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Schwierige Mission. Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag bei seinem russischen Amtskollegen Sergei Lavrov.

© Reuters

Moskau: Wladimir Putin lädt überraschend Frank-Walter Steinmeier ein

Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist auf schwieriger Mission in der Ukraine und in Russland. In Moskau wurde er am Dienstagabend überraschend von Wladimir Putin eingeladen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ist überraschend mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Gespräch zusammengekommen. Der Termin fand am Dienstagabend im Kreml statt. Steinmeier, der sich seit dem Nachmittag zu einem Besuch in Moskau aufhält, folgte einer Einladung des Kremlchefs. Es ist äußerst selten, dass Putin einen Außenminister einläd. Bei dem Gespräch soll es um den Konflikt im Osten der Ukraine gehen. Putin hatte erst am Wochenende am Rande des G20-Gipfels in Australien mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Krise gesprochen.

Die ohnehin schwierige Vermittlungsmission von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Kiew und Moskau ist von neuem Streit zwischen der ukrainischen und russischen Regierung überschattet worden. Nachdem der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk Verhandlungen über eine Lösung des Konflikts mit Russland auf neutralem Gebiet gefordert hatte, lehnte der russische Außenminister Sergej Lawrow dies postwendend ab. Stattdessen sprach sich Lawrow für die Beibehaltung der Gespräche in Minsk aus.

Steinmeier hatte in Kiew neben Jazenjuk auch Staatspräsident Petro Poroschenko getroffen. Der hatte Russland zuletzt gedroht, die ukrainische Armee werde notfalls bis zum bitteren Ende kämpfen, um die Heimat zu verteidigen.

Steinmeier wollte die Ukraine davon zu überzeugen, für eine Lösung der Krise weiter auf Dialog zu setzen. Während der deutsche Gast die Bedeutung der in Minsk getroffenen Vereinbarungen über einen Waffenstillstand unterstrich, forderte Jazenjuk die Schaffung einer neuen Gesprächsrunde, dem „Genfer-Format“, an dem neben Russland, der EU und der Ukraine auch die USA teilnehmen sollen.

Der ukrainische Ministerpräsident hält das „Genfer-Format“ für das geeignete Mittel, um die ukrainisch-russische Krise zu beenden, weil der aktuelle Konflikt nicht nur die Ukraine bedrohe, sondern eine Gefährdung für die gesamte Weltordnung und die globale Sicherheit darstelle. „Die Ergebnisse der Gespräche von Minsk werden von Russland in keinem Punkt umgesetzt“, sagte Jazenjuk nach dem Gespräch mit Steinmeier. Der Nachbar verletze „fortlaufend die ukrainische Grenze, immer mehr Terroristen gelangen auf das Territorium der Ukraine“.

Frank-Walter Steinmeier will zwischen Kiew und Moskau vermitteln

Krisenmanager Steinmeier forderte die Konfliktparteien dazu auf, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen und plädierte dafür, das alte Format bestehen zu lassen. „Die Minsker Vereinbarungen waren zwar nicht perfekt, aber sie können eine Basis sein, auf die aufgebaut werden kann“, sagte Steinmeier. Der Außenminister warnte davor, den, wenn auch brüchigen Waffenstillstand in der Ostukraine aufs Spiel zu setzen. Es müsse alles getan werden, die Gewalt zu beenden. Allerdings gäben die Entwicklungen der letzten drei Wochen Anlass zur Sorge. Der Zustand, der vor der Waffenruhe Anfang September geherrscht habe, dürfe nicht wiederhergestellt werden.

Steinmeier versuchte seinen ukrainischen Gesprächspartnern eine Geber- Konferenz schmackhaft zu machen. Neben politischen, habe das Land auch „erhebliche wirtschaftliche Probleme“. Die EU sei bereit, mit der neuen Regierung Anfang 2015 eine solche Konferenz zu veranstalten, um „die Stimmung und die wirtschaftliche Lage im gesamten Land deutlich zu verbessern“. Man hoffe auf schnelle Koalitionsverhandlungen und die Bildung einer stabilen Regierung.

In der außenpolitischen Debatte in Deutschland mehren sich angesichts der verhärteten Fronten im Ukraine-Konflikt Stimmen, die für weitgehende Zugeständnisse an Moskau werben. Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) stellte sich nun frontal gegen die Position der Bundesregierung und forderte, die Annexion der Krim zu legalisieren.

„Die Annexion der Krim muss nachträglich völkerrechtlich geregelt werden, so dass sie für alle hinnehmbar ist“, sagte der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums der „Passauer Neuen Presse“. Als mögliche Wege nannte er „finanzielle Leistungen, eine Wiederholung des Referendums unter Kontrolle der OSZE und Weiteres“. Dies müssten Kiew und Moskau aushandeln. Auch die von prorussischen Separatisten kontrollierten Regionen in der Ostukraine würden wohl nicht wieder von der ukrainischen Hauptstadt Kiew aus regiert werden. „Es ist momentan kaum vorstellbar, dass Donezk und Luhansk nach allem, was passiert ist, einfach wieder in den ukrainischen Staatsverband zurückkehren“, sagte der Ex-SPD-Chef. „Der Klügere gibt auch mal nach“, fügte er hinzu.

Kritik an Matthias Platzeck

Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorf forderte die SPD auf, sich von Platzeck zu distanzieren. Dessen Forderung sei „ein Schlag ins Gesicht all der Menschen, die sich für die demokratische Entwicklung in der Ukraine einsetzen“. Zwar müsse der Dialog mit Putin fortgeführt werden, die militärische Aggression dürfe aber nicht anerkannt werden. Platzeck schade mit der Forderung Bemühungen um europäische Einigkeit und lege „die Axt an die Unverletzlichkeit der Grenzen“, die ein Grundprinzip der europäischen Friedensordnung sei.

Auch der Geschäftsträger der ukrainischen Botschaft in Berlin, Vasyl Khymynets, verurteilte die Äußerung. „Es macht uns Sorge, dass Herr Platzeck in Deutschland dafür wirbt, die Annexion der Krim anzuerkennen“, sagte Khymynets dem Tagesspiegel. „Er sollte lieber seinen Gesprächspartnern in Moskau deutlich machen, dass eine Verletzung des Völkerrechts nicht hingenommen werden kann.“ Die Annexion der Krim sei von der internationalen Gemeinschaft verurteilt worden, betonte der Geschäftsträger. „Alle, die versuchen, das Vorgehen Russlands in der Ukraine zu rechtfertigen, tragen aus unserer Sicht eine Mitschuld an diesem Vorgehen.“

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