürs nächste Jahr Wahlen versprochen und zugesagt, die Macht dann abzugeben.

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