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Weiterer Anstieg der Beiträge?: Krankenkassen soll 2027 Defizit von zwölf Milliarden Euro drohen
Schon zum Jahreswechsel drohen den gesetzlich Versicherten höhere Kosten. Einem Medienbericht zufolge wird das Finanzloch im Sozialsystem danach noch größer – mit Konsequenzen für die Bürger.
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Die Sicherung der Sozialsysteme wird von der schwarz-roten Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) immer wieder als eines ihrer großen Themen propagiert. Bei der Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge fordert Gesundheitsministerin Nina Warken mehr Tempo.
Dass die dafür eingerichtete Expertenkommission – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – bis zum Jahr 2027 Vorschläge erarbeiten soll, geht der CDU-Politikerin nicht schnell genug. „Das ist zu spät“, mahnte die Ministerin gerade. „Wir brauchen schon deutlich früher Ergebnisse.“
Und bisher öffentlich nicht bekannte Zahlen scheinen dies zu untermauern. Einem Medienbericht zufolge wächst die Finanzierungslücke bei den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) schneller als bekannt.
Anstieg der Krankenkassenbeiträge auf 18,3 Prozent?
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) will der GKV mit ihren rund 74,3 Millionen Versicherten für das Haushaltsjahr 2026 zwar ein Darlehen über 2,3 Milliarden Euro gewähren. Dennoch werden rund vier Milliarden Euro fehlen. Wie die „Bild“ am Sonntag unter Prognosen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) berichtet, soll das Loch nur ein Jahr später noch deutlich größer werden. 2027 sollen demnach dann zwölf Milliarden Euro fehlen.
Dem Bericht zufolge soll die Prognose der enormen Summe schon in den Koalitionsverhandlungen thematisiert worden sein. Das BMG wolle die Zahl weder bestätigen noch dementieren, so das Blatt. Ohne einschneidende Reformen dürften die Beiträge der Versicherten in diesem Fall drastisch steigen.
Wie es in dem Bericht heißt, müssten die Beiträge dann 2027 um mindestens 0,6 Prozentpunkte klettern. Bei einem Bruttoverdienst von 4000 Euro brutto würde die Krankenversicherung 144 Euro im Jahr teurer, der Beitrag würde bei 18,3 Prozent liegen.
In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung drohen bereits zum Jahreswechsel 2026 ein Beitragsanstieg um jeweils 0,2 Beitragspunkte. Dann wären für Arbeitnehmer und Arbeitgeber statt aktuell 17,5 Prozent 17,7 Prozent des Bruttolohns für die Kassen fällig.
Die Frage ist, wie Milliarden eingespart und erzielt werden können. Angesichts der schwierigen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen plädierte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf vor Kurzem für höhere Beiträge für Gutverdiener.
„Wir haben in der Krankenversicherung immer wieder die Diskussion über Beitragsbemessungsgrenzen, wo noch deutlich mehr drin ist“, sagte Klüssendorf der „Bild am Sonntag“. Er verwies auf sein eigenes Gehalt: „Da zahle ich den Maximalbeitrag und wäre in der Lage, auch mehr zu zahlen.“ Klüssendorf denkt über eine Heraufsetzung Richtung 8000 Euro nach.
Die CDU lehnte die Vorschläge aber umgehend ab. „Das ist nicht gedeckt im Koalitionsvertrag“, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann. Eigene Vorschläge aus der Union gibt es öffentlich bisher nicht.
2027 tritt dann ein Jojo-Effekt ein, mit deutlichen Belastungen für Versicherte und Arbeitgeber.
Andreas Storm, Chef der Krankenkasse DAK
Aktuell liegt die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung bei 5512 Euro im Monat, in der Rentenversicherung sind es 8050 Euro. Bis zu dieser Bruttolohngrenze müssen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, darüber liegende Einkommen sind beitragsfrei.
Der Chef der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, hatte die Entscheidung der schwarz-roten Koalition, die Kranken- und Pflegeversicherung nur vorübergehend mit Darlehen zu stützen, scharf kritisiert. „Der Haushaltsentwurf für das Bundesgesundheitsministerium ist ein Desaster“, sagte Storm dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vor gut zwei Wochen. „Mit diesem Etat kann die Beitragsspirale nicht gestoppt werden.“
Die geplanten Darlehen für die gesetzliche Krankenversicherung seien nur ein Strohfeuer, die den Beitragsanstieg lediglich 2026 dämpfen würden. „2027 tritt dann ein Jojo-Effekt ein, mit deutlichen Belastungen für Versicherte und Arbeitgeber“, sagte Storm. (lem)
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