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Obsession der Israelkritiker: Ein Weltbild, in dem Israel stets Täter ist
Die Dämonisierung des jüdischen Staates ist so weit fortgeschritten, dass heute schon simple Sachverhalte geleugnet werden. Das schadet allen.

Stand:
Unter deutschen Israelkritikern gibt es seit Freitag wilde Spekulationen darüber, weshalb Israel wohl seinen Angriff auf den Iran durchgeführt hat.
Manche behaupten, Israel wolle auf diese Weise von der aktuellen Lage in Gaza ablenken. Anderen zufolge entschied sich Israel zu dem Schritt, um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu torpedieren: Die USA und Iran hätten schließlich bereits neue Gespräche geplant gehabt, diese hätten sicher zu einer Einigung geführt. Eine weitere Theorie lautet, Israel wolle lediglich seine Großmachtfantasien ausleben.
All diese Behauptungen sind absurd, aber wirklich bezeichnend finde ich, dass kein Israelkritiker bereit ist, den offensichtlichen Grund anzuerkennen: dass Israel in seiner Existenz bedroht wird.
Die Abneigung dieser Menschen gegen Israel ist so groß, dass sie nicht einmal naheliegende, simpelste Tatsachen einräumen können. Die Bedrohung Israels hat im Weltbild des Israelkritikers keinen Platz.
Dabei ließ Irans Regime nie Zweifel daran, dass es Israel vernichten wolle und auch werde. Dass es sich beim jüdischen Staat um einen Tumor handle, der gewaltsam entfernt werden müsse. Irans oberster Führer Ali Chamenei versprach öffentlich, jede Nation oder Gruppe zu unterstützen, die Israel gewaltsam bekämpfen wolle.
Genau dies hat sein Regime auch jahrelang getan. Das Ergebnis dieser Unterstützung waren unter anderem das Massaker vom 7. Oktober 2023 sowie der Dauerbeschuss Israels mit Raketen aus dem Libanon und Jemen.
Ein Feindbild, das nicht mehr hinterfragt wird
Dass eine Atombombe in den Händen des iranischen Regimes eine existenzielle Bedrohung für den jüdischen Staat darstellen würde und die Urananreicherung Irans deshalb unbedingt gestoppt werden musste, ist eigentlich selbstverständlich. Nicht jedoch für den deutschen Israelkritiker. Für ihn ist es wahrscheinlicher, dass Israel einen hochkomplexen, jahrelang vorbereiteten Angriff durchführte, um kurzfristig eine diplomatische Annäherung zwischen den USA und Iran zu verhindern.
Für viele ist Israel zur Projektionsfläche für alles Schlechte geworden. Ihre Vorstellung von Israel scheint völlig abgekoppelt zu sein von dem real existierenden Staat, seinen Bewohnern und deren Bedürfnissen. Dies ist das Ergebnis einer massiven, systematischen Dämonisierung.
Den jetzigen Angriff hätte es nicht gegeben, hätte die Diplomatie nicht dermaßen versagt.
Sebastian Leber
Dass der jüdische Staat in seiner Existenz bedroht ist, muss geleugnet werden, da Israel in den Köpfen dieser Israelkritiker per se die Rolle des Täters zukommt. Deshalb muss hinter einem Präventivschlag wie dem jetzt Ausgeführten auf jeden Fall ein unterdrückerischer Plan stecken.
Ein zentrales Bedürfnis wird übersehen
Die Leugnung der Bedrohungslage führt dann dazu, dass auch das zentrale Bedürfnis der israelischen Bevölkerung – das nach Sicherheit – übersehen wird. Und dies, obwohl es seit Gründung des Staates permanent offen kommuniziert wird und die Grundlage der israelischen Außenpolitik bildet. Dieses Sicherheitsbedürfnis immer wieder zu ignorieren, hat der gesamten Region geschadet, insbesondere auch den Palästinensern und ihren berechtigten Interessen.
Schräg ist auch die Argumentation derjenigen, die behaupten, Israel handele mit dem Angriff auf die Atomanlagen des Irans gegen sein eigenes Interesse. Linkenchef Jan van Aken etwa erklärte in einer Pressemitteilung, die Gefahr einer iranischen Atombombe sei durch den Angriff „massiv gestiegen“. Eine derartige Behauptung ist glatte Realitätsverweigerung.
Ein Musterbeispiel für Diplomatie?
In derselben Mitteilung erklärte van Aken dann auch, es sei „verlogen“, angesichts des israelischen Angriffs „von einer ,Selbstverteidigung’ zu sprechen, um eine iranische Atombombe zu verhindern.“ Schließlich seien doch diplomatische Gespräche über das iranische Atomprogramm im Oman geplant gewesen. Van Aken behauptet gar: „Der Konflikt um das iranische Atomprogramm ist ein Musterbeispiel dafür, wie militärische Konflikte diplomatisch eingehegt werden können.“
Richtig ist das Gegenteil: Den jetzigen Angriff hätte es nicht gegeben, hätte die Diplomatie nicht dermaßen versagt. Weder gelang es ihr, den Iran zur Aufgabe seines Nuklearprogramms zu drängen, noch ihn davon abzuhalten, systematisch die eigene Bevölkerung zu unterdrücken, zu foltern und zu ermorden.
Bei allen Versuchen der Bürger Irans, sich gegen das Unrechtsregime der Mullahs zu erheben, wurden diese vom Westen im Stich gelassen. 2009, 2018 und 2022 gab es zwar jeweils mahnende Worte, aber keine harten Sanktionen. Gerade Deutschland, Irans wichtigster Handelspartner in der EU, hätte deutlich mehr Druck entfalten können. Stattdessen sabotiert die Bundesregierung bis heute Versuche, die mörderischen Revolutionsgarden des Irans auf die EU-Terrorliste zu setzen.
Dass sich Israel vor diesem Hintergrund dazu entschied, sich nicht auf weitere diplomatische Initiativen zu verlassen, sondern den Bau der iranischen Atombombe aus eigener Kraft zu verhindern, darf man falsch finden und offen kritisieren und auch als Bruch des Völkerrechts werten. Aber wenigstens sollte man ehrlich sein und anerkennen, in welcher Notlage Israel handelte.
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