
© Imago/Jacob Schräter
Thüringens kurzzeitiger Skandal-Ministerpräsident: Thomas Kemmerich tritt wegen inhaltlicher Differenzen aus der FDP aus
Der heute 60-Jährige wurde 2020 mithilfe der AfD im Freistaat gewählt. Seither galt das Verhältnis zu seiner Partei als schwierig. Nach knapp 20 Jahren verlässt Kemmerich nun die Liberalen.
Stand:
Botschaft an den Parteichef: Thüringens Ex-Kurzzeitministerpräsident Thomas Kemmerich verlässt die FDP. Er sei zu der Überzeugung gelangt, „dass sich meine Vorstellungen von der Zukunft unseres Landes und die inhaltliche Ausrichtung der Partei auseinanderentwickelt haben“, schreibt der 60-Jährige in einer Austrittserklärung an den FDP-Vorsitzenden Christian Dürr, die Kemmerich bei X verbreitete.
Kemmerich bestätigte der Agentur dpa die Echtheit des Dokuments, wollte sich aber demnach zunächst nicht weiter zu seinem Schritt äußern. Kemmerich hatte noch Anfang April seine Kandidatur um den FDP-Vorsitz ins Spiel gebracht. Die FDP ist derzeit nicht im Bundestag vertreten und würde Umfragen wie dem Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel zufolge auch aktuell an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
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Kemmerich erlangte bundesweite Bekanntheit, als er am 5. Februar 2020 überraschend mit Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde. Bei der Wahl hatten AfD-Stimmen den Ausschlag gegeben. Kemmerich nahm die Wahl an, konnte aber keine Regierung bilden und ernannte keine Minister.
Kemmerich mit Kontakten zu früherer AfD-Chefin Petry
Thüringen stürzte damals in eine tiefe Regierungskrise, bei der sich schließlich auch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel einschaltete. Das Ergebnis müsse „wieder rückgängig gemacht werden“, sagte die CDU-Politikerin damals und bezeichnete die Wahl als „unverzeihlich“.
Damit verletzte die damalige Kanzlerin ihre Neutralitätspflicht, entschied das Bundesverfassungsgericht nach einer AfD-Klage im Juni 2022. Merkel habe gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien verstoßen, befanden die Richter.
Nach bundesweiten Protesten und innerparteilichem Druck trat Kemmerich zurück. Seither galt seine Beziehung zur Bundes-FDP als belastet.
Die Thüringer AfD mit ihrem Landesvorsitzenden Björn Höcke gilt als besonders radikal in der rechtspopulistischen Partei und wurde ein Jahr nach der Wahl vom dortigen Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextrem“ eingestuft.

© dpa/Bodo Schackow
In der zweiten Juli-Hälfe noch hatte Kemmerich Spekulationen über einen möglichen Parteiaustritt zurückgewiesen. Dies berichtete der MDR Thüringen. Er sagte dem Sender, dass er der FDP weiter angehöre und nicht plane, sich dem „Team Freiheit“ der früheren AfD-Chefin Frauke Petry anzuschließen.
Kemmerich erwog Kandidatur um FDP-Vorsitz
Hintergrund war ein Treffen des Verbands „Unternehmer für Freiheit“ auf Schloss Ettersburg, bei dem auch Petry zu Gast war. Kemmerich ist Präsident des Unternehmerverbandes. Nach dem Treffen veröffentlichte Petry Fotos und Videos, auf denen sie gemeinsam mit Kemmerich zu sehen ist.
Das hatte in der FDP und in den Medien Spekulationen ausgelöst, wonach sich Kemmerich und andere dem „Team Freiheit“ anschließen könnten. Petry hatte vor zwei Monaten angekündigt, dass sie plane, eine neue Partei zu gründen. Vorbereitend habe sie den Verein „Team Freiheit“ gegründet, hieß es.
Anfang April hatte sich Kemmerich noch offen gezeigt für eine Kandidatur als Bundeschef der Liberalen. „Ich schließe eine Kandidatur um den FDP-Vorsitz nicht aus“, sagte Kemmerich damals dem Nachrichtenportal „The Pioneer“.
Sollte der ehemalige Bundestagsfraktionschef Dürr aber „ein überzeugendes Konzept in Inhalt und Personen“ vorstellen, „dann stehe ich hinter ihm“, fügte Kemmerich vor der Wahl des neuen Parteichefs hinzu.
„Wenn ich dieses Konzept nicht sehe, dann schließe ich nicht aus, meinen Hut in den Ring zu werfen.“ Die FDP müsse sich „von linksliberalen grünen Überzeugungen abwenden“, sagte Kemmerich damals weiter.
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