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Autos und Lkw zwischen fahren zwischen Patsch und Schönberg am Brenner (Autobahn A13) über die Europabrücke.

© Sven Hoppe/dpa

Strengere Asylpolitik: Wenn Österreich seine Südgrenzen dichtmacht, wird die Reise an die Adria länger dauern

Achsbruch im Alpenland - vom Bündnis "der Willigen" zu einem Land, das die Folgen des deutschen Drei-Punkte-Plans tragen müsste, ohne sie genau zu kennen.

Was für ein herrlicher Tag! Bei strahlendem Frühsommerwetter entstiegen Ministerpräsident Markus Söder und sein Gefolge vergangenen Mittwoch in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz schwarzen Limousinen. Vor dem Landhaus war brav die österreichische Bundesregierung zur Freundschaftsbezeugung angetreten. „Die größte Delegation aus Österreich, die jemals in Linz war, erwartete die Bayern mit offenem Herzen“, ätzte die weitverbreitete Gratiszeitung „Heute“, „Kanzler Kurz und Ministerpräsident Söder gingen aufeinander zu, als hätten beide gerade die Matura mit Auszeichnung bestanden“. Und worauf verständigten sie sich? Natürlich auf eine strengere Asylpolitik.

Die hat Österreich nun bekommen und ist seither aus dem Häuschen.

Das Treiben in Deutschland wurde verständnislos verfolgt

Viele in Wien hatten in den vergangenen zwei Wochen das absurde Treiben in Berlin und München sowie die Mitwirkung des österreichischen Kanzlers als Kleindarsteller eher verständnislos mitverfolgt. Da besuchte Sebastian Kurz Angela Merkel, um gleich darauf deren Widersacher Horst Seehofer zu einem trauten Plausch zu treffen. So harmonisch verlief dieser, dass es vonseiten der CSU tags darauf hieß, man werde zur Wahlkampf-Abschlusskundgebung Sebastian Kurz und nicht Angela Merkel einladen. Freudig erregt fantasierte der österreichische Kanzler von eine „Achse Berlin – Wien –Rom“ in Sachen Asyl. Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) weilte zu dieser Stunde bereits in der italienischen Hauptstadt und postete stolz Selfies von den Gesprächen mit dem dortigen Scharfmacher, Innenminister Matteo Salvini.

Österreich wird der Hauptleidtragende sein

Was versprachen sich Kurz und seine Regierung von alldem, fragten die Skeptiker, Österreich werde eindeutig der Hauptleidtragende sein, wenn Horst Seehofer seine Pläne verwirklicht, das zeige schon ein flüchtiger Blick in den Schulatlas. Der junge Kanzler wiegelte ab: „Wir befinden und in ständigem und engem Kontakt mit dem deutschen Innenminister“, offenbarte Kurz noch am Samstag der „Bild“-Zeitung.

Dennoch erwischte der zwischen Merkel und Seehofer vereinbarte Drei- Punkte-Plan die Regierung in Wien zwei Tage später auf dem falschen Fuß.

Der Pakt ist freilich auch eine grobe Missachtung des Parteifreundes in Wien. Obwohl in zwei der drei Punkte von der „deutsch-österreichischen Grenze“ die Rede ist, an der Flüchtlinge, die sonst niemand nimmt, „aufgrund einer Vereinbarung mit der Republik Österreich“ zurück geschickt werden sollen, hat mit den Österreichern niemand gesprochen.

An der italienisch-französischen Grenze staut es sich schon

Die erwähnte Vereinbarung gibt es nicht und er könne sich „nur sehr schwer vorstellen“, dass es sie geben werde, murrte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vergangenen Dienstag.

Klar ist: Sollte Deutschland Ernst machen, wird Österreich seine Grenzen im Süden hochfahren, etwa am Brenner und in Arnoldstein. Das werde „natürlich Auswirkungen auf den Verkehr“ haben, glaubt Verkehrsminister Norbert Hofer.

Wie es bald am Brenner aussehen könnte, lässt sich an der italienisch-französischen Grenze in Ventimiglia studieren: Seit Frankreich am dortigen Grenzübergang kontrolliert, gibt es täglich Staus über viele Kilometer.

Markiges Manöver soll Ernstfall simulieren

An der Grenze zu Slowenien hat Österreichs Polizei bereits in der Vorwoche ein markiges Manöver durchgeführt. Polizeischüler mimten aus Schulungszwecken rabiate Flüchtlinge, die nach Österreich stürmen wollen. Am Dienstag protestierte Slowenien vorsorglich gegen mögliche Grenzkontrollen: Man könne die Schengen-Außengrenze mit Kroatien durchaus sichern.

Am heutigen Donnerstag will Horst Seehofer seinem „Achsenpartner“ Sebastian Kurz in Wien nun erklären, was er wirklich vorhat.

Herbert Lackner

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