
© Imago/Morteza Nikoubazl
„Unser schärfstes Schwert gegen das Mullah-Regime“: Deutsche Politiker wollen Irans Revolutionsgarden auf EU-Terrorliste setzen
Sie unterdrücken das eigene Volk und verbreiten weltweit Terror. Dennoch stehen die Revolutionsgarden des iranischen Regimes noch nicht auf der Sanktionsliste der EU. Das soll sich nun ändern.
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Sie gelten als letzte Machtbasis des iranischen Regimes, sind verantwortlich für die brutale Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und für Terroranschläge in aller Welt.
Doch noch immer stehen die iranischen Revolutionsgarden nicht auf der Terrorliste der Europäischen Union. Geht es nach dem Willen deutscher Politiker, soll sich dies nun rasch ändern.
Die Rechtslage sei „völlig klar“, sagt Norbert Röttgen, Unionsfraktionsvize im Bundestag, dem Tagesspiegel. Eine Aufnahme der Organisation auf die EU-Terrorliste sei „aufgrund einer Vielzahl von versuchten und durchgeführten Anschlägen in Europa und in rechtsstaatlichen Drittstaaten möglich.“
Dem Außenpolitiker zufolge wäre die Listung neben dem sogenannten Snapback-Mechanismus, also der Rückkehr aller UN-Sanktionen gegen den Iran, „unser schärfstes Schwert gegen das Mullah-Regime“. Daher solle sich „Deutschland auf EU-Ebene für die Terrorlistung einsetzen – und zwar mit mehr Elan, als das in den letzten zwei Jahren der Fall war“.
USA gingen Schritt schon 2019
In seiner Begründung bezieht sich Röttgen explizit auch auf die Festnahme eines 53-Jährigen vor drei Wochen in Dänemark. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Mann vor, für den iranischen Geheimdienst jüdische Menschen und Einrichtungen in Deutschland ausspioniert zu haben. Im Ausland unterstehe der Geheimdienst typischerweise den Revolutionsgarden, so Röttgen.
Die Revolutionsgarden wurden 1979 von Ayatollah Khomeini gegründet und stellen neben der regulären Armee eine weitere Streitmacht Irans dar. Sie gelten im Vergleich zur eigentlichen Armee nicht nur als deutlich loyaler gegenüber den Mullahs, sondern haben laut Selbstverständnis auch die Aufgabe, die „Souveränität des Gesetzes Gottes auf die ganze Welt auszudehnen“.
Die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion ist klar und unmissverständlich: Die iranischen Revolutionsgarden gehören auf die EU-Terrorliste.
Adis Ahmetović, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag
Die USA haben die Revolutionsgarden bereits 2019 als terroristische Vereinigung eingestuft. Eine Aufnahme in die EU-Terrorliste wurde mehrfach diskutiert, zu einem dafür notwendigen einstimmigen Beschluss aller Mitgliedstaaten kam es bislang jedoch nicht.
Auch die SPD fordert deshalb nun einen neuen Anlauf. „Die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion ist klar und unmissverständlich: Die iranischen Revolutionsgarden gehören auf die EU-Terrorliste“, sagt Adis Ahmetović, außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. „Wer systematisch Menschenrechte verletzt, Regimegegner:innen verfolgt und Terror im In- und Ausland unterstützt, muss mit entschiedenen Konsequenzen rechnen.“
Vergangenen Monat gelang es der israelischen Luftwaffe, bei ihren Angriffen auf das iranische Regime und dessen Atomprogramm auch mehrere Führungsfiguren der Revolutionsgarden gezielt zu töten. Jedoch verfügt die Organisation weiterhin über geschätzte 200.000 aktive Kämpfer. Seit Ende der Kampfhandlungen gibt es Berichte über neuerliche Angriffe der Garden gegen die eigene Bevölkerung, unter anderem zur Bestrafung angeblicher Kollaborateure.
Der ehemalige EU-Außenbeauftragte hatte Bedenken
Zu den Kritikern einer Aufnahme auf die EU-Terrorliste gehörte lange Zeit Josep Borrell, der bis 2024 als EU-Außenbeauftragter fungierte. Borrell begründete seine Vorbehalte mit der Sorge, ein solcher Schritt könne die Wiederbelebung des Atomabkommens behindern. Andere Kritiker hatten rechtliche Bedenken.
Die iranischen Revolutionsgarden sind nicht nur das Rückgrat der brutalen Unterdrückung gegen die eigene Bevölkerung im Iran, sie tragen auch direkt dazu bei, Gewalt und Instabilität weit über die Region hinaus bis nach Europa und in unser Land zu tragen.
Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne)
An diese Schwierigkeiten erinnert Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Seine Partei habe aber „seit jeher darauf hingewirkt, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen.“ Die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock habe dieses Ziel „unermüdlich auf europäischer Ebene vorangetrieben und immer wieder aufs Tableau gebracht – selbst als die rechtlichen Hürden noch weitaus höher lagen.“
Insbesondere die Union habe jedoch, sagt Nouripour, in der öffentlichen Debatte „laut suggeriert, eine solche Einstufung ließe sich unkompliziert und einseitig in Berlin beschließen.“ Damit ist für den Grünen klar: „Wer das behauptet, steht nun in der Verantwortung, den eigenen Worten auch Taten folgen zu lassen.“
In der Bewertung der Organisation stimmt Omid Nouripour allerdings mit den Außenpolitikern der jetzigen koalitionstragenden Fraktionen überein: „Die iranischen Revolutionsgarden sind nicht nur das Rückgrat der brutalen Unterdrückung gegen die eigene Bevölkerung im Iran, sie tragen auch direkt dazu bei, Gewalt und Instabilität weit über die Region hinaus bis nach Europa und in unser Land zu tragen.“
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