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Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Grünen)

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Möglicher Tankrabatt-Missbrauch durch Ölfirmen: Habeck will Kartellrecht verschärfen – Lindner signalisiert Unterstützung

Nach dem Tankrabatt plant der grüne Wirtschaftsminister eine tiefgreifende Reform im Kartellrecht. Damit setzt er die FDP unter Druck.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will nach Tagesspiegel-Informationen mit einer deutlichen Verschärfung des Kartellrechts auf die trotz des Tankrabatts hohen Spritpreise reagieren. Demnach soll der Staat die Gewinne von Mineralölkonzernen auch ohne einen Nachweis von Marktmissbrauch abschöpfen und die Konzerne notfalls zur Abgabe von Geschäftsfeldern wie Raffinerien oder Tankstellen zwingen können.

Eine Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll noch auf dieses Jahr vorgezogen werden. Das geht aus dem Konzept hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt und über das als erstes der "Spiegel" berichtet hatte. Damit setzt er auch die FDP unter Reformdruck für mehr Wettbewerb. Die FDP hatte Habeck vorgeworfen, als für das Kartellamt verantwortlicher Minister nicht genug durchzugreifen - der rund drei Milliarden Euro teure und nur bedingt funktionierende Steuerrabatt auf den Benzin- und Dieselpreis war aber auf Wunsch von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) durchgesetzt worden.

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Die Bundesregierung wirft den Ölkonzernen vor, den Steuerabschlag auf Benzin und Diesel aus dem Entlastungspaket der Bundesregierung nicht vollständig an die Verbraucher weiterzugeben.

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Lindner äußert Unterstützung für Habecks Vorschlag

Lindner signalisiert Unterstützung für die vorgelegten Vorschläge zur Verschärfung des Kartellrechts. "Die Richtung stimmt", sagte Bundesfinanzminster Lindner am Sonntagabend im ZDF. Das Kartellamt müsse in der Lage sein, Märkte auch zu kontrollieren.

Der Finanzminister sagte, er hoffe mit dem geplanten Vorgehen über das Kartellrecht seien Ideen einer sogenannten Übergewinnsteuer vom Tisch. Diese hatten Grüne und auch gewichtige Teile der SPD gefordert für Unternehmen, die übermäßig stark vom Krieg in der Ukraine profitieren. Lindner lehnt eine solche Sondersteuer wie jede Form von Steuererhöhungen ab.

Die FDP fürchtet, dass als Kollateralschaden hochinnovative Konzerne, wie Biontech, die durch die Impfstoffentwicklung hohe Gewinne machen, diese aber etwa in die Krebsforschung investieren, aus dem Land getrieben werden könnten. Mit der geplanten Änderung würden solche Gewinnabschöpfungen aber begrenzt, auf bestimmte Sektoren, in denen sich wie im aktuellen Fall Hinweis auf über Gebühr hohe Preise ergeben.

Was das Kartellrecht bisher verhindert

„Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind“, heißt es in dem Papier. "Der Tankrabatt wird offenbar nicht voll weitergegeben." Das Kartellrecht, so wie es aktuell in Deutschland gelte, erlaube bisher ein Einschreiten aber nur dann, wenn Missbrauch nachgewiesen werden könne.

"Die Hürden dafür sind sehr hoch. Das Gleiche gilt für die Gewinnabschöpfung. Auch hier sind die Hürden im aktuellen Recht so hoch, dass das Instrument noch nie genutzt wurde. Daher müssen die Handlungsmöglichkeiten des Kartellamts erweitert werden und auch die Möglichkeiten für die kartellrechtliche Gewinnabschöpfung gesenkt werden. Wer auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher von wettbewerbswidrigem Verhalten profitiert, muss diese Gewinne zurückgeben", wird betont.

Daher will man nun vor allem eine missbrauchsunabhängige Entflechtung ermöglichen, um Wettbewerb auf verfestigen Märkten zu schaffen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

„Parallelverhalten bei den Preisen im Markt“

Die Novelle soll dem Staat weitreichende Möglichkeiten geben, bis hin zu einer Zerschlagung von Monopolstrukturen - "ohne dass dabei ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nachgewiesen werden muss." Eine missbrauchsunabhängige Entflechtung helfe zwar kurzfristig nicht für den Tankrabatt, "verbessert aber für die Zukunft die Handlungsoptionen des Bundeskartellamts erheblich."

Bisher ist es sehr schwierig, konkrete Absprachen nachzuweisen. Dadurch dass nur wenige große Konzerne den Öl - und Benzinmarkt von der Förderung bis zur Raffinerie beherrschen, scheint es einen gewissen Automatismus zu geben, bei dem individuelle Absprachen auch gar nicht nötig sind.

Es gebe ein Parallelverhalten bei den Preisen im Markt. Das bedeute, die Unternehmen kennen die Preise ihrer Wettbewerber an den Tankstellen, weil der Markt sehr transparent sei. „Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen; ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist schwer nachweisbar“, heißt es.

Mineralöl- und Tankstellenmarkt entflechten

Mit der Änderung des Kartellrechts soll eine Möglichkeit geschaffen werden, um unter anderem den Mineralöl- und Tankstellenmarkt zu entflechten. In einem weiteren Schritt soll das Bundeskartellamt schneller die Gewinne abschöpfen können.

Der von der FDP durchgesetzte Tankrabatt war zum 1. Juni als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung in Kraft getreten. Es handelt sich um eine auf drei Monate befristete Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Bei Benzin sinken die Steuersätze um 29,55 Cent je Liter und bei Diesel um 14,04 Cent, hinzu kommt eine dann geringer ausfallende Mehrwertsteuer auf den Gesamtpreis.

Nach einem spürbaren Rückgang unmittelbar nach Inkrafttreten des Tankrabatts waren die Preise an den Tankstellen nach Angaben des ADAC zuletzt aber täglich wieder gestiegen. Vertreter von CDU und FDP hatten Habeck zuletzt aufgefordert, angesichts der weiterhin hohen Spritpreise gegen die Ölkonzerne vorzugehen. Der spielt nun mit seiner Vorlage den Ball zurück zur FDP in der Ampel-Koalition.

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