
© dpa/Philipp von Ditfurth
Asyl-Schnellverfahren in Grenznähe: Diesen Plan legte Nancy Faeser beim Migrationsgipfel vor
Eine nationale Notlage ausrufen, um Geflüchtete an den Grenzen zurückzuweisen, wie der CDU-Chef fordert? Rechtlich nicht machbar, heißt es aus dem Innenministerium. Dort setzt man auf einen anderen Plan.
Kurz vor dem Treffen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Vertretern der Ampel-Parteien, der Opposition und der Länder gibt es nach Informationen des Tagesspiegels einen konkreten Vorschlag des Innenministeriums an die Union: Geflüchtete, die an der Grenze Asyl beantragen, sollen in Grenznähe untergebracht und ihr Asylgesuch mit einem Schnellverfahren geprüft werden.
CDU-Chef Friedrich Merz hat als Bedingung für die Unterstützung der Union bei der Migrationspolitik der Bundesregierung eine „umfassende“ Zurückweisung von Geflüchteten an den deutschen Außengrenzen gefordert. Da dies europarechtlich nur schwer umzusetzen ist, drang er auf die Ausrufung einer nationalen Notlage.
Faeser kündigte am Montag bundesweite Grenzkontrollen für die kommenden sechs Monate an. Zudem sagte sie, in ihrem Ministerium habe man den Vorschlag der Union geprüft. Ihr Haus habe zudem einen rechtssicheren Weg gefunden, um mehr Geflüchtete zurückzuweisen. Details dazu nannte Faeser jedoch explizit nicht, sie wolle erst vertrauliche Gespräche mit der Union und den Ländern führen.
Nach der Prüfung des Bundesinnenministeriums ist klar, dass die Vorschläge von Friedrich Merz europarechtskonform eindeutig nicht machbar sind.
Eine nationale Notlage werde es nicht geben, heißt es aus grünen Regierungskreisen.
Doch kurz vor den Gesprächen am Nachmittag im Innenministerium zeichnet sich ab, mit welchem Angebot Faeser in die Gespräche gehen will. „Nach der Prüfung des Bundesinnenministeriums ist klar, dass die Vorschläge von Friedrich Merz europarechtskonform eindeutig nicht machbar sind“, hieß es aus grünen Regierungskreisen. Weitere Quellen bestätigten dem Tagesspiegel diese Darstellung.
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Da die Abweisung von Asylsuchenden rechtlich nicht möglich ist, hat das Bundesinnenministerium offenbar einen anderen Plan erarbeitet. Äußern Geflüchtete künftig an der deutschen Grenze ein Asylgesuch, soll die Bundespolizei im Schnellverfahren prüfen, ob die Person bereits in einem anderen EU-Staat eingereist war.
Nach dem Dublin-Verfahren wäre dieser Staat dann für das Verfahren zuständig. Für die Dauer der Prüfung sollen die Geflüchteten in Grenznähe in Haft genommen werden. Zuständige Gerichte sollen die Haft mit Verweis auf Fluchtgefahr beziehungsweise zur Sicherstellung der Verfahren verhängen. Alternativ soll eine feste Zuwesiung und Wohnsitzauflage für die Geflüchteten verhängt werden.
„Hier ist ein schnelles Handeln der Justiz der Länder erforderlich“, heißt es in einem Papier aus dem Bundesinnenministerium. Wer nach dieser Schnellprüfung kein Recht für einen Aufenthalt in Deutschland habe, solle dann zeitnah rückgeführt werden.
„Scheinantworten helfen nicht“, hieß es aus grünen Regierungskreisen. Und weiter: „Wir haben klargemacht, dass es dafür sinnvoll ist, Teile der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vorzuziehen.“
Tatsächlich erinnert die Idee aus dem Innenministerium an die GEAS-Reform der EU-Staaten. Sie haben im Frühsommer beschlossen, Asylverfahren künftig schon an den EU-Außengrenzen durchzuführen und dann die Geflüchteten auf ganz Europa zu verteilen. Da GEAS jedoch noch nicht von den 27 Nationalstaaten ratifiziert ist, gilt die Regelung noch nicht. Der Vorschlag aus dem Innenministerium wäre eine Art GEAS in klein.
Fraglich ist, ob sich die Union auf diesen neuen Vorschlag einlässt. Erst am Dienstagmorgen bestätigten die beiden Parteien ihre Teilnahme an den Gesprächen. „Wir werden uns auf eine Relativierung oder auf eine eingeschränkte Methodik der Zurückweisung nicht einlassen“, erklärte Merz am Montag.
Mit dem neuen Vorschlag will die Ampel den CDU-Vorsitzenden offenbar unter Druck setzen. Lässt sich die Union darauf ein, kann sie nicht länger die Bundesregierung für ihren Migrationskurs kritisieren. Lehnt sie den Vorschlag ab, würde Merz als populistischer Bremsklotz dastehen – so zumindest das Kalkül der Ampel.
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