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Tschüss, macht’s gut!: Lindner, Buschmann, Habeck, Scholz – alle weg
Nach der Wahl setzt ein demokratischer Reinigungsprozess ein. Was nun? Gelingt denen, die jetzt gehen, der Sprung in die Privatheit? Das Motto muss lauten: mit Anstand Abstand gewinnen.

Stand:
Politik ist brutal. Da gibt es diesen einen Moment, der über ein Land und das eigene Schicksal entscheidet. Die Ampel-Koalition platzte im Streit über die Schuldenbremse. Nichts ging mehr. Das führte zu vorgezogenen Neuwahlen.
Das Ergebnis ist bekannt. Christian Lindner weg, Marco Buschmann weg, Robert Habeck weg, Olaf Scholz weg (jedenfalls in ein paar Monaten), Sahra Wagenknecht ziert sich noch. Andere werden nach oben gespült, die Parteien sortieren sich neu.
Das nennt man einen demokratischen Reinigungsprozess. Was wiederum sehr abstrakt, technokratisch klingt. Mit einem Schlag wird die enge Verbindung zwischen Mandat und Volkes Stimme deutlich. Das eine gibt’s nicht ohne das andere.
Auf relevant folgt irrelevant
Das Wissen darum ist nicht neu, trotzdem kommt die Erkenntnis oft plötzlich: Die in langen Jahren aufgebaute Autorität war nur auf Zeit, bis zur nächsten Wahl, gewährt worden. Sie war geliehen. Und nun?
Keine Talkshow-Einladung mehr, keine Anfrage des Frühstücksfernsehens, keine Gremien- und Kabinetts-Sitzungen. Auf relevant folgt irrelevant, jedenfalls in der Sphäre des Politischen.
Kameras und Mikrophone suggerieren Interesse. Sachkunde, Witz und Schlagfertigkeit mussten trainiert werden wie vieles andere auch: die Pointe im Minutenstatement, das gekonnte Ins-Wort-Fallen, das Überziehen durch Aufzählen diverser Aspekte eines Themas – „und damit komme ich zu meinem zweiten Punkt“.
Sie wirken wie aus einer anderen Zeit
Es gibt Politiker, die aus dieser Rolle nicht mehr herauskommen. Sie fordern Respekt und Anerkennung auch ohne Mandat. Sie halten Vorträge, die verhallen. Sie sagen Sätze, die wie aus einer Wahlkampfrede klingen. Sie wirken wie aus einer anderen Zeit.
Lindner, Buschmann, Habeck, Scholz – was sie ab jetzt machen, wird vielleicht ebensoviel über sie aussagen wie jene Zeit, die sie in ihren Ämtern waren. Schaffen sie den Absprung zurück in eine erfüllende Privatheit? Oder trauern sie dem Rampenlicht nach? Der Zeit in der Maske, kurz vor dem Auftritt? Den Schmeicheleien nach dem Auftritt?
Für diesen Prozess, in dem sie sich befinden, lautet das Motto: mit Anstand Abstand gewinnen. Das ist nicht leicht. Auch Nicht-Politikern fällt das Loslassen oft schwer. Wozu das alles, wenn das das Ende ist?
Politik ist brutal. Mitleid haben die, die jetzt gehen, nicht verdient. Sie wussten, was sie taten, als sie in die Politik gingen. Aber vielleicht gelingt es einer ansonsten oft erbarmungslosen Öffentlichkeit, ihnen gegenüber gnädig zu sein. Das wäre doch mal was.
Also dann: Tschüss, macht’s gut.
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