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Blick auf das Auspuffrohr eines Diesel-LKW. Im Sinne des Klimaschutzes hat das EU-Parlament deutlich schärfere Grenzwerte für den Ausstoß von CO₂ bei Lastwagen gefordert.

© dpa/Hendrik Schmidt

Regierungsstreit um Lkw-Klimaauflagen: FDP offenbar in Brüssel zu Kompromissen bereit

Eine Einigung auf Vorschriften zum Ausstoß von CO₂ bei Lkw hatte die FDP in Brüssel zuletzt blockiert. Nun zeigt sich Verkehrsminister Wissing offenbar zu einem Kompromiss bereit.

Im den zuletzt festgefahrenen Streit in der Bundesregierung um die EU-Flottengrenzwerte für Lkw kommt Regierungskreisen zufolge Bewegung. Eine Lösung kurz vor der entscheidenden Abstimmung in Brüssel sei noch möglich, sagten mit den Gesprächen Vertraute am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters.

Verkehrsminister Volker Wissing und seine FDP-Ministerkollegen seien unter Bedingungen bereit, ihren Widerstand aufzugeben. Dafür arbeite man an einer Kompromissformulierung für die deutsche Position etwa in Form einer Protokollerklärung oder Fußnote. Darin sollen synthetische Kraftstoffe für Lkw (E-Fuels) eine Rolle spielen.

Wissing sagte im ZDF-Morgenmagazin: „Man kann nicht eine Regelung unterstützen, die sagt: Wir schaffen Planungssicherheit für die Elektromobilität und keinerlei Planungssicherheit für E-Fuels.

Kurzfristige Wünsche des deutschen Verkehrsministers

Die für Mittag angesetzte Sitzung der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten in Brüssel ist bislang nicht verschoben worden. Dies war für den Fall erwartet worden, dass sich innerhalb der Bundesregierung keine Zustimmung zu dem Vorhaben der EU abzeichnen würde. Eine Ergänzung in Bezug auf E-Fuels müsste dann aber auch von anderen EU-Staaten akzeptiert werden, was die Abstimmung komplizierter macht. Eine Regierungssprecherin wollte sich nicht zu den Erfolgsaussichten äußern: „Die Gespräche innerhalb der Bundesregierung laufen.“

Ein EU-Konzept vom Januar sah auch mit dem Ja Deutschlands vor, dass neue Lkw ab 2040 verglichen mit 2019 dann 90 Prozent weniger CO₂ ausstoßen sollen - genauer müssen 90 Prozent emissionsfrei und damit vorwiegend elektrisch oder mit grünem Wasserstoff fahren. Die übrigen 10 Prozent könnten noch mit Diesel betrieben werden.

Wissing hatte dann überraschend kurz vor der formalen Abstimmung gefordert, dass klimaneutrale sogenannte E-Fuels angerechnet werden können. Ohne eine Einigung in der Regierung müsste sich Deutschland enthalten, was wie eine Nein-Stimme wirkt. Da Italien dies mit einem Nein womöglich unterstützen würde, käme zusammen mit einigen osteuropäischen Staaten dann eine Blockade zustande.

Kritisch ist für das Vorhaben, dass die EU angesichts der bevorstehenden Wahlen im Juni nur noch wenig Zeit für einen neuen Kompromiss hat. Die Flottengrenzwerte für Lkw sind ein zentraler und einer der letzten Bausteine des EU-Klimaschutzpakets „Fit-for-55“.

Hofreiter kritisiert FDP wegen Lieferkettengesetz

Anton Hofreiter, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, spricht bei der Sitzung des Bundestags (Archivbild vom 20.10.2022).
Anton Hofreiter, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen.

© dpa/Kay Nietfeld

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat die FDP wegen ihres Widerstands gegen das europäische Lieferkettengesetz scharf kritisiert.

„Das Problem ist, dass erstens die FDP sich nicht bewusst macht, welchen gigantischen Schaden sie in der Europäischen Union damit anrichtet“, sagte Hofreiter, Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union im Bundestag, am Freitag im WDR-Hörfunk.

Dann hat man am Ende halt ein Problem und steht doof da

Anton Hofreiter, Grünen-Politiker

Die FDP verstoße nunmehr schon zum wiederholten Male gegen das Prinzip, dass man Bedenken gegen ein Vorhaben frühzeitig vorbringen müsse, aber nicht erst kurz vor der Abstimmung.

„Und das Zweite ist, dass der Kanzler und das Kanzleramt glaub’ ich nicht versteht, welch großen Schaden wir damit anrichten, und sich deshalb nicht ausreichend darum kümmert“, sagte Hofreiter.

Es gehe hier um „Planungsmängel im Kanzleramt, die immer wieder dazu führen, dass Deutschland auf europäischer Ebene als unzuverlässig dasteht“. Bei der Abstimmung über das Lieferkettengesetz wollte sich Deutschland an diesem Freitag auf EU-Ebene enthalten, weil die FDP Bedenken hat. Die Abstimmung wurde wegen der FDP-Blockade verschoben.

Durch das Gesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Bundeskanzler Olaf Scholz müsse der FDP klarmachen, dass man über alles reden könne, aber zum richtigen Zeitpunkt.

„Es ist ja nicht so, dass in Brüssel willkürlich agiert wird. Dass man da sagt „Ach, das interessiert uns jetzt nicht, was Deutschland sagt.“ Aber man muss es rechtzeitig sagen. Und wenn man etwas nicht rechtzeitig sagt, dann hat man am Ende halt ein Problem und steht doof da.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“, die FDP sei zu konstruktiven Verhandlungen bereit und wolle ein ordentliches Ergebnis erzielen. „Das Ergebnis ist aber nicht ordentlich, weil es erhebliche Bürokratielasten bringt, insbesondere für mittelständische Unternehmen. Und Deutschland ist geprägt von einer mittelständischen Wirtschaftsstruktur.“

Da es eine Wachstumsschwäche gebe, sei aktuell der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, um noch mehr Bürokratie aufzubauen. „Und deswegen kann das so nicht stehen bleiben. Und es war immer klar, dass wir das nicht unterstützen können, wenn das Ergebnis nicht wirklich überzeugt. Und das tut es nicht“, sagte Wissing. (Reuters/dpa)

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