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Streit um Posten für Verfassungsrichter: SPD fordert Union zu Gespräch mit Brosius-Gersdorf auf
Der Fraktionschef der Sozialdemokraten macht deutlich, dass seine Partei nach der abgesetzten Wahl im Bundestag an ihrer Kandidatin festhält. Miersch hat eine klare Botschaft für den Koalitionspartner.
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Nach dem Eklat um die Wahl dreier Richter für das Bundesverfassungsgericht hatten die Spitzen der schwarz-roten Koalition betont, das Thema während der Sommerpause lösen zu wollen. Die SPD fordert nun den Koalitionspartner auf, das Angebot zur Aussprache mit der von den Sozialdemokraten vorgeschlagenen Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf anzunehmen.
„Ich erwarte, dass die CDU/CSU-Fraktion und der Bundeskanzler Frau Brosius-Gersdorf die Möglichkeit des Gesprächs geben, um jenseits der aufgeheizten Stimmung eine sachliche Meinungsbildung herbeizuführen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch der „Süddeutschen Zeitung“. „So, wie es etwa auch Vertreter der katholischen Kirche gemacht haben.“
Die SPD hält an Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin fest.
Bärbel Bas, Co-Vorsitzende der SPD
Gegen Brosius-Gersdorf gibt es Widerstände in der Union. Miersch ließ aber nicht erkennen, dass die SPD sie zurückziehen will. „Frau Brosius-Gersdorf ist eine hervorragende Kandidatin“, betonte der SPD-Fraktionschef. Dazu sei alles gesagt, und es gebe – auch mit Stimmen der Union – eine klare Empfehlung des Richterwahlausschusses.
Im Bundestag hatten Union und SPD die Neubesetzung von insgesamt drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht Anfang Juli kurzfristig von der Tagesordnung nehmen müssen.
In Teilen der Unionsfraktion gibt es Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf. Einige Abgeordnete halten ihre juristischen Positionen für zu liberal. Besonders kritisiert werden ihre Haltung zum Schwangerschaftsabbruch sowie ihre frühere Befürwortung einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie. Außerdem geht es um ihre Doktorarbeit.
Brosius-Gersdorf lehrt seit 2021 Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Verfassungs- und Sozialrecht an der Universität Potsdam. Sie hatte sich unter anderem in einer persönlichen Erklärung zu den Punkten ausführlich geäußert.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte seiner Partei zuvor geraten, mit der Union ein komplett neues Vorschlagstableau zu erarbeiten und drei neue Kandidaten für die offenen Stellen am Bundesverfassungsgericht zu nominieren. Neben Brosius-Gersdorf hat die SPD Katrin Kaufhold und die Union Günter Spinner nominiert.
„Dieser Ausweg kann aus meiner Sicht nur darin bestehen, dass alle Kandidaten zurückgezogen werden und dieses Verfahren durch die Fraktionen im Deutschen Bundestag völlig neu aufgesetzt wird“, sagte Woidke der Agentur dpa. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte vorgeschlagen, ein neues Richterpaket zu schnüren.
Findet die Koalition im Streit um Brosius-Gersdorf eine Lösung?
Die SPD-Co-Vorsitzende Bärbel Bas machte wie Miersch aber deutlich, dass ihre Partei weiter zu ihrer Kandidatin steht. „Die SPD hält an Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin fest. Sie ist eine exzellente Juristin, ihre Eignung für das höchste Gericht steht für uns außer Frage“, sagte die Bundesarbeitsministerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bas forderte ferner „Frühwarnsysteme“, damit bei aufkommenden Zweifeln und Kritik von Abgeordneten früher klar sein muss, ob nötige Mehrheiten zustande kommen.
Zur Stimmung in der Koalition sagte sie: „Woran wir noch ein bisschen arbeiten müssen, ist die Vertrauensbasis. Man muss dem jeweils anderen Koalitionspartner auch etwas gönnen können.“
Erklärtes Ziel ist es, bis zu der für den 28./29. August in Würzburg geplanten Klausur der Fraktionsspitzen von Union und SPD eine Lösung im Richterstreit zu finden – denn hier sollen eigentlich wichtige Reformentscheidungen für den Herbst vorbereitet werden.
Miersch betonte, trotz des Konflikts sei das Arbeitsverhältnis zu Unions-Fraktionschef Jens Spahn intakt. „Jens Spahn und ich stehen in engem Kontakt. Im Herbst stehen wichtige Reformentscheidungen an, für die wir die Mehrheiten sichern müssen.“ (lem)
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