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Der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Nach Forderung von Covid-Impfverbot: Kühnert kritisiert CDU-Spitze für laxen Umgang mit Hans-Georg Maaßen

Der SPD-Generalsekretär greift die CDU-Spitze an. Diese stelle sich nur ungenügend gegen die „Hetze“ des Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen.

Der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisiert den Umgang der Unionsspitze mit dem umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (CDU). Die Debatte über dessen „fortwährende politische Grenzüberschreitungen und Hetze“ sei mehr als eine interne Auseinandersetzung über das Meinungsspektrum einer konservativen Partei, sagte Kühnert dem „Spiegel“.

Demnach trage die CDU eine gesellschaftliche Verantwortung dafür, sich Menschenfeindlichkeit und Verschwörungsmythen unmissverständlich entgegenzustellen, sagte Kühnert dem „Spiegel“. „Dieser Verantwortung wird die CDU seit Monaten aus Bequemlichkeit und Überforderung nicht gerecht“. Aus den Beteuerungen von Armin Laschet und Friedrich Merz, man werde sich konsequent gegen Rechtsaußen abgrenzen, folge bislang nichts.

Dabei gehe es nicht nur um ein mögliches Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen, sondern um die Durchsetzung einer Überzeugung in den eigenen Reihen. „Stattdessen lässt man sächsische CDU- Kommunalpolitiker ungestraft die Klaviatur der selbst ernannten Querdenker spielen und die CDU Thüringen lädt Maaßen zu einem pädagogischen Kaffeekränzchen vor, das ihn wenig beeindrucken wird“, sagte Kühnert dem Magazin.

Maaßen hatte am Silvestertag ein Video des Autors Bhakdi verbreitet, in dem dieser einen Stopp der Corona-Impfungen fordert. Dieses bezeichnete Maaßen als bewegenden Appell. Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mikrobiologen Bhakdi wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung.

Auch in der CDU nimmt die Kritik zu. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte Maaßen zum Parteiaustritt. „Die Ausreißer von Hans-Georg Maaßen reihen sich mittlerweile wie die Perlen an einer Kette. Jetzt hat er aber endgültig das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte Hans dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Donnerstag. „Ein Impfverbot zu fordern und sich dabei auf jemanden wie Sucharit Bhakdi zu berufen - wer das tut, gehört definitiv nicht in die CDU“, meinte Hans.

Hans sagte, Maaßen solle „endlich einsehen“, dass er nicht mehr in die CDU passe, „und von sich aus rasch die Konsequenzen ziehen und aus der CDU austreten - tut er das nicht, sollte man ein Parteiausschlussverfahren in Erwägung ziehen“.

Hans-Georg Maaßen, früherer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, bei einer Veranstaltung im Herbst.
Hans-Georg Maaßen, früherer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, bei einer Veranstaltung im Herbst.

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Maaßen hatte angekündigt, sich mit aller Kraft gegen jeden Versuch eines Parteiausschlusses aus der CDU zu wehren. Die Drohung mit einem solchen Ausschlussverfahren sei „ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und die innerparteiliche Demokratie“, schrieb Maaßen in einem an „Freunde, Parteifreunde und Unterstützer" adressierten Brief, der AFP vorliegt.

Anderen Parteimitgliedern werde „durch ein solches Verfahren bedeutet, dass sie mit ähnlichen Sanktionen zu rechnen haben, wenn sie nicht einer bestimmten Parteilinie folgen“, schrieb Maaßen in dem auf Dienstag datierten Brief weiter. „Aus diesem Grund ist einem solchen Parteiausschlussverfahren mit aller Vehemenz entgegenzutreten.“

Maaßen zog in diesem Zusammenhang eine Linie zwischen den Zuständen in der CDU und dem Unrecht in der DDR: „Gerade im Osten Deutschlands wissen die Menschen noch zu genau, was es heißt, für die Meinungsfreiheit zu kämpfen, gegen Repression und dagegen, dass Leute, die gegen die Parteilinie sind, mundtot gemacht werden.“

Thüringer CDU distanziert sich von Maaßens Aussagen

Auch die Thüringer CDU hat Äußerungen ihres früheren Südthüringer Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen deutlich kritisiert. „Wir distanzieren uns scharf von den Inhalten, die Hans-Georg Maaßen in den sozialen Medien geteilt hat. Sie widersprechen vollkommen der Position unseres Landesverbands“, erklärte der Landesvorsitzende Christian Hirte am Mittwoch in Erfurt.

Es sei nicht das erste Mal, dass der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes mit persönlichen Meinungen die politische Arbeit der CDU in Thüringen überschatte. „Wir wollen nicht, dass das so weitergeht.“ Er werde Maaßen zu einem gemeinsamen Gespräch bitten, kündigte Hirte an. Auch die Kreisverbände in Südthüringen unterstützen den Angaben zufolge diese Haltung. Ralf Liebaug, Vorsitzender des Kreisverbands Schmalkalden-Meiningen, habe Maaßen auch persönlich mitgeteilt, dass dessen Äußerungen „nicht den Positionen unseres CDU-Kreisverbandes“ entsprechen: „Diese Kurznachrichten ließen Interpretationsspielraum, auch in eine Richtung, mit der wir uns nicht identifizieren können.“

Impfung von Kindern mit Hinrichtung verglichen

In dem Video, das Maaßen geteilt hatte, wird die Impfung von Kindern mit Hinrichtungen verglichen: „Die Kinder werden an die Wand gestellt und sie schießen. Diese verdammten Leute schießen und töten unsere Kinder“.

