zum Hauptinhalt
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält eine Rede beim G20-Gipfel per Video aus dem Marienpalast.

© Foto: dpa/Ukraine Presidency

Update

Nato und USA anderer Ansicht: Selenskyj geht weiter davon aus, dass die Rakete in Polen nicht aus der Ukraine kam

Die Explosion in Polen könnte durch eine ukrainische Luftabwehrrakete verursacht worden sein. Der ukrainische Präsident will davon allerdings nichts wissen.

Stand:

Trotz anderslautender Einschätzung der Nato und Polens glaubt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach eigenen Worten weiterhin nicht, dass der Raketeneinschlag in Polen auf ein ukrainisches Geschoss zurückgeht.

„Ich habe keinen Zweifel, dass es sich nicht um unsere Rakete handelt“, sagte er am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. „Ich glaube, dass es eine russische Rakete war, basierend auf den Berichten unseres Militärs.“

Die Nato und Polen hatten zuvor erklärt, der Einschlag sei wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden, die zur Abwehr russischer Raketenangriffe abgefeuert wurde.

Auch US-Präsident Joe Biden hatte es schon wenige Stunden nach dem Einschlag als „unwahrscheinlich“ bezeichnet, dass die explodierte Rakete von russischem Boden aus abgeschossen worden sei.

Kiew habe bislang keine Beweise dafür gesehen, dass es sich um eine ukrainische Rakete handelte, sagte Selenskyj und forderte eine gemeinsame Untersuchung.

In seiner täglichen Videobotschaft rief er die Verbündeten der Ukraine später auf, „alle Daten“ über den Vorfall zur Verfügung zu stellen. „Wir wollen alle Details klären, alle Fakten. Deshalb brauchen wir (...) Zugang zu allen Daten im Besitz unserer Partner sowie zum Ort der Explosion“, sagte Selenskyj.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ungarn kritisierte die Äußerungen des ukrainischen Staatschefs als unverantwortlich. „In einer solchen Situation äußern sich weltweit führende Politiker verantwortungsbewusst“, sagte Gergely Gulyas, Stabschef des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. „Der ukrainische Präsident hat sich geirrt, als er sofort die Russen beschuldigte. Das ist ein schlechtes Vorbild.“

Die US-Regierung sieht die Verantwortung für den tödlichen Raketeneinschlag in Polen letztlich bei Russland - auch falls sich bestätigen sollte, dass die Explosion durch eine ukrainische Luftabwehrrakete verursacht wurde. „Die Welt weiß, dass Russland die letzte Verantwortung für diesen Vorfall trägt“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Mittwoch vor Journalisten in Washington.

Die Welt weiß, dass Russland die letzte Verantwortung für diesen Vorfall trägt.

Lloyd Austin

„Die Ukraine hatte - und hat - jedes Recht, sich zu verteidigen“, betonte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats. Russland sei verantwortlich, weil es massenhaft Raketen insbesondere auf die zivile Infrastruktur der Ukraine abgeschossen habe.

Die USA hätten bisher keine Informationen gesehen, die der Einschätzung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda widersprächen, dass die Explosion im Grenzgebiet zur Ukraine von einer ukrainischen Luftabwehrrakete ausgelöst worden sei, hieß es.

Der polnische Präsident Andrzej Duda hatte am Mittwoch gegen Mittag betont, es gebe keinen Hinweis für einen Angriff auf Polen. 

Das ukrainische Militär soll den USA und ihren Verbündeten darüber informiert haben, dass es versuchte, eine russische Rakete abzufangen zur gleichen Zeit und in der Nähe des polnischen Raketeneinschlags. Das schrieb CNN-Journalist Jim Sciutto auf Twitter mit Verweis auf US-Informationen. „Es ist nicht klar, ob es sich dabei um dieselbe Rakete handelt.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Das Pentagon verwies gegenüber CNN auf frühere Äußerungen von US-Präsident Joe Biden, wie es weiter hieß. Zuvor hatte der Biden erklärt, dass die Raketen wahrscheinlich nicht von Russland aus abgefeuert wurden.

Es gebe entsprechende Informationen über die Flugbahn, die dem entgegenstünden, sagte er am Mittwoch auf der indonesischen Insel Bali. „Ich werde sicherstellen, dass wir ganz genau herausfinden, was passiert ist.“ Nach den derzeit vorliegenden Informationen sei es „unwahrscheinlich“, dass die Rakete von russischem Boden aus abgeschossen worden sei.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll Biden bei einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs von Nato- und G7-Staaten auf Bali von einer Rakete des Systems S-300 gesprochen haben, das die Ukraine für die Luftverteidigung nutzt.

