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Während ein Endlager für hochradioaktive Abfälle noch gesucht wird, ist das Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe mit Schacht Konrad bereits in Bau.

© Silas Stein/dpa

Suche nach einem Atommüll-Endlager: Endlager-Chef warnt vor politischer Blockade

Bei der Suche nach einem Endlager für Atommüll wird es im Herbst wieder ernst. Wolfram König bringt Entschädigungen für den späteren Standort ins Spiel.

Der Chef der Atommüll-Endlager-Behörde, Wolfram König, warnt vor einer einseitigen Stimmungsmache der AfD gegen ein mögliches Atommüll-Endlager in Ostdeutschland. „Nicht einzelne Interessengruppen dürfen bestimmen, wo das Endlager errichtet oder nicht errichtet wird, sondern die bestmögliche Sicherheit ist entscheidend“, sagte König dem „Tagesspiegel“ (Sonntag).

„Bei dieser Suche geht es nicht um den Abfall einzelner Bundesländer“, wandte sich König gegen Vorwürfe, westdeutscher Müll solle womöglich im Osten entsorgt werden. „Auch die DDR hat die Atomenergie intensiv genutzt.“

Zwar habe man dort das „Glück“ gehabt, dass der Großteil der Brennelemente in die Sowjetunion exportiert wurde. Aber in Lubmin, im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns, lagerten auch noch Brennelemente aus den dortigen Reaktoren. Und in Ahaus in Nordrhein-Westfalen lagerten Abfälle aus dem sächsischen Rossendorf. „Der Mythos, es handele sich nur um westdeutschen Abfall, ist nicht haltbar.“

König warnte auch die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), das Verfahren zu torpedieren, der Freistaat argumentiert, seine Granitvorkommen sei ungeeignet für eine Endlagerung.

König warnt vor Instrumentalisierung durch Populisten

„Bayern hat natürlich mit seinen Atomkraftwerken, die einen erheblichen Anteil an hochradioaktiven Abfällen produziert haben und die dort nun in Zwischenlagern stehen, ein massives Interesse daran, dass die Endlagerfrage gelöst wird“; sagte König. „Ob Regionen für eine sichere Endlagerung geeignet sind entscheidet übrigens keine Landesregierung, sondern die Geologie.“

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König warnte vor einer Instrumentalisierung durch Populisten. Der Deutsche Bundestag werde bis zur Standortentscheidung drei Mal mit den jeweiligen Ergebnissen auseinandersetzen müssen. „Bürgerinnen und Bürger werden zuvor in verschiedenen Formen am Prozess beteiligt. Hinter verschlossenen Türen, in Hinterzimmern, werden keine Entscheidungen getroffen.“

Bis zum 30. September wird die mit der Organisation der Suche beauftragte Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ihren Zwischenbericht vorlegen und mögliche Regionen benennen, bevor es im weiteren Verlauf zu weiteren Eingrenzungen kommt. „Wir müssen immer wieder um den richtigen Weg streiten, Auseinandersetzungen führen. Alle politischen Akteure müssen sich immer wieder vergewissern, welcher Auftrag existiert – und dürfen ihm nicht ausweichen“, forderte König.

Wolfram König, Leiter der Atomaufsicht.
Wolfram König, Leiter der Atomaufsicht.

© Sophia Kembowski/dpa

König fordert Entschädigungen für Atommüll-Ort

König fordert nach den Milliarden-Entschädigungen für vom Kohleausstieg betroffenen Regionen auch Entschädigungen für die Region, in der das Atommüll-Endlager künftig entstehen wird. So ein Endlager-Projekt kann ein Motor sein für die regionale Entwicklung. Da werden natürlich technische Einrichtungen benötigt“, sagte König weiter. „Es ist klar, dass sie eine entsprechende finanzielle Unterstützung brauchen, gerade, wenn es um ein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle geht.“

Er halte es für notwendig, dass von Beginn an eine Entwicklungsperspektive gegeben wird, „ohne dass der Eindruck entsteht, hier würden Sicherheitsrabatte erkauft“. Es sei so, dass die Region, die diese Lasten trägt, „das für uns alle macht“. Es gebe einen einzigen Standort am Ende - der dürfe nicht allein gelassen werden.

Atommüll-Lösung für Zwischenlager

Wegen der auslaufenden Sicherheits-Genehmigungen für hunderte Castor-Behälter mit hoch radioaktivem Atommüll in den Zwischenlagern mahnte König eine baldige Lösung an. „Einen Sicherheitsrabatt wird es auch weiterhin nicht geben“, sagte König im Interview. Viele Genehmigungen laufen in den 2030er Jahren aus, aber ein betriebsbereites Atommüll-Endlager ist laut König nicht vor dem Jahr 2051 zu erwarten.

Das wirft die drängende Frage auf, ob der Atommüll in den oberirdisch gelagerten Castor-Behältern überhaupt so lange dort sicher gelagert werden kann. „Fakt ist aber auch: Bisher sind keine Sicherheitsrisiken bei der Behälterlagerung aufgetreten“, betonte König.

Als damaliger Leiter des Bundesamtes für Strahlenschutz hatte König zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung die Genehmigung der Castoren „vor allem deshalb auf 40 Jahre begrenzt, weil sie keine schleichenden Endlager werden dürfen“. Technische Barrieren könnten stabile geologische nicht längerfristig ersetzen.

König organisiert vor allem die Öffentlichkeitsbeteiligung im Verfahren zur Suche eines Atommüll-Endlagers. Er setzt darauf, dass ein Standort bis 2031 gefunden ist, dann kämen noch mal rund 20 Jahre für Genehmigungsverfahren und den Bau obendrauf.

„Es ist ein sehr ehrgeiziges und hochgestecktes Ziel. Das ist auch gut so. Nicht nur die sechzehn Gemeinden, an denen die bis zum Betriebsende anfallenden 1900 Castoren mit hochradioaktiven Abfällen aufbewahrt werden, haben einen Anspruch darauf zu erfahren, was mit dieser Last geschieht“, betonte König.

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