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Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Kampfjet Tornado IDS ASSTA 3.0, bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus, der im Rahmen der Übung „Two Oceans“ über See fliegt.

© picture alliance/dpa/Bundeswehr/Andrea Bienert

Update

Rufe nach Lieferung werden lauter: Der Druck auf Scholz in der Debatte um Taurus-Marschflugkörper steigt

Die Union kritisiert Scholz für fehlendes Engagement in Sicherheitsfragen. Dieser sagt, es gebe keinen neuen Sachstand in Bezug auf die Marschflugkörper mitzuteilen.

Stand:

In der Debatte um eine mögliche Lieferung weitreichender Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine steigt der Druck auf Kanzler Olaf Scholz (SPD). Politiker aus den Regierungsparteien und der Opposition forderten in Berlin, den ukrainischen Streitkräften das für die Zerstörung von Bunkern und geschützten Gefechtsständen auf bis zu 500 Kilometern Entfernung geeignete Waffensystem zu überlassen.

Scholz sagte dazu der „Thüringer Allgemeinen“: „Es gibt in dieser Frage keinen neuen Sachstand mitzuteilen.“ Das Verteidigungsministerium machte auf Anfrage deutlich, es gebe keinen geänderten Kurs hin zu einer möglichen Abgabe. Eine Sprecherin sagte: „Eine politische Entscheidung zur Abgabe wurde nicht getroffen.“

Scholz sagte der „Thüringer Allgemeinen“, der Schwerpunkt liege unverändert darauf, Waffen zur Luftverteidigung zu schicken, schwere Artillerie und auch Panzer. „Das ist unser Kurs, auf dem wir uns weiter bewegen werden, in enger Absprache mit unseren internationalen Partnern.“

Das Verteidigungsressort verwies auf Äußerungen von Minister Boris Pistorius (SPD), wonach der Zeitpunkt für eine Entscheidung noch nicht gekommen sei. Pistorius hatte auch erklärt: „Wir sind nicht die Einzigen, die nicht liefern. Auch unsere amerikanischen Verbündeten liefern diese Marschflugkörper nicht.“

SPD-Chefin Saskia Esken schloss eine Lieferung aber nicht aus. „Solche roten Linien haben wir als SPD noch in keiner Debatte um Waffenlieferungen gehabt. Es bleibt beim besonnenen Kurs, der sich eng an der Abstimmung mit unseren westlichen Partnern orientiert“, sagte Esken der „Rheinischen Post“. Allerdings haben Großbritannien und Frankreich bereits vergleichbare Waffen geliefert.

Unionspolitiker fordern klare Entscheidung

Sicherheitspolitiker der Union hatten Scholz zuvor aufgefordert, in dem Streit Klarheit zu schaffen. In dieser Frage dürfe es kein „weiteres Ampel-Theater“ geben, sagte Fraktionsvize Johann Wadephul der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

„Für uns ist wichtig, dass eine Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Flugkörpern gut abgewogen werden muss“, sagte der CDU-Politiker. „Es muss klar sein, dass es keine Mitwirkung deutscher Soldaten geben darf und die Nachlieferung für die Luftwaffe gleichzeitig mit der Abgabe eingeleitet werden muss.“

Der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn erinnerte an die Debatten in der Koalition um Panzerlieferungen an die Ukraine. Weder Scholz noch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hätten aus Fehlern gelernt.

„Wenn Deutschland sich schon nicht bei der Lieferung von Kampfjets beteiligen kann, sollten wir zumindest bei der Bewaffnung der ukrainischen Luftwaffe eine Führungsrolle einnehmen. Die folgerichtige Entscheidung ist die Lieferung der Taurus-Systeme an die Ukraine“, sagte Hahn der dpa. „Dazu braucht man aber Willen und Entscheidungsfreudigkeit. Beides ist bis heute bei der Bundesregierung nicht zu erkennen.“

Wenn die Ampel einen ukrainischen Sieg möchte, sollte sie die Lieferung unverzüglich veranlassen.

CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt

Eine Taurus-Lieferung würde der Ukraine entscheidend helfen, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen, sagte der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. „Wenn die Ampel einen ukrainischen Sieg möchte, sollte sie die Lieferung unverzüglich veranlassen.“ Er forderte aber auch: „Angriffe auf völkerrechtlich anerkanntes russisches Staatsgebiet sind dabei auszuschließen.“

Strack-Zimmermann sieht Problem im Kanzleramt

Wie der „Spiegel“ am Donnerstagabend berichtete, prüft die Bundesregierung offenbar, ob sie die Marschflugkörper in den kommenden Monaten an die Ukraine liefern kann. Dafür würden Gespräche mit der deutschen Rüstungsindustrie geführt. Zuvor hatte „t-online“ aus SPD-Kreisen erfahren, dass die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern bald verkündet werde.

Auch FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach sich für die Taurus-Lieferung aus. „Wir haben genug Taurus. Ein guter Teil ist sofort einsatzbereit. Die Ukraine braucht sie dringend. Und es wäre an der Zeit, grünes Licht zu geben“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses am Donnerstag dem Fernsehsender Phoenix.

„Ich glaube, das Problem sitzt erneut im Kanzleramt, wo man versucht, das Thema nicht hochploppen zu lassen. Ich finde es sehr ärgerlich, dass wir wieder eine Diskussion führen, die mich sehr an die Diskussion erinnert, Panzer zu liefern.“ Die Ukraine fordert schon länger Marschflugkörper vom Typ Taurus.

Deutsche Bedenken: Reichweite von Taurus zu groß

Die Bundesregierung ist dabei bislang zurückhaltend, weil die Geschosse auch russisches Territorium erreichen können. Wie der „Spiegel“ weiter berichtete, werde aktuell geprüft, ob die Marschflugkörper auch derartig technisch modifiziert werden können, sodass sie von der Ukraine aus russisches Territorium nicht erreichen können.

Nur dann soll Kanzler Olaf Scholz (SPD) offenbar bereit für eine Zusage sein, heißt es in dem Bericht. Nicht mehr maßgeblich für die Entscheidung der Bundesregierung sei dem Bericht zufolge, ob die USA sich dazu entschließen, ballistische Raketen vom Typ ATACMS zu liefern. Die Geschosse haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Die Taurus kann Ziele in bis zu 500 Kilometern treffen. (Tsp/dpa)

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