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte am frühen Nachmittag, dass es keinen Hinweis auf einen „vorsätzlichen Angriff“ durch Russland auf Polen gebe. Nach vorläufigen Analysen sei der Vorfall wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden, die gegen russische Angriffe mit Marschflugkörpern eingesetzt worden sei, sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel. 

Nach „CNN“-Informationen konnte ein Nato-Flugzeug, das am Dienstag über den polnischen Luftraum flog, die Flugbahn der Rakete verfolgen. „Informationen mit den Radarspuren [der Rakete] wurden den Nato-Mitgliedern und Polen zur Verfügung gestellt“, erklärte ein Nato-Militärbeamte gegenüber „CNN“. 

Die russische Regierung bestritt, Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen zu haben und sprach von einer gezielten Provokation.

Die ukrainische Luftwaffe sicherte am Mittwoch ihre Kooperation zu, um den Fall aufzuklären. Alles verfügbare Material und auch Experten würden zur Verfügung gestellt, versprach ein Sprecher.

Die Ukraine bat auch um Zugang zur Einschlagsstelle einer Rakete in Polen. Die Ukraine strebe eine gemeinsame Untersuchung des Vorfalls an und wolle Einsicht in Informationen, aufgrund derer westliche Länder zu dem Schluss kämen, dass es sich um eine ukrainische Abwehrrakete gehandelt habe, sagt Olexij Danilow, Sekretär des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine.

Biden hatte am Rande des G20-Gipfels zu einem Krisentreffen geladen

Biden hatte wegen des Raketeneinschlags in Polen am Rande des G20-Gipfels auf Bali zu einem Krisentreffen geladen. Daran nahmen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen westlichen Demokratien (G7) sowie andere Nato- und EU-Staaten teil.

„Wir bieten Polen unsere volle Unterstützung und Hilfe bei den laufenden Ermittlungen an.“ , heißt es danach in einer Erklärung. „Wir verurteilen die barbarischen Raketenangriffe, die Russland am Dienstag auf ukrainische Städte und zivile Infrastrukturen verübt hat.“

Präsident Joe Biden spricht während eines Treffens der Staats- und Regierungschefs der G7 und der NATO.

© dpa / Foto: Doug Mills/The New York Times/AP/dpa

Am Tisch saßen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Regierungschefs aus Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Biden hatte zuvor mit dem polnischen Präsident Andrzej Duda telefoniert.

Nach polnischen Angaben aus der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war eine „Rakete aus russischer Produktion“ im ostpolnischen Dorf Przewodow sechs Kilometer von der Grenze zum Kriegsgebiet Ukraine eingeschlagen. Nach Feuerwehrangaben wurden dabei zwei Menschen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb getötet.

Die Nachrichtenagentur Interfax Ukraina in Kiew berichtete unter Berufung auf Militärexperten, es könne sich um russische Marschflugkörper vom Typ Ch-101 gehandelt haben. Erste Fotos von Trümmerteilen an der Einschlagstelle deuteten für andere Experten auf die Raketen des Flugabwehrsystems S-300 hin. Dies System sowjetischer Bauart ist wesentlicher Bestandteil der ukrainischen Flugabwehr.

Jede voreilige Festlegung über den Tatsachenverlauf vor seiner sorgfältigen Untersuchung verbietet sich bei einer so ernsten Angelegenheit.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte vor voreiligen Schlüssen. „Jede voreilige Festlegung über den Tatsachenverlauf vor seiner sorgfältigen Untersuchung verbietet sich bei einer so ernsten Angelegenheit“, sagte Scholz am Mittwoch nach dem G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali. Er verwies darauf, dass die Nachrichtendienste sich ausgetauscht hätten und die USA die polnischen Ermittler unterstützen würden.

Scholz betonte auch, dass die Ursache des Raketeneinschlags nicht aus dem Blick geraten dürfe. „Wichtig ist, dass wir alle gleichzeitig klar machen und klar gemacht haben, dass all das ja nicht passiert wäre ohne den russischen Krieg gegen die Ukraine, ohne die Raketen, die jetzt intensiv und in großem Ausmaß auf die ukrainische Infrastruktur verschossen werden.“

Das Verteidigungsministerium in Moskau sprach von einer gezielten Provokation. Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen worden. Auch die in polnischen Medien verbreiteten Fotos angeblicher Trümmerteile hätten nichts mit russischen Waffensystemen zu tun.

Russland hatte die Ukraine am Dienstag nach Kiewer Zählung mit mehr als 90 Raketen und Marschflugkörpern beschossen.

Biden sagte über die russischen Angriffe: „In dem Moment, als die Welt beim G20 zusammenkam, um eine Deeskalation anzumahnen, entschied Russland, in der Ukraine weiter zu eskalieren.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })