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Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der FDP.

© dpa/Michael Kappeler

Vor den Gesprächen des Kanzlers in China: „Ich finde den Zeitpunkt dieser Reise äußerst unglücklich“

Die Kritik an Scholz’ bevorstehendem Trip nach Peking reißt nicht ab. Jetzt meldet sich FDP-Generalsekretär Djir-Sarai zu Wort.

Vor der China-Reise des Bundeskanzlers am Ende dieser Woche erhöhen die Ampel-Partner von Grünen und FDP noch einmal den Druck auf Olaf Scholz (SPD). „Ich finde den Zeitpunkt dieser Reise äußerst unglücklich“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag den TV-Sendern RTL/ntv. Djir-Sarai kritisierte, dass Deutschland die Fehler, die in der Russlandpolitik gemacht wurden, nicht mehr wiederholen dürfe.

Djir-Sarai ist nicht der erste Vertreter in der Ampel-Koalition, der vor der China-Reise des Kanzlers Bedenken anmeldet. Am kommenden Freitag ist in Peking zunächst ein Gespräch zwischen Scholz und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping geplant.

Scholz ist der erste Vertreter des Westens, der seit Beginn der Corona-Pandemie nach China reist – und zwar zwei Wochen nach dem Nationalen Volkskongress in Peking, bei dem Xi seinen autoritären Kurs zementierte. So hatte auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Lechte, gefordert, dass Scholz bei seinem Antrittsbesuch in Peking eine „deutlich härtere Gangart gegenüber China“ einschlagen müsse.

Vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte darauf gedrungen, dass die Beteiligung des chinesischen Reeders Cosco geringer ausfällt.
Vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte darauf gedrungen, dass die Beteiligung des chinesischen Reeders Cosco geringer ausfällt.

© Foto: dpa/Jörg Carstensen

Lechte hatte sich dabei auf die umstrittene Kabinettsentscheidung bezogen, die der chinesischen Reederei Cosco eine Minderheitsbeteiligung in einer Terminal-Betreibergesellschaft im Hamburger Hafen erlaubt. Mehrere Ministerien, an erster Stelle das Bundeswirtschaftsministerium, hatten darauf gedrungen, dass die Beteiligung des Staatskonzern unterhalb der 25-Prozent-Marke liegt.

Dabei wirkt der Streit um Cosco innerhalb der Ampel-Koalition immer noch nach. Angesichts des von Scholz befürworteten Erwerbs von Anteilen durch die chinesische Staatsreederei sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der ARD, es gelte, aus den Fehlern der Russland-Politik zu lernen. Deutschland dürfe sich „nie wieder von einem Land so abhängig machen, das unsere Werte nicht teilt“.

 Wir brauchen eine Partnerschaft in Klimafragen, faire Bedingungen beim wirtschaftlichen Wettbewerb, reziproke Marktzugänge

 Franziska Brantner (Grüne)

Ob der Kanzler bei seinem China-Besuch aus der Sicht von FDP und Grünen ein tragfähiges Ergebnis vorweisen kann, dürfte unter anderem auch davon abhängen, ob er die Führung in Peking auf die so genannte Reziprozität verpflichten kann. Dieses Prinzip der Gegenseitigkeit bedeutet, nicht nur chinesischen Staatsfirmen wie Cosco hierzulande Beteiligungen zu gewähren, sondern auch umgekehrt auf vergleichbaren Marktzugängen für deutsche Firmen in China zu bestehen.

„Wir brauchen eine Partnerschaft in Klimafragen, faire Bedingungen beim wirtschaftlichen Wettbewerb, reziproke Marktzugänge sowie den Schutz unserer kritischen Infrastruktur und geringere Abhängigkeiten, um in der Rivalität um das überlegene gesellschaftliche Modell den Wert der Freiheit unter Beweis zu stellen und zu schützen“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), dem Tagesspiegel.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm findet, dass es nicht bei der Abhängigkeit von China bei den Rohstoffen bleiben kann.
BDI-Präsident Siegfried Russwurm findet, dass es nicht bei der Abhängigkeit von China bei den Rohstoffen bleiben kann.

© Foto: dpa/Britta Pedersen

Nach der Einschätzung des Industrieverbandes BDI können sich die EU und ihre Unternehmen nicht auf den Goodwill autokratischer Staatenlenker verlassen. „Die Abhängigkeit von vielen mineralischen Rohstoffen aus China ist beispielsweise bereits heute größer als bei Erdöl und Erdgas aus Russland“, heißt es in einem Grundsatzpapier des BDI.

Im Gegensatz zu Öl und Gas gebe es bei mineralischen Rohstoffen jedoch keine nationalen strategischen Reserven. Nach den Worten von BDI-Präsident Siegfried Russwurm „muss die europäische Industrie ihre Abhängigkeiten reduzieren, um als Standort global wettbewerbsfähig zu bleiben“.

Derweil werden von der Opposition im Bundestag die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) in allgemeiner Form angekündigten Änderungen des Außenwirtschaftsrechts, mit denen der Einfluss Chinas zurückgedrängt werden soll, begrüßt. „Die Außenwirtschaftsverordnung kann offenkundig nicht mehr alle Aspekte der Globalisierung und der Systemkonkurrenz abdecken, sie gehört reformiert“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, dem Tagesspiegel. An der Reform werde die CDU/CSU gerne mitwirken, kündigte er an.

Entscheidender sei aber eine europäische Abstimmung zur kritischen Infrastruktur sowie „ein kohärentes, unter den westlichen Partnern abgestimmtes Handeln der Bundesregierung gegenüber China“, fügte Hardt hinzu.

Der CDU-Politiker kritisierte, dass die China-Reise des Kanzlers „offensichtlich schlecht vorbereitet“ sei. „Man gewinnt den Eindruck, dass jeder maßgebliche Politiker der Ampel-Parteien gegenüber China eine jeweils eigene Position vertritt“, sagte er. „Die Ampel-Koalition ist erneut bei einer wichtigen Frage uneins und führungslos“, so Hardt.

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