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Russlands Präsident Putin bei seiner Rede zur Lage der Nation im Jahr 2019.

© Alexander Nemenov/AFP

Russlands Angriff auf die Ukraine: Warum sich Putin von Sanktionen nicht beeindrucken lässt

Die EU und die USA reagieren mit weiteren Sanktionen auf die Invasion in der Ukraine. Doch das dürfte Kremlchef Putin kaum zum Einlenken bringen. Eine Analyse.

Als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstagmorgen in Brüssel nach dem Beginn der russischen Angriffe auf die Ukraine vor die Öffentlichkeit traten, war ihnen der Ernst der Lage anzusehen. Von der Leyen machte Russlands Präsident Wladimir Putin dafür verantwortlich, dass in Europa wieder Krieg herrscht. „Wir verurteilen diesen barbarischen Angriff und die zynischen Argumente zu seiner Rechtfertigung“, erklärte die Kommissionspräsidentin.

Wenn Putin sich zu einem Einmarsch in die Ukraine entschließt, wird die EU in Zusammenarbeit mit Verbündeten wie den USA ein zweites Sanktionspaket beschließen – so hatte die Ansage aus Brüssel gelautet. Die Wirtschaftssanktionen sollen Russland diesmal viel härter treffen als die begrenzten Gegenmaßnahmen, die zu Beginn der Woche nach der Anerkennung der Rebellengebiete Donezk und Luhansk beschlossen worden waren. Allerdings ist fraglich, ob sich Putin davon beeindrucken lässt.

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In der Vergangenheit haben Sanktionen – ob sie nun in Brüssel oder in Washington verhängt wurden – keinen Einfluss auf die Politik Putins gehabt. Nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 griff die EU zu einer Reihe von Gegenmaßnahmen. Auch der für Russland entscheidende Energiesektor war seinerzeit davon betroffen. So durften beispielsweise Anleihen des Ölproduzenten Rosneft und des Gaskonzerns Gazprom nicht mehr an den Finanzmärkten der EU gehandelt werden.

Doch das änderte nichts an der Annexion der Krim. Und auch die Kämpfe in der Ostukraine gingen weiter.

Entscheidung beim EU-Gipfel am Abend

Diesmal sollen die Strafmaßnahmen der EU schärfer ausfallen als sämtliche Sanktionen in der Vergangenheit. Der EU-Außenbeauftragte Borrell sagte am Donnerstag, es werde „zu einer nie da gewesenen Isolation des Landes kommen“. Beim Gipfel am Abend wollen die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten die Sanktionen beschließen. Zuvor hatte von der Leyen am Morgen erklärt, sie werde zielgerichtete Gegenmaßnahmen vorschlagen, um dem Kreml den Geldhahn bei der Kriegsfinanzierung zuzudrehen.

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In der ersten Sanktionsrunde hatte die EU zu Beginn der Woche bereits eine Beschränkung des Handels mit russischen Staatsanleihen beschlossen. Die Verschärfung der Strafmaßnahmen wird wohl darauf hinauslaufen, dass in der EU unter anderem ein Exportverbot für High-Tech-Komponenten verhängt wird, von denen Russlands Flugzeug- und Raumfahrtindustrie abhängig ist.

Keine Mehrheit für Ausschluss aus Zahlungssystem Swift

Neben Einreiseverboten für weitere Putin-Getreue soll auch der Zugang russischer Banken zu den Finanzmärkten der EU gekappt werden. Wie es in Brüssel hieß, kann sich die EU zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht dazu durchringen, zur härtesten wirtschaftlichen Gegenmaßnahme zu greifen: dem Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem Swift. Obwohl die Außenminister der baltischen Staaten eben dies forderten, befürchtet eine Reihe von EU-Staaten – darunter Deutschland und Italien – die finanziellen Folgen eines solchen Schrittes.

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Russland hat bei ausländischen Banken Verbindlichkeiten in Höhe von rund 27 Milliarden Euro. Die europäischen Gläubiger, die den Großteil dieser Summe schultern, befürchten einen Ausfall der Rückzahlungen, falls die Verbindung zwischen Swift und Russland gekappt werden sollte. Und auch von einem Handelsverbot für russisches Gas und Öl war am Donnerstag in der EU noch keine Rede. Ein solcher Schritt könnte die Energiepreise in der EU noch weiter nach oben treiben.

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Sanktionen gegen das zweitgrößte Geldhaus VTB

In Washington erklärte Präsident Joe Biden, dass die USA im Verbund mit der EU und den G-7-Staaten eine Reihe von Sanktionen auf den Weg bringen. Die Möglichkeiten Russlands, Geschäfte in Dollar, Euro, Pfund und Yen abzuwickeln, würden eingeschränkt, kündigte Biden an. Zudem sollen mit den Sanktionen die Finanzquellen für das russische Militär ausgetrocknet werden.

Darüber hinaus soll es nach Bidens Worten Exportkontrollen geben, die „mehr als die Hälfte der High-Tech-Importe Russlands abschneiden“. Zudem kündigte er Sanktionen gegen vier weitere russische Banken an, darunter das zweitgrößte Geldhaus VTB. „Dies wird sowohl unmittelbar als auch im Verlauf der Zeit zu erheblichen Kosten für die russische Wirtschaft führen“, erklärte Biden. Nach seinen Worten werde es etwa einen Monat dauern, bis die Folgen der Sanktionen spürbar seien.  

Allerdings spricht einiges dafür, dass Putin auch diesmal die Verschärfung der Sanktionen bereits „eingepreist“ hat. Geopolitische Interessen und eine Knechtung der Ukraine scheinen ihm wichtiger zu sein als wirtschaftspolitische Überlegungen. Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete, dass die Regierung in Moskau bereitstehe, um die Finanzmärkte und die größten russischen Unternehmen vor den Folgen von Sanktionen und anderen Bedrohungen zu bewahren.

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