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Mann in Handschellen.

© dpa/Christoph Reichwein

Update

Entwarnung für Weihnachtsmärkte in Bayern: Mutmaßlicher IS-Anhänger aus dem Irak in Abschiebehaft

Der in Bayern festgesetzte Asylbewerber aus dem Irak ist Sympathisant des„Islamischen Staat“, wie Innenminister Herrmann bestätigte. Konkrete Anschlagspläne habe es nicht gegeben.

Stand:

Der Mann gilt als Gefährder: In Augsburg ist ein Mann verhaftet worden, der Anhänger der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sein soll. Einsatzkräfte hätten einen 37-jährigen Mann festgenommen, gegen den ein „Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg zur Sicherung der Abschiebung vorlag“, teilte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur AFP am Freitag mit. Der Zugriff erfolgte bereits am Mittwoch.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München steht der Mann (oben Symbolbild) schon länger im Fokus der Sicherheitsbehörden, teilte ein Sprecher einem Bericht der Agentur dpa zufolge mit. Gegen den 37-jährigen Mann liefen Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Terrorismusfinanzierung. Zudem werde der Iraker der Verbreitung von gewaltverherrlichenden IS-Propagandavideos verdächtigt.

Der Agentur KNA teilte die Behörde mit: „Nach derzeitigen Erkenntnissen liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor, dass für die Bevölkerung eine unmittelbar bevorstehende Gefahr bestand.“

Das Verfahren liegt demnach bei der bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), die bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft angesiedelt ist. Der Mann befindet sich in Abschiebehaft.

Es gab und gibt derzeit laut unseren Sicherheitsbehörden aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne oder auf konkrete Gefährdungen für Christkindlmärkte in Bayern.

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister (CSU)

Zuvor hatte die „Welt“ berichtet, dass der Mann möglicherweise einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt der Stadt geplant habe. Aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden verlautete dem Bericht zufolge, dass der Mann aus dem Irak im Zuge einer mutmaßlichen Ausspähaktion Fotos vom „Christkindlesmarkt“ gemacht hatte. Ali Al-G. sei in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber verhaftet worden.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gab allerdings mit Blick auf die Weihnachtsmärkte Entwarnung. „Es handelt sich nach Informationen der Sicherheitsbehörden um einen Sympathisanten des ,Islamischen Staates’ und dessen Propaganda“, sagte der CSU-Politiker. „Es gab und gibt derzeit laut unseren Sicherheitsbehörden aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne oder auf konkrete Gefährdungen für Christkindlmärkte in Bayern.“

„Dank der konsequenten Arbeit vor allem des Polizeipräsidiums Schwaben Nord und der für den Fall zuständigen Ausländerbehörden ist sichergestellt, dass der Iraker für uns keine Gefahr mehr darstellen kann“, erklärte Herrmann.

Es gebe „keinen Grund, aus Sicherheitssorgen auf einen Christkindlmarktbesuch zu verzichten“, so Herrmann. Details zu den Vorwürfen gegen den Mann nannte der Minister nicht.

Herrmann erklärte, die Festnahme zeige, wie sensibel jedem Hinweis auf mögliche Gefährder nachgegangen werde. „Seit Oktober dieses Jahres hatten unsere Sicherheitsbehörden den Iraker auf dem Schirm, unter anderem aufgrund von Hinweisen über Beiträge auf Social Media.“ Mit der Festnahme sei nun sichergestellt, „dass der Iraker für uns keine Gefahr mehr darstellen kann“.

In dem Zeitungsbericht heißt es, der Hinweis über die Internetaktivitäten des Mannes sei von einem ausländischen Nachrichtendienst gekommen. Ali Al-G. stand demnach im Kontakt mit IS-Mitgliedern, verherrlichte den Dschihad und postete Videos von Hinrichtungen sowie Selbstmordattentaten, bei denen mit Sprengstoff ausgerüstete Fahrzeuge als tödliche Waffe eingesetzt wurden.

Ein solches Szenario fürchteten die Behörden demnach wegen der mutmaßlichen Ausspähaktion offenbar auch für den Christkindlesmarkt. Ali Al-G. habe auch in Chats darüber gesprochen, mit einem Auto über einen Weihnachtsmarkt zu fahren. Er war nach dpa-Informationen zwischenzeitlich im Augsburger Bezirkskrankenhaus in psychiatrischer Behandlung. Zuvor hatte die „Augsburger Allgemeine“ darüber berichtet.

Nach Informationen der „Welt“ kam Ali Al-G. Anfang 2023 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Die Zentralstelle Ausländerextremismus des bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen ermöglichte dem Bericht zufolge nach Angaben aus Behördenkreisen eine Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes.

Ein Ausländer könne nach dieser nur selten genutzten Vorschrift unmittelbar in sein Herkunftsland zurückgeführt werden, „auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr“.

Wir haben in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg von islamistischen Anschlägen oder Anschlagsversuchen durch Einzeltäter feststellen müssen.

Jens Rommel, Generalbundesanwalt

Die Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland wird von den Behörden als anhaltend hoch eingestuft. Die Gefährdungslage ist nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums und des Bundeskriminalamts (BKA) seit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der dadurch ausgelösten Eskalation im Nahen Osten jüngst noch einmal gestiegen.

In Deutschland sind nach Angaben der Behörden bislang 24 islamistisch motivierte Anschläge verhindert worden. Das berichteten das Bundesinnenministerium in Berlin und das BKA in Wiesbaden am 11. November.

Nach Angaben des BKA gab es in Deutschland bisher 13 vollendete islamistische Anschläge mit insgesamt mehr als 20 Toten und rund 120 Verletzten. Der erste ereignete sich 2011, der schwerste war der Lastwagenanschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt 2016 mit 13 Toten. Der jüngste Anschlag war die Messerattacke auf einem Stadtfest in Solingen mit drei Toten im August.

Generalbundesanwalt Jens Rommel warnte erst am Mittwochabend vor einer erhöhten Gefahr durch islamistische Anschläge in Deutschland. Das Thema sei auch in der „friedlichen Stimmung“ der Adventszeit hochaktuell, sagte Rommel beim 19. Karlsruher Verfassungsdialog der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

In Deutschland seien weitere größere Anschläge verhindert worden, sagte Rommel weiter. Die Gefahrenlage habe sich jedoch nicht verbessert. „Wir haben in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg von islamistischen Anschlägen oder Anschlagsversuchen durch Einzeltäter feststellen müssen“, sagte der Generalbundesanwalt. (lem)

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