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Insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten zur Europawahl traten am Donnerstagabend bei der „ARD-Wahlarena“ an.

© dpa/Martin Schutt

Muntere Themensprünge in der „ARD-Wahlarena“: Größter Beifall, spannendster Moment, ehrliches Eingeständnis

Die „ARD-Wahlarena“ zur Europawahl lag fast ganz in der Hand des Studiopublikums. Die Spitzenkandidaten parierten – mehr oder weniger gut.

Stand:

Drei Tage vor der Europawahl hatten die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien in Deutschland am Donnerstagabend bei der „ARD-Wahlarena“ eine letzte Chance für einen direkten Schlagabtausch.

Die eineinhalbstündige Diskussion drehte sich um die Migration, den Krieg in der Ukraine, die Inflation sowie die Klimapolitik. Und so lief der Schlagabtausch zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten:

Das Format:

Eingeladen waren insgesamt acht Spitzenleute von CDU, CSU, SPD, Grünen, FDP, Linken, BSW und AfD. Um mehr Übersichtlichkeit zu schaffen, baten die beiden Moderatoren Ellen Ehni und Gunnar Breske jeweils nur vier Kandidaten in die Arena inmitten der 130 Studiogäste aus Ost- und Westdeutschland, die in den Erfurter Studiopark gekommen waren.

Den Anfang machten die Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke, die FDP-Frontfrau Marie-Agnes Strack-Zimmermann, CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber und René Aust, der auf der AfD-Liste den dritten Platz belegt. Er trat statt des Spitzenkandidaten Maximilian Krah an, gegen den die AfD-Führung ein faktisches Auftrittsverbot verhängt hatte, nachdem der 47-Jährige in einem Interview die SS verharmlost hatte.

Erst in der zweiten Runde kamen Katarina Barley (SPD), Fabio De Masi vom „Bündnis Sahra Wagenknecht“, Martin Schirdewan (Linke) und der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, zum Zuge.

Eigentlich hätte die Aufteilung für Klarheit sorgen sollen. Die Fragen kamen allerdings ausschließlich aus dem Publikum – und das führte wiederum dazu, dass die Themen schon in den ersten Minuten munter durcheinander gingen: von der Migration über die geplante Deregulierung bei der Gentechnik bis zu den Bauernprotesten.

Ehrlicher Moment:

Als es um die Bauernproteste ging, leitete die Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann ihre Antwort mit der Bemerkung ein: „In dem Bereich habe ich wenig Ahnung, um das direkt zu sagen.“ Allerdings kam sie dann doch recht ausführlich auf ihre Begegnung mit einem Landwirt aus dem Saarland zu sprechen, der seine Felder sowohl in Deutschland als auch in Frankreich bewirtschaftet.

In Deutschland müsse der Bauer seinen Traktor mit Biodiesel betanken, während in Frankreich auch Heizöl in den Tank könne, habe der Mann ihr erzählt. Damit sei natürlich kein Wettbewerb „auf Augenhöhe“ zwischen den Landwirten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten möglich, so Strack-Zimmermann.

Größter Beifall:

Eine Frau aus Dortmund wollte von der SPD-Spitzenkandidatin Barley wissen, warum bei den Sozialdemokraten das Motto „Frieden schaffen ohne Waffen“ nicht mehr relevant sei. Es ging dabei um den Krieg in der Ukraine und die Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), dass Kiew von Deutschland gelieferte Waffen auch gegen Ziele in Russland einsetzen darf. Man müsse mehr über Verhandlungen sprechen, verlangte die Zuschauerin.

Aber Barley ließ sich nicht beirren. „Die Ukraine hat das Recht, sich zu wehren“, antwortete sie und erntete einigen Applaus im Studiopublikum. „Jeder will, dass der Krieg aufhört“, meinte die deutsch-britische Politikerin. Die diplomatischen Bemühungen dürften aber nicht dazu führen, dass man von der Ukraine verlange, sich zu unterwerfen.

Spannendster Moment:

Ein junger Mann aus Halle erklärte, es könne nicht angehen, dass die Europäer zwar einerseits maßgeblich zum weltweiten Klimawandel beitrügen, aber sich in der Migration gegenüber Flüchtlingen „so verschließen“.

Unmittelbar angesprochen war der AfD-Vertreter Aust. Er erklärte, dass die Migrationspolitik seit 2015 zu einem geringeren Wohlstand in Deutschland und „weniger Sicherheit“ geführt habe. Deshalb werde die AfD auch weiterhin für eine „andere Migrationspolitik“ eintreten.

Auch BSW-Spitzenkandidat De Masi meldete sich zu Wort und machte mit seiner Replik klare Unterschiede zur AfD, aber auch Schnittmengen deutlich. „Wir haben natürlich einen großen Beitrag geleistet zu weltweiten Fluchtursachen“, sagte der ehemalige Linken-Politiker. Dennoch fügte er mit Blick auf die jüngst beschlossene EU-Asylreform hinzu: „Wir brauchen auch die Verfahren an den Außengrenzen.“

Eingeständnis:

Gegen Ende der Sendung meldete sich ein Musikalienhändler aus Bielefeld zu Wort und kritisierte, dass der stationäre Handel ein „absolutes Stiefkind“ der Politik sei. „Die Städte sterben, und keiner unternimmt was“, monierte er.

Der Onlinehändler Amazon werde bis heute nicht so besteuert wie der stationäre Handel, gab er zu bedenken. Der Mann forderte festgelegte Mindestpreise, welche die Wettbewerbssituation des stationären Handels verbessern könnten.

Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary steht mit Zuschauern im Fernsehstudio bei der „ARD-Wahlarena“ zur Europawahl.

© dpa/Martin Schutt

CDU-Mann Caspary räumte ein, dass insbesondere der inhabergeführte Einzelhandel in einem „massiv unfairen Wettbewerb“ mit den großen Internetgiganten stehe. Die Situation sei insbesondere deshalb „unerträglich“, weil die EU-Mitgliedstaaten der europäischen Ebene in dieser Frage keine Handlungsbefugnis erteilten.

Klarstellung:

Nachdem der BSW-Spitzenkandidat De Masi als „Fabio di Maso“ vorgestellt worden war, war es dem deutsch-italienischen Politiker doch wichtig, seinen korrekten Nachnamen zu wiederholen und hinzuzufügen: „Ich freue mich aber, dass ich wider Erwarten dabei sein darf.“

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hatte per Eilverfahren entschieden, dass das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ zur Sendung eingeladen werden muss. Der WDR hatte zunächst nur Vertreter von Parteien einladen wollen, die in der Vergangenheit bereits eine Rolle gespielt haben. Gegen die Entscheidung will der WDR Verfassungsbeschwerde einlegen, um für künftige Fälle Rechtssicherheit zu haben, wie die „FAZ“ berichtet.

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