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Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner.

© Svea Pietschmann/ZDF/dpa

Update

Kanzler stellte sich Fragen aus der Bevölkerung: „Wir können nicht alle Preise runtersubventionieren“

Die Bevölkerung ächzt unter steigenden Preisen, doch der Kanzler sieht wegen Ampel-Absprachen wenig Handlungsspielraum. Die Russland-Sanktionen verteidigt er.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Firmen und Bürgern Hilfen in der Gaskrise zugesagt, bremst aber vor zu hohen Erwartungen. „Wir werden nicht alle Preise runtersubventionieren können, sagte Scholz am Donnerstag im ZDF. „Das kann kein Staat der Welt.“ Die Regierung werde auch nicht versprechen können, dass man den Preisanstieg von Gas und Öl auf dem Weltmarkt stoppen könne.

Aber die Bundesregierung prüfe etwa in der sogenannten konzertierten Aktion mit Gewerkschaften und Arbeitgebern, wie man angesichts der hohen Energiepreise helfen könne und müsse, sagte Scholz. Bei vielen Unternehmen und Privatkunden seien die hohen Gaspreise noch gar nicht voll durchgeschlagen, was aber zeitverzögert passieren werde.

Die Regierung arbeite mit Hochdruck daran, eine Gasmangellage in Deutschland zu verhindern. Man bereite sich auch für den Fall vor, dass dieser Zustand doch eintrete, sagte der Kanzler. Es wäre aber unverantwortlich, sich nun in etwas hineinzusteigern, was man gerade abzuwenden versuche, sagte Scholz.

Er widersprach zudem den Eindruck, dass die Krise Deutschlands Finanzen überfordere. „Der Staatsbankrott steht wirklich nicht bevor“, betonte Scholz. Im Gegenteil werde Deutschland „in relativ kurzer Zeit“ das alte Schuldenniveau wieder erreichen, wenn alles normal weiterlaufe. Die deutsche Volkswirtschaft habe das Potenzial, dass man die Schulden reduzieren könne. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern werde Deutschland relativ gut aus der Krise kommen.

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Für Steuererhöhungen, um die Inflationslasten gerechter zu verteilen, sieht Scholz derzeit keine Möglichkeit. „Wir haben keine Gesetzgebungsmehrheit für Steuererhöhungen“, sagte der SPD-Politiker.

„Das ist etwas, wo unterschiedliche Überzeugungen existieren“, fügte er mit Blick auf den Koalitionspartner FDP hinzu. Er selbst sei für ein gerechteres Steuersystem, wie es auch im SPD-Programm für die Bundestagswahl im vergangenen Jahr verankert gewesen sei.

Politiker von SPD und Grünen fordern, Unternehmen und Reiche stärker an der aktuellen Krise zu beteiligen. Im Gespräch ist vor allem eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne, die stark von den hohen Energiepreisen profitieren.

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Zuletzt hatten sich am Wochenende SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und die Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt im „Spiegel“ dafür ausgesprochen. Es gibt aber auch Forderungen nach einer Vermögensabgabe oder der Erhöhung der Erbschaftssteuer.

Die FDP lehnt Steuererhöhungen allerdings kategorisch ab. „Angesichts der fragilen wirtschaftlichen Entwicklung sind solche Debatten komplett kontraproduktiv. Es droht eine Abwärtsspirale aus Rezession und steigenden Belastungen“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erst Anfang der Woche der dpa.

Aufruf zur weiteren Solidarität mit der Ukraine

Trotz der wachsenden wirtschaftlichen Probleme im eigenen Land appellierte Scholz, die Solidarität mit der Ukraine so lange wie nötig beizubehalten. „Ich glaube, dass man immer nur mit der Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger agieren kann“, sagte er. „Aber ich glaube, dass das sehr lange möglich sein wird, und dass wir so lange wie es notwendig ist, die Solidarität mit der Ukraine aus Deutschland heraus aufrecht erhalten können.“

Deutschland sei auch um seiner selbst willen zu dieser Solidarität verpflichtet, weil in der Ukraine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gegen die russischen Angreifer verteidigt würden. „Wir können nicht akzeptieren, dass ein Land seinen Nachbarn überfällt und sagt, ich klaue mir ein Stück von der Fläche, die gehört jetzt mir.“

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Die gegen Russland verhängten Sanktionen verteidigte Scholz. Politiker von Linken und AfD hatten zuletzt gefordert, Strafmaßnahmen gegen Russland aufzuheben oder auch die Gaspipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, um einen Energie-Notstand abzuwenden.

Wie Sie Energie sparen können und welche Alternativen es zu Gas gibt

Es gibt Befürchtungen, dass Russland schon im Juli die Gaslieferungen nach Deutschland ganz einstellen könnte. Im Zuge des Ukraine-Kriegs sind die Preise für Energie, aber zum Beispiel auch für Lebensmittel deutlich gestiegen.

Kritik an EU-Taxonomie

Darüber hinaus kritisierte Scholz das grüne EU-Label für Investitionen in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke. „Ich fand das immer falsch“, sagte er. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP habe dagegen gestimmt, die Regelung aber nicht mehr verhindern können.

Man habe dann dafür gesorgt, „dass es noch halbwegs so zu uns passt“. Scholz betonte: „In Deutschland sind wir uns völlig einig, dass Atomenergie nicht grün ist.“

Im EU-Parlament hatte sich am Mittwoch eine Mehrheit hinter das Öko-Label-Vorhaben gestellt. Konkret geht es dabei um einen ergänzenden Rechtsakt zur sogenannten Taxonomie der EU. Sie ist ein Klassifikationssystem, das private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken und so den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen soll.

Für Unternehmen ist es relevant, weil es die Investitionsentscheidungen von Anlegern beeinflussen und damit zum Beispiel Auswirkungen auf Finanzierungskosten von Projekten haben könnte. Investoren sollen zudem in die Lage versetzt werden, Investitionen in klimaschädliche Wirtschaftsbereiche zu vermeiden.

Umweltschützer hatten die EU-Abgeordneten vor der Abstimmung aufgefordert, gegen den neuen Rechtsakt zu stimmen. Sie kritisieren unter anderem, dass Treibhausgase ausgestoßen werden, wenn Energie mit Erdgas erzeugt wird. Bei Atomkraft gelten hauptsächlich der Abfall, aber auch mögliche Unfälle als problematisch.

Befürworter verweisen hingegen auf die Notwendigkeit von Übergangstechnologien und darauf, dass für den Betrieb von Gaskraftwerken auch Flüssiggas zum Beispiel aus den USA oder Wasserstoff genutzt werden kann. (dpa)

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