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Raus aus der Ecke. Erstmals war Mahmud Abbas auf Einladung eines Bundespräsidenten im Land. Foto: Atef Safadi/dpa

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Palästina: Schritt für Schritt für Schritt

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erhält in Berlin eine Ehrengarde und Rückendeckung, aber auf neue Positionen wartet er vergeblich

Berlin - So spannend wie beim letzten Mal war es nicht: Als der palästinensische Präsident Mahmud Abbas im Mai zuletzt in Berlin war, ging es um das mögliche deutsche Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat, sollte es zum Votum über den palästinensischen Antrag auf Anerkennung als UN-Mitglied kommen. Deutschland wollte das verhindern – auch damit es nicht gezwungen wäre, sich entweder zu enthalten oder dagegen zu stimmen. Mittlerweile ist der Antrag in einem Unterkomitee der Vereinten Nationen gelandet, da klar war, dass derzeit zu wenige Befürworter im höchsten UN-Gremium sitzen. Eine Abstimmung gab es zur Erleichterung Deutschlands nicht.

Abbas geht es mit seinem dreitägigen Besuch in Berlin und den Visiten bei den Sicherheitsratsmitgliedern Großbritannien und Russland darum, weiter für das Anliegen der Palästinenser zu werben. Aus ihrer Sicht stehen sowieso keine neuen Verhandlungen mit Israel in Aussicht, da die Besiedlung palästinensischen Landes stetig weitergeht.

Dennoch ging es offiziell diesmal um die Möglichkeit neuer Friedensverhandlungen, nachdem sich Israelis und Palästinenser im Januar auf Einladung des jordanischen Königs Abdallah drei Mal in Amman getroffen hatten, um zu sehen, ob neue Gespräche möglich sind. So konnten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bei ihrer Linie bleiben und direkte Verhandlungen fordern. Dass beide Seiten nach monatelangem Stillstand „überhaupt miteinander sprechen“, müsse genutzt werden, sagte Merkel.

Aber es gibt auch Nuancen, die neu waren bei dieser Abbas-Visite. So war Abbas erstmals auf Einladung eines Bundespräsidenten im Land, mit Mittagessen in Bellevue und Empfang durch die Ehrengarde. „Das hat eine symbolische Bedeutung“, sagt der palästinensische Generaldelegierte in Berlin, Salah Abdel Shafi. Die palästinensische Seite will darin einen weiteren kleinen Schritt in Richtung Anerkennung eines Palästinenserstaates sehen. Auch hat Außenminister Westerwelle klargestellt, dass es nun an Israel ist, seine Vorstellungen über Grenzen und Sicherheit vorzulegen – wie vom Nahost-Quartett bis Ende dieses Monats gefordert. Die Palästinenser haben ihre Vorschläge bereits unterbreitet. Im Gespräch mit Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) soll Abbas nach Angaben von Parlamentariern den Israelis eingeräumt haben, nach einem Friedensschluss drei Jahre lang zusammen mit Nato-Truppen seine Streitkräfte auf palästinensischem Territorium zu belassen. Die israelische Forderung, eigene Streitkräfte 40 Jahre lang dort stationiert zu lassen, wies Abbas demnach energisch zurück. Lammert äußerte nach diesen Angaben Verständnis für die israelische Position. Er habe aber auch klargemacht, dass er eine Übergangsfrist von 40 Jahren für nicht plausibel hält.

Auch die Siedlungspolitik wurde in Berlin kritisiert – allerdings nicht so vernichtend wie zuvor vom britischen Vizepremier Nick Clegg, für den die israelische Landnahme an „absichtlichen Vandalismus“ grenzt und der mit dieser Formulierung einen mittelgroßen Schritt weiterging. Wollte die EU, die in der Siedlungspolitik das Haupthindernis für die Aufnahme von Verhandlungen und eine eventuelle Einigung sieht, einen wirklichen Schritt gehen, könnte sie den Vorschlag des „Jerusalem-Reports 2011“ der EU-Vertretungen in Ramallah und Jerusalem beherzigen. Darin wird nicht nur ein düsteres Bild von der systematischen Besiedlungspolitik um und in Ost-Jerusalem beschrieben. Die Autoren schlagen unter anderem vor, dass EU-Mitgliedsstaaten „Informationen über gewalttätige Siedler ( die Palästinenser und ihre Dörfer angreifen, d. Red.) austauschen“ im Hinblick auf ein mögliches EU-Einreiseverbot.

Wirklich große Schritte, die dem Fatah-Vorsitzenden Abbas aber möglicherweise gar nicht so recht sind, geht unterdessen die Schweiz. Ihr Nahostbeauftragter Jean-Daniel Ruch hat am Donnerstag in Kairo den politischen Chef der islamistischen Hamas, Khaled Meshaal, getroffen, teilte die Organisation mit. Die Schweiz unterhält im Gegensatz zur EU Kontakte zur Hamas, die den Gazastreifen regiert und von der EU als Terrororganisation eingestuft ist.

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