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Der Mikrobiologe Bhakdi beruft sich auf angebliche Untersuchungen eines pensionierten Reutlinger Pathologen, der gemeinsam mit „Querdenker“-Aktivisten eine „Pathologiekonferenz“ ausgerichtet hatte. Fachleute und auch die Deutsche Gesellschaft für Pathologie hatten die Behauptungen der Konferenz über vermeintliche Todesgefahren durch Corona-Impfungen als „nicht wissenschaftlich fundiert“ kritisiert.

In seinem Brief verteidigte Maaßen seine Skepsis gegenüber den Impfstoffen: „Ich möchte nicht, dass gesunde Kinder mit fünf oder sechs Jahren wegen einer Impfung um ihr Leben kämpfen müssen." Er verwies darauf, dass er selbst als Kind Impfschäden erlitten habe: Mit fünf Jahren habe er nach einer Impfung notoperiert werden müssen, ein Jahr später nach einer Kombinationsimpfung ein zweites Mal.

Parteikollegin platzt der Kragen

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte am Wochenende als Reaktion auf das geteilte Video gefordert, Maaßen aus der CDU auszuschließen. „Ça suffit“ (Es ist genug), schrieb sie am Sonntagabend auf Twitter und erklärte, dem RN, „ich werde in der nächsten Sitzung des Bundesvorstands auf ein Ausschlussverfahren hinwirken, hoffe aber, dass die Parteifreunde in Thüringen bis dahin schon tätig werden“.

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„Wenn ein ehemaliger Spitzenbeamter und Verfassungsschützer solch einen verschwörungstheoretischen Unsinn verbreitet und sich dabei auf den Antisemiten Bhakdi bezieht, dann können wir als CDU das nicht länger tolerieren“, sagte Karin Prien. Maaßen habe sich „in den vergangenen Wochen und Monaten immer weiter von den Grundwerten in der CDU entfernt“.

Maaßen reagierte am Montag auf Twitter. „Frau Prien sollte die CDU verlassen. Sie hat ihr im Wahlkampf genug geschadet. Sie vertritt mit ihrer gefestigten linken Grundhaltung und ihrer Neigung, innerparteiliche Gegner wie Feinde zu bekämpfen, nicht mehr die Werte der CDU Adenauers und Kohls.“

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Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Gegen Bhakdi, der 2021 für die „Querdenker“-Partei „Die Basis“ zur Bundestagswahl angetreten war, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig wegen Volksverhetzung. Bhakdi hatte in einem Interview gesagt, die Juden hätten von den Nazis „das Böse“ gelernt und umgesetzt. Deswegen sei Israel „jetzt living hell – die lebende Hölle“.

Derzeit meistgelesene T-Plus-Texte:

Maaßen verbreitete seine Impfgegnerschaft auf der Plattform Gettr. Das soziale Netzwerk funktioniert ähnlich wie Twitter und wurde von einem früheren Mitarbeiter Donald Trumps gegründet. Die Plattform ist bei Rechten und Verschwörungsideologen beliebt, weil sie anders als Twitter und Facebook kaum rassistische Inhalte oder medizinische Falschinformationen löscht.

Mit seinen aktuellen Äußerungen zeigt Maaßen nicht zum ersten Mal eine Nähe zur Szene der „Querdenker“, die in Teilen seit dem vergangenen Jahr von seiner ehemaligen Behörde, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, beobachtet wird. Im vergangenen Sommer war Maaßen in einem Bildband der Szene vertreten, in dem neben Bhakdi auch der Berliner Anselm Lenz zu Wort kommt, der zuvor zum Sturz der Bundesregierung aufgerufen hatte.

Die Bildungsministerin Schleswig-Holsteins Karin Prien (CDU).
Die Bildungsministerin Schleswig-Holsteins Karin Prien (CDU).

© dpa/Marcus Brandt

Prien und Maaßen gerieten schon öfter aneinander

Prien und Maaßen waren bereits im vergangenen Herbst aneinandergeraten, nachdem Prien die Aufstellung Maaßens als CDU-Direktkandidat bei der Bundestagswahl kritisiert hatte. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ hatte sie auf die Frage, wie sie die Kandidatur bewerte, geantwortet: „Das muss ich hinnehmen, auch wenn ich davon natürlich überhaupt nicht begeistert bin und mich frage, was Herr Maaßen eigentlich in der CDU sucht.“

Maaßen hatte daraufhin die Abberufung Priens aus dem sogenannten „Zukunftsteam“ des damaligen Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet gefordert.

Der CDU-Sozialflügel fordert indes von der Bundesspitze der Partei eine deutliche Distanzierung von Maaßen. „Hans-Georg Maaßen missbraucht seine CDU-Mitgliedschaft, um mit extremen Äußerungen Aufmerksamkeit zu erregen. Damit fällt er den Polizeibeamten in den Rücken, die ihren Kopf bei den Corona-Demonstrationen hinhalten“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Die CDU muss sich klar von Verschwörungstheoretikern abgrenzen. Die Verharmlosung von Hans-Georg Maaßen muss ein Ende haben.“

Maaßen ist in großen Teilen der CDU umstritten - unter anderem wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik der letzten Bundesregierung. Politiker von SPD, Grünen und Linken warfen der CDU wiederholt vor, mit Maaßen am rechten Rand zu fischen. (Tsp, dpa, AFP)

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