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„Absurd“ oder „voller Chancen“: Wie Brandenburgs Landespolitik auf das Sondierungspapier im Bund reagiert
Lob kommt erwartungsgemäß von SPD und CDU. Kein gutes Haar an der Einigung lassen das BSW und die Linken im Land.
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Mit gemischten Gefühlen hat Brandenburgs Landespolitik auf die Sondierungsergebnisse der Berliner Koalition reagiert. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Lüttmann sagte unserer Redaktion, das Sondierungspapier „zeigt erst einmal grundsätzlich den Willen der potenziellen Koalitionspartner, große Verantwortung in schwierigen Zeiten zu übernehmen“. Für die Sozialdemokratie seien die Aussagen zur Stabilisierung der Rente, zum Mindestlohn von 15 Euro, zur Stärkung der Tariftreue, einer Pflegereform, aber auch zu bezahlbaren Energiepreisen besonders wichtig. „Günstige Energiepreise werden von unserer Industrie dringend erwartet, zum Beispiel von energieintensiven Unternehmen wie dem in Kurzarbeit befindlichen Riva-Stahlwerk in Hennigsdorf“, so Lüttmann.
Als „ganz besonders erfreulich“ bezeichnete der SPD-Fraktionschef die angekündigten Sondervermögen und die Anpassung der Schuldenbremse. „Ich hoffe dadurch zum Beispiel auf eine stärkere Ko-Finanzierung der Krankenhausreform durch den Bund und Unterstützung bei wichtigen Infrastruktur-Vorhaben“, sagte Lüttmann. Ein verminderter Umsatzsteuersatz für Speisen könne insbesondere der Brandenburger Gastronomie helfen. Ein höherer Mindestlohn würde wieder für viele Brandenburgerinnen und Brandenburger eine Gehaltserhöhung bringen.
Ähnlich äußerte sich auch CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann. „Die Sondierungsgruppe hat ein starkes Sondierungspapier vorgestellt – auch aus Brandenburger Sicht“, sagte Redmann. „An der Grenze zu Polen wird illegale Migration künftig zurückgewiesen – gleichzeitig bauen wir die Verkehrsachsen nach Osten aus.“ Als Pendlerland Nummer eins profitiere Brandenburg besonders von der höheren Pendlerpauschale. „In Jänschwalde kann es mit dem Ersatzkraftwerk endlich losgehen und unsere Wirtschaft wird durch niedrigere Stromkosten wettbewerbsfähiger.“
Das Sondierungsergebnis ist eine Ansammlung von gebrochenen Wahlversprechen, Sozialabbau und Vernachlässigung von Bildung, Wissenschaft und Forschung.
BSW-Landesvorsitzende und Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach
Hingegen erklärte der BSW-Landesvorsitzende, Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach, „verantwortliche Politik für Deutschland und Europa“ sehe anders aus. