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Russische Soldaten feuern eine Kornet-Panzerabwehrlenkwaffe ab.

© dpa/Zuma/Tass/Alexander Reka

„Putin glaubt, der Westen schwächelt“: Ex-Außenminister der Ukraine hat kaum Hoffnungen auf Frieden

Russland Angriffskrieg werde trotz aller Diplomatie weitergehen, sagt Kuleba in einem Interview. Er erwartet steigenden Druck auf sein Land und Europa aus den USA. Es gebe nur eine Hoffnung.

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Durch die jüngsten diplomatischen Bemühungen, insbesondere das Treffen von US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin, waren zwischenzeitlich die Hoffnungen gestiegen, dass im Ukrainekrieg eine Lösung gefunden werden könnte.

Der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat nun massive Zweifel an einem baldigen Ende des Krieges in der Ukraine nach den Gipfeltreffen in Alaska und Washington geäußert. „Alle tun so, als kämen wir dem Frieden näher. Aber alle erkennen, dass dies nicht der Fall ist. Der Krieg wird weitergehen“, sagte er dem „Spiegel“. Der 44-Jährige leitete bis September 2024 das Auswärtige Amt in Kiew.

Putin sagt, er sei zu einem Deal bereit, weist dann aber seine Diplomaten an, alles zu tun, um einen Deal zu vermeiden.

Dmytro Kuleba, Ex-Außenminister der Ukraine

Nach Ansicht Kulebas vermeidet Putin ein Treffen mit Selenskyj „mit allen Mitteln“. Kuleba weiter: „Er sagt, er sei zu einem Deal bereit, weist dann aber seine Diplomaten an, alles zu tun, um einen Deal zu vermeiden. Putin weiß: Wenn man einen Raum zu einem persönlichen Treffen betritt, dann muss man ihn mit einem Deal verlassen oder zumindest mit den Umrissen eines Deals.“ Putins Motivation habe sich nicht geändert. „Er glaubt, dass er den Krieg gewinnen kann. Er glaubt, dass der Westen bereits schwächelt“, sagte Kuleba.

Der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gibt ein Statement ab.

© Imago/Lev Radin

Kuleba prognostiziert, dass die US-Regierung in den nächsten Wochen Druck auf die Ukrainer und Europäer ausüben wird: „Erstens werden sie Russland als konstruktive, engagierte und kompromissbereite Kraft darstellen und damit auch Zugeständnisse von der Ukraine und dem Rest Europas fordern. Und zweitens werden die Amerikaner die Ukraine und den Rest Europas unter Druck setzen und sagen: Ohne uns habt ihr keine Karten in der Hand. Ihr müsst unseren Vorschlägen zustimmen, sonst ziehen wir uns zurück.“

Kuleba fügte hinzu: „Wenn Europa intern vereint bleibt und weiterhin an der Seite der Ukraine steht, werden weder Trump noch Putin Europa und die Ukraine auseinanderbringen können. Und das wissen sie sowohl in Moskau wie in Washington. Sie sagen es nicht laut, aber sie verstehen es.“

Auf die Frage, ob er eine europäische Truppenpräsenz in der Ukraine für möglich halte, sagte Kuleba: „Europäische Kampftruppen? Nein. Europäische Friedensschützer? Nein. Eine sehr begrenzte Zahl Soldaten, weit entfernt vom Kampfgebiet? Einfach als Botschaft zur Unterstützung: Wir sind hier, kämpft ihr bitte mal selbst, wir halten euch bloß den Rücken frei, und eigentlich stimmt das auch nicht, aber lasst uns wenigstens so tun, als ob wir es täten – ja, eine solche Präsenz ist möglich.“

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte gesagt, die Ukraine halte sich für mögliche Verhandlungen mit Russland über ein Ende der Kampfhandlungen bereit. Noch in dieser Woche würden Gespräche mit der Türkei, den Golfstaaten und einigen europäischen Ländern über so ein Treffen geführt werden. Diese Länder könnten einen solchen Gipfel bei sich organisieren, sagte Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videoansprache.

Viele Tote bei schweren Angriffen Russlands

„Von unserer Seite wird alles maximal bereit sein, um diesen Krieg zu beenden“, sagte Selenskyj. Es sei aber wichtig, weiterhin Druck auf Moskau auszuüben, um dem Kreml die Verzögerungstaktik auszutreiben. Speziell auf die USA komme es dabei an.

Ungeachtet der diplomatischen Bemühungen gehen die Kämpfe in der Ukraine unvermindert weiter. Kiews Truppen geraten dabei an mehreren Frontabschnitten zusehends unter Druck.

Seit Mittwochabend griff Russland die Ukraine nach Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte mit 629 Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern an. 589 anfliegende Ziele habe die Flugabwehr zerstört, teilte die Luftwaffe mit. Die Zahl der Toten in der Hauptstadt Kiew nach den Angriffen stieg auf 14, wie die Behörden am Donnerstag mitteilten. Zuvor war von acht Toten die Rede gewesen. Die Zahl der Verletzten wurde mit 48 angegeben.

Frankreich und Großbritannien verurteilten die jüngsten russischen Angriffe. „629 Raketen und Drohnen in einer Nacht auf die Ukraine: Das ist der russische Wille zum Frieden. Terror und Barbarei“, schrieb der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag im Onlinedienst X. Er sprach dem ukrainischen Volk und den betroffenen Familien sein Mitgefühl aus.

„Putin tötet Kinder und Zivilisten und macht die Hoffnung auf Frieden zunichte“, erklärte der britische Premierminister Keir Starmer im Onlinedienst X. Er sprach den Betroffenen ebenfalls sein Mitgefühl aus. „Das Blutvergießen muss ein Ende haben“, betonte er. (lem)

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