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Bundeswehrsoldaten nehmen zum Abschluss an der Nato-Übung Quadriga 2024 teil.

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Update

„Das ist völliger Irrsinn“: Widerstand gegen Trumps Forderung für höhere Verteidigungsetats der Nato-Staaten

Statt zwei Prozent sollen die Bündnispartner fünf Prozent des BIP investieren, so der designierte US-Präsident. Deutsche Politiker reagieren empört. Merz sagt, entscheidend sei der Bedarf.

Stand:

Deutlicher Protest aus Deutschlands gegen einen neuen Vorstoß aus Washington: Mehrere Politiker weisen die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, dass Nato-Mitgliedsstaaten mindestens fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren sollten, scharf zurück.

Strack-Zimmermann: „Von Trump nicht kirre machen lassen“

FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hält höhere Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten zwar für notwendig – aber die Forderung für überzogen. „Wir sollten uns jetzt nicht von jeder Aussage von Trump kirre machen lassen. Wir sind hier nämlich nicht auf einem Basar“, sagte die Europaabgeordnete dem RND. Die USA erwarteten aber zu Recht, dass die Nato-Mitglieder mehr Geld für ihre Landes- und gemeinsame Bündnisverteidigung in die Hand nähmen.

„Trump, der sich als Dealmaker versteht, erhofft sich natürlich auch, dass der erhöhte finanzielle Einsatz der europäischen Partner vor allem und besonders der US-Industrie zugutekommt. Aber bitte nicht aus der hohlen Hand heraus und Pi mal Daumen eine Zahl in den Raum stellen.“

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Ralf Stegner: „Das ist völliger Irrsinn“

SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sagte der Agentur Reuters zufolge dem US-Newsletter DC Decoded des Nachrichtenportals „Politico“: „Das ist völliger Irrsinn. Wir brauchen nicht mehr Waffen in der Welt, sondern weniger.“

Außerdem brauche es für eine solche Entscheidung eine parlamentarische Mehrheit, fügte Stegner hinzu. „Dann könnte man die Demokratie auch direkt abschaffen, wenn man für den Verteidigungshaushalt auch keine demokratischen Mehrheiten mehr braucht.“

Verteidigungsetat: Merz nennt Prozentzahlen irrelevant

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz sprach sich für erhöhte Verteidigungsausgaben aus, die sich am tatsächlichen Bedarf und nicht abstrakten Prozentzahlen orientieren. „Die zwei, die drei oder die fünf Prozent sind im Grunde irrelevant, entscheidend ist, dass wir das tun, was notwendig ist, um uns zu verteidigen“, sagte der CDU-Vorsitzende der Agentur dpa zufolge dem Radiosender Bayern 2.

Zu Trumps Forderungen erklärte Merz: „Ich sag zu dieser Forderung, dass wir zunächst einmal die zwei Prozent als Untergrenze in Deutschland wirklich erreichen müssen. Wir sind da noch nicht. Wir erreichen sie nur formal, weil dieses sogenannte Sondervermögen dazu herangezogen wird.“

Es gehe um die Wiederherstellung der Landes- und Bündnisverteidigung, erklärte Merz. „Wir müssen hier eine gemeinsame Kraftanstrengung schaffen in den nächsten Jahren und dabei sind die Maßstäbe, welcher Anteil vom Bruttoinlandsprodukt einer Volkswirtschaft für die Verteidigung bereitgestellt wird, nur Rechengrößen.“

Auch Söder sieht Trumps Forderung skeptisch

Auch CSU-Chef Markus Söder äußerte sich skeptisch. „Das wäre schon ein dickes Brett, das es dann gäbe. Fakt ist auf jeden Fall, dass Deutschland zu wenig investiert hat“, sagte der dem TV-Sender der „Welt“. Er kritisierte den Kurs der Ampel beim Wehretat. „Es wird deutlich mehr Geld werden, das wir investieren müssen.“ Ob aber überhaupt jemand in der Nato bereit sei, diese Summen zu investieren, werde sich zeigen. Er bezweifelte auch, dass die USA das selbst könnten. 

Wir lassen uns unseren Weg nicht von anderen diktieren, sondern definieren ihn selbst.

Lars Klingbeil, SPD-Chef

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Wir lassen uns unseren Weg nicht von anderen diktieren, sondern definieren ihn selbst.“

Bundeskanzler Olaf Scholz habe die Landes- und Bündnisverteidigung wieder zu einer Priorität gemacht und die Investitionen in die Sicherheit massiv hochgefahren. Deutschland übernehme mehr Verantwortung und damit eine Führungsrolle in Europa, betonte der SPD-Chef.

„Das ist notwendig und dieser Weg wird weitergehen. Es muss konkret und ohne Ideologie darum gehen: Was hilft tatsächlich, unsere Sicherheit zu gewährleisten und unsere Bundeswehr zu stärken. Dabei geht es auch um mehr Investitionen in Sicherheit.“ 

Ihr Parteikollege, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber, hält fünf Prozent für zu hoch. „Die 32 Nato-Staaten werden sich auf ein neues gemeinsames Minimum jenseits des Zwei-Prozent-Ziels einigen müssen“, sagte er dem RND. „Das werden aber eher drei als fünf Prozent sein. Und das wird im Konsens beschlossen“, sagte Faber.

Wagenknecht fordert „Eigenständigkeit statt Unterwürfigkeit“

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht forderte nach den Äußerungen Trumps einen Kurswechsel gegenüber den USA. „Dass Trump jetzt Rüstungsausgaben in Höhe von fünf Prozent fordert, ist keine Überraschung“, sagte sie, „Politico“. Deutschland benötige „Eigenständigkeit statt Unterwürfigkeit“ sowie „eine deutliche Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen“.

Wehretat: Habeck fordert 3,5 Prozent-Erhöhung

Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte in einem Interview mit dem Magazin „Spiegel“ für die kommenden Jahre eine Erhöhung des Wehretats auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gefordert. Aktuell sollen alle 32 Nato-Bündnis-Partner mindestens zwei Prozent ihres BIP in die Verteidigung investieren.

Deutschland hat dieses Ziel 2024 erstmals seit Jahrzehnten wieder erreicht – mit dem 100 Milliarden Euro schweren und über Schulden finanzierten Sondertopf für die Bundeswehr.

„Geopolitisch ist absehbar, dass wir – Deutschland und Europa – mehr Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen müssen, alles andere wäre angesichts der Aufstellung der USA naiv“, sagte der Grünen-Spitzenkandidat. (lem)

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