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Scholz über Rosneft-Entmachtung: „Weitreichende energiepolitische Entscheidung“
Russland sei kein verlässlicher Partner mehr, sagt der Kanzler auf einer Pressekonferenz. Der Bund soll die Kontrolle über Rosneft Deutschland und PCK Schwedt übernehmen.
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Die Bundesregierung hatte am Morgen angekündigt, die Mehrheitseigner der PCK-Raffinerie - zwei Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft - unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur und damit unter staatliche Kontrolle zu bringen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Konzept zur Sicherung der PCK-Raffinerie in Brandenburg als „weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes“ bezeichnet. Russland sei kein zuverlässiger Partner mehr, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Die Bundesregierung tue alles dafür, die Versorgung mit Energie und insbesondere mit Erdöl zu sichern.
Zur Sicherung der Produktion und Versorgung mit Sprit, Heizöl und anderen Produkten übernimmt der Bund die Kontrolle über die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft. Das betrifft in erster Line die für Ostdeutschland wichtige PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, aber auch zwei weitere Raffinerien in Baden-Württemberg und Bayern.
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Hintergrund ist das Ölembargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar greift. Die Bundesregierung hat sich auf EU-Ebene verpflichtet, auch auf russisches Pipelineöl zu verzichten. PCK ist bisher darauf angewiesen: Die Raffinerie wird seit Jahrzehnten über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert. Der Mehrheitseigner Rosneft hatte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl.
Nun setzt die Bundesregierung auf eine Treuhandlösung, um Rosneft die Kontrolle zu entziehen. Die Unternehmen Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing kommen unter Verwaltung der Bundesnetzagentur, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. So übernehme die Behörde auch die Kontrolle über den jeweiligen Anteil in den drei Raffinerien PCK sowie Miro in Karlsruhe und Bayernoil bei Ingolstadt.

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Damit sei die Ölversorgung für den Nordosten Deutschlands gesichert, erklärte die Bundesregierung - selbst bei einem Ausfall russischer Lieferungen. „Natürlich haben wir schon lange unterstellt, dass es aus Gründen, die was mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine zu tun haben, auch plötzlich sein kann, dass die Lieferung ausbleibt“, sagte Scholz. „Deshalb sind wir vorbereitet.“ Mit eigenen Reserven, Reserven der Raffinerie sowie Verträgen mit Polen will der Bund die Versorgung sicherstellen.
PCK fürchtet, dass Russland rasch Konsequenzen ziehen könnte. „Wir bereiten uns auf mögliche, kurzfristige Einschränkungen in der Druschba-Rohölversorgung vor“, teilte das Unternehmen mit. Ein Teil der Versorgung laufe aber bereits über den Hafen Rostock.
Die Bundesregierung bringt mit Brandenburg, Sachsen-Anhalt (wegen der Raffinerie Leuna) und Mecklenburg-Vorpommern (wegen der Häfen) ein sogenanntes Zukunftspaket von über einer Milliarde Euro zum Erhalt von Arbeitsplätzen und dem Wandel des Standorts auf den Weg. Darin sind Investitionen über ein Sonderprogramm von mindestens 750 Millionen Euro über 15 Jahre geplant. Der Bund übernimmt die Hälfte. Dazu sollen 100 Millionen Euro des Bundes zum klimafreundlichen Umbau der Raffinerie kommen, außerdem Maßnahmen zur Sicherung von Beschäftigung und Löhnen am PCK-Standort.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigte sich erfreut, weil den Menschen damit etwas die Ängste genommen würden. Er rechnet aber weiter mit Schwierigkeiten. „Was wir leider nicht versprechen können, dass künftig alles glatt und fröhlich läuft.“
Wie hoch die Auslastung der Raffinerie sein wird, konnte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums nicht genau sagen. Das Öl aus Rostock sichere eine Auslastung von ungefähr 50 Prozent. Weitere Lieferungen seien über die Druschba-Pipeline aus Kasachstan und auch über Polen denkbar.
PCK hat rund 1200 Mitarbeiter und ist eine wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt. Die Raffinerie versorgt große Teile des Nordostens mit Treibstoff. Rosneft kam über seine Töchter auf gut 54 Prozent der Anteile. Partner ist zudem der britische Konzern Shell.
Zur Umstellung auf andere Lieferanten sollen die Hafeninfrastruktur in Rostock und die Pipeline von dort nach Schwedt ausgebaut werden. Darüber hinaus soll Öl via Pipeline vom Danziger Hafen geliefert werden. Habeck sagte, es sei klar gewesen, dass Polen keine feste Zusage machen würde, solange mögliche Gewinne über die zwei Rosneft-Töchter nach Russland gingen. „Die Umstellungen sind vorbereitet, und die Gespräche auch mit der polnischen Seite sind weit vorangeschritten.“
Reaktionen auf die Ankündigungen fielen überwiegend positiv aus. Der Branchenverband „Fuels und Energie“ nannte die Entscheidung nachvollziehbar. Die Gewerkschaft IG BCE unterstützt die Entscheidungen. „Die Beschäftigten in Schwedt können aufatmen“, sagte Bezirksleiter Rolf Erler. Die PCK-Betriebsratsvorsitzende Simona Schadow wertete die Investitionen von Bundesregierung und Land „als eine handfeste Grundlage für den Weiterbetrieb der Raffinerie und die Entwicklung des Standorts“.
Der Koalitionspartner FDP im Bund trägt den staatlichen Eingriff mit. Auch der CDU-Politiker Jens Spahn signalisierte Zustimmung. Kritik kam vom Ostbeauftragten der Linksfraktion, Sören Pellmann, der die Abkehr vom russischen Öl überstürzt nannte.
Rosneft Deutschland vereint nach Ministeriumsangaben rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und ist damit eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen. Die deutschen Töchter führen demnach jeden Monat Rohöl im Wert von Hunderten Millionen Euro aus Russland nach Deutschland ein. Die Miro-Raffinerie in Karlsruhe ist nach Unternehmensangaben Deutschlands größte.
Die Treuhandverwaltung wird am Freitag wirksam und ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen. Die Netzagentur kann Mitglieder der Geschäftsführung abberufen und neu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen erteilen. (dpa)
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