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Kassym-Jomart Tokajew, Präsident von Kasachstan

© dpa/XinHua/Kazakh presidential website

Update

Unruhen in Kasachstan: Präsident Tokajew erteilt Schießbefehl gegen Demonstranten

Kasachstans Präsident will die „bewaffneten Banditen eliminieren“. Die Bundesregierung ruft dringend zur Besonnenheit auf, Frankreich mahnt zur Deeskalation.

Nach schweren Unruhen hat der Präsident der autoritär geführten Republik Kasachstan, Kassym-Jomart Tokajew, einen Schießbefehl gegen militante Demonstranten erteilt. „Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen“, sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache.

Aus dem Ausland kämen Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise. „Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?“, so Tokajew.

Das Staatsoberhaupt erklärte, es hätten insgesamt 20.000 „Banditen“ die Millionenstadt Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes angegriffen, wo die Unruhen in den vergangenen Tagen besonders heftig waren. Er bezeichnete Demonstranten auch als „Terroristen“ und als aus dem Ausland gesteuert.

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Die Bundesregierung hat die jüngste Eskalation bei den Unruhen in Kasachstan verurteilt und alle Akteure dringend zur Besonnenheit aufgerufen. Die aktuelle Entwicklung und die Gewalt würden mit großer Sorge gesehen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. „Gewalt kann niemals eine angemessene Antwort sein. Das ist unsere Überzeugung“, sagte sie. „Wir fordern daher alle Beteiligten auf, zu deeskalieren und zu einer friedlichen Lösung der Situation zu gelangen.“

Das Auswärtige Amt erklärte, Berichten über eine Art von Schießbefehl in dem Land nachzugehen. „Aus Sicht der Bundesregierung ist sehr deutlich festzustellen, dass ein Einsatz von tödlicher Gewalt, von scharfer Munition gegen Zivilistinnen und Zivilisten, erst recht dann, wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen, immer nur ein allerletztes Mittel sein darf“, sagte ein Sprecher. Die kasachische Regierung und alle, die in Verantwortung stünden, trügen die Verantwortung für den Schutz der Zivilbevölkerung.

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Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte das Vorgehen des kasachischen Präsidenten scharf. "Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen", erklärte er am Freitag auf Twitter.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, wertete die Unruhen in Kasachstan als Hinweis auf die Schwäche Russlands. „Kasachstan ist ein Spiegelbild Russlands. Es ist gas- und ölfixiert und autoritär regiert. Die Stabilität wird erkauft durch Repression und Korruption“, sagte Schmid dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Russland nehme sich das Recht heraus, in innere Verhältnisse von Nachbarstaaten einzugreifen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) müsse sich dieses Falles annehmen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben zu einem Ende der Gewalt in Kasachstan aufgerufen. "Ich verfolge die Lage in Kasachstan mit großer Sorge", sagte von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag in Paris. "Ich rufe zum Ende der Gewalt und zur Zurückhaltung auf", fügte sie hinzu. Die Rechte und die Sicherheit der Einwohner seien zu schützen. "Die Europäische Union ist bereit zu helfen, wo sie kann", sagte von der Leyen. Macron mahnte ebenfalls zur "Deeskalation".

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Am Morgen hatte das Staatsfernsehen berichtet, dass bereits 26 Demonstranten getötet worden seien. Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben. Befürchtet wurde, dass es nun noch viele weitere zivile Todesopfer geben könnte. Offiziellen Angaben zufolge starben auch mindestens 18 Sicherheitskräfte. Derzeit ist es schwierig, Informationen unabhängig zu überprüfen. Immer wieder wird in Kasachstan das Internet abgestellt, die Grenze wurde für Ausländer geschlossen.

[Lesen Sie auch: „Proteste in Kasachstan: Warum das Regime Hilfe in Moskau sucht“ (T+)]

Auslöser der Unruhen in der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. Sie schlugen aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. Als Reaktion auf die Proteste entließ der jetzige Präsident Tokajew die gesamte Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand. Auf Bitten Kasachstans hatte Russland im Rahmen eines gemeinsamen Militärbündnisses Soldaten zur Unterstützung (OVKS) geschickt.

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"Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich auf meinen Anruf reagiert", sagte Tokajew in seiner Fernsehansprache am Freitag. Die Soldaten wurden nach Angaben der OVKS auf begrenzte Zeit nach Kasachstan geschickt, "um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren". Zur Zahl der entsandten Soldaten machte die OVKS zunächst keine Angaben.

Die chinesische Regierung stellt sich unterdessen hinter die russisch geführte Intervention in Kasachstan. „China unterstützt alle Bemühungen, den Behörden in Kasachstan zu helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag vor der Presse in Peking. Auch wende sich China entschieden gegen „ausländische Kräfte, die absichtlich soziale Unruhen erzeugen und zu Gewalt anstiften“. Mit der Stellungnahme stellte sich Chinas Außenamtssprecher stärker als zuvor auf eine Linie mit den Regierungen in Kasachstan und Russland. (dpa, AFP)

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