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Der Faustgruß von US-Präsident Joe Biden und dem saudischen Kronzprinzen Mohammed bin Salman (rechts) Mitte Juli zog Kritik nach sich.

© AFP/ Bandar Al-Jaloud

Update

Biden hat nur schlechte Optionen: USA wollen Politik gegenüber Saudi-Arabien überdenken

Washington sieht in der angekündigten Förderkürzung des Opec+-Kartells einen Affront, der Kremlchef Putin nutzt. Venezuela könnte von dem Zwist profitieren.

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Die Idee war so schön: Wenn Saudi-Arabien bereit wäre, mehr Öl auf den Weltmarkt zu bringen, könnte der vor allem durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstandene globale Preisauftrieb gebremst werden.

Auch darum reiste US-Präsident Joe Biden Mitte Juli nach Riad und traf dabei unter anderem den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, den er nach der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi eigentlich hatte ächten wollen.

Der massiv in die Höhe geschnellte Benzinpreis wog wenige Wochen vor den wichtigen Zwischenwahlen in den USA (Midterms) mal wieder mehr als die Menschenrechte. Bidens Demokraten könnten am 8. November ihre Mehrheiten im Kongress verlieren, was den Präsidenten zu einer „lame duck“ machen würde - ein weiterer Anstieg der Inflation gilt dabei als brandgefährlich.

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Aber dann kam alles anders: In der vergangenen Woche verkündete die Erdöl-Allianz Opec+ (einschließlich Russland), ab November jeden Tag zwei Millionen Barrel (je 159 Liter) weniger Öl zu fördern. Alle diplomatischen Versuche, auf Riad und die anderen Opec-Mitglieder einzuwirken, hatten nicht gefruchtet.

Biden zeigte sich über die Opec-Entscheidung „enttäuscht“

Biden machte keinen Hehl daraus, dass ihn dies „enttäuscht“. Man werde nun über Alternativen nachdenken, sagte er am vergangenen Donnerstag. Das war noch vorsichtig ausgedrückt angesichts der Tatsache, dass viele über eine Demütigung Bidens sprachen.

Besonders erbost zeigten sich demokratische Senatoren. So forderten etwa Bob Menendez und Dick Durbin umgehend ein Einfrieren der militärischen Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien.

Denn das Land unterstütze mit der Förderkürzung Russland in dem Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Wir wissen nun, dass sich die Saudis von uns abgewendet haben“, erklärte Durbin im Sender CNN. Sie wollten lieber mit Kremlchef Wladimir Putin verbündet sein als mit den Vereinigten Staaten.

Gespräche mit beiden Parteien im Kongress

Am Dienstag deutete nun auch das Weiße Haus an, dass man die Beziehungen zu dem langjährigen Verbündeten „neu bewerten“ wolle. „Es wird einige Konsequenzen für das geben, was sie mit Russland gemacht haben“, erklärte Joe Biden am Dienstag.

Der Präsident habe erklärt, dass das Verhältnis zu Saudi-Arabien im Lichte der Förderentscheidung auf den Prüfstand gestellt werden müsse, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, bei einem Pressebriefing. Er betonte, bei beiden politischen Parteien gebe es Sorgen hinsichtlich der Folgen der Opec-Entscheidung.

Biden sei bereit, mit dem Kongress zu arbeiten, um herauszufinden, wie diese Beziehungen in Zukunft aussehen sollten, sagte Kirby weiter. Der Präsident wolle diese Gespräche unverzüglich beginnen. Allerdings befinden sich die meisten Kongressmitglieder derzeit im Wahlkampf. Gespräche wird es daher wohl erst nach den Midterms geben.

Die Öl-Allianz, „deren Anführer ganz klar Saudi-Arabien ist“, schade mit ihrer Entscheidung auch einkommensschwächeren Ländern, sagte Kirby. Der Beschluss helfe Russland in einer Zeit, in der nach US-Überzeugung niemand Putin unterstützen sollte.

Saudi-Arabien hat am Dienstag wiederum die geplante Förderkürzung der Ölallianz Opec+ verteidigt. Der Beschluss sei aus „rein wirtschaftlichen“ Gründen gefällt worden, sagte der saudische Außenminister Faisal bin Farhan am Dienstagabend dem Nachrichtensender Al-Arabija.

„Die Opec+-Staaten haben verantwortungsvoll gehandelt und die passende Entscheidung getroffen.“ Es gehe dabei um die Stabilität des Marktes.

Eine Alternative könnte Venezuela sein

Wie ein neu bewertetes Verhältnis aussehen könnte und welche Alternativen der Präsident im Sinne habe, wollte Kirby nicht sagen. Eine Möglichkeit ist, wieder amerikanische Ölbohrungen in Venezuela zu ermöglichen.

Dazu müssten Sanktionen gegen Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro gelockert werden. Die waren ab dem Jahr 2017 gegen hohe Regierungsbeamte, aber auch gegen die venezolanischen Staatsbetriebe verhängt worden, vor allem gegen den Erdölkonzern Petróleos de Venezuela S.A.

Seither fließt das venezolanische Erdöl vorwiegend nach China und Russland, Venezuela gilt als wichtiger Verbündeter Russlands. Diese Allianz aufzubrechen liegt im Interesse Washingtons.

Allerdings erwartet das Weiße Haus dafür zunächst vertrauensbildende Maßnahmen, bevor Sanktionen aufgehoben werden könnten, wie das „Wall Street Journal“ vor wenigen Tagen schrieb.

Und der innenpolitische Widerstand gegen einen solchen Deal wäre groß. Republikaner wie Senator Marco Rubio aus Florida, wo viele Exil-Venezolaner leben, erklärten bereits, damit würde die US-Regierung nur das Öl eines „mörderischen Diktators“ durch das Öl eines anderen ersetzen.

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