Vorratsdatenspeicherung und Abschiebungen: Länder machen bei der Terrorbekämpfung Druck auf Bundesregierung
Drei Landesregierungen machen mit Bundesratsinitiativen Druck auf die Bundesregierung. Zwischen SPD und FDP war es zu einem Patt bei der Speicherung von IP-Adressen gekommen.
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Nachdem es im Bund keine Bewegung mehr gab beim Thema Vorratsdatenspeicherung, machen die Bundesländer jetzt Druck. In der nächsten Sitzung des Bundesrats am Freitag wird zum einen über einen Gesetzentwurf aus Hessen zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen für die Bekämpfung schwerer Kriminalität abgestimmt. Durch eindeutig zugewiesene IP-Adressen werden Geräte wie Smartphones oder Computer im Internet adressierbar und damit erreichbar.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) schlägt vor, diese Adressen für den Zeitraum von einem Monat zu speichern. Das Vorhaben sei mit Europarecht vereinbar. Der CDU-Politiker sagte dem Tagesspiegel: „Ohne eine zeitlich begrenzte, anlasslose Speicherung von IP-Adressen hängt ein Ermittlungserfolg unter anderem bei Kinderpornografie und Kindesmissbrauch vom Zufall ab. Den Schutz unserer Kinder dürfen wir aber niemals dem Zufall überlassen.“
Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Oktober 2022 wurden nach Auskunft der hessischen Staatskanzlei 29.500 Fälle eingestellt, weil es ohne IP-Adressspeicherung keinen Ermittlungsansatz gegeben habe. Ende April dieses Jahres hatte sich der Europäische Gerichtshof erneut mit dem Thema beschäftigt und war von seiner bisher sehr restriktiven Haltung zur Vorratsdatenspeicherung abgerückt. Die vorbeugende Speicherung von IP-Adressen soll demnach zur Verfolgung jeglicher Art von Straftaten gestattet werden, für einen angemessenen Zeitraum.

© dpa/Arne Dedert
Nach Informationen von Tagesspiegel ist das Abstimmungsverhalten im Bundesrat für den hessischen Vorschlag noch nicht eindeutig. Erhält der Gesetzentwurf 35 Stimmen, wird er dem Bundestag zugeleitet, der dann ebenfalls darüber abstimmen muss.
Bei schweren Straftaten müssen wir die Anonymität des Internets knacken.
Benjamin Limbach (Justizminister NRW)
Weitere Vorstöße kommen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) und Schleswig-Holstein. Die beiden CDU-geführten Bundesländer wollen gemeinsam zwei neue Bundesratsinitiativen einbringen. Unter anderem fordert die Landesregierung laut Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) Rechtsgrundlagen für die Speicherung von IP-Adressen: „Bei schweren Straftaten müssen wir die Anonymität des Internets knacken. Dazu brauchen wir die IP-Adressen und für ihre Speicherung eine wirksame Rechtsgrundlage.“
In dem Papier ist keine Frist für die Speicherung der Daten vorgesehen. Angedacht seien jedoch etwa zwei Wochen, heißt es. Dies sei von entscheidender Bedeutung zur Verfolgung von Straftaten, die über das Internet, Messengerdienste oder Soziale Medien geplant würden, sagte er. Außerdem sehe der nordrhein-westfälische Vorschlag Erleichterungen bei der Funkzellenabfrage und der Verkehrsdatenspeicherung vor.
Die CDU-geführten Länder fordern zudem von der Ampelkoalition, die Voraussetzungen für die Abschiebung ausreisepflichtiger Migranten zu verbessern. Dazu solle die Bundesregierung unter anderem einen Gesetzentwurf für beschleunigte Asylverfahren für Herkunftsstaaten mit einer Anerkennungsquote von unter fünf Prozent vorlegen, sagte die für Flucht und Integration zuständige Ministerin aus NRW, Josefine Paul (Grüne).
Am Freitag wird sich der Bundesrat erstmals mit diesen Vorschlägen befassen. Eine Abstimmung ist noch nicht geplant, sondern die Texte werden in den Ausschüssen weiter bearbeitet. Die Bundesregierung war bei der Vorratsdatenspeicherung zu einem Patt gekommen, da Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Speicherung befürwortet und damit ihre Sicherheitsbehörden besser aufstellen will.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bevorzugt hingegen das Quick-Freeze-Verfahren. Aus Regierungskreisen hieß es zuletzt, dass man in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit einer Einigung rechne. Nun treiben die Bundesländer die Ampelregierung an.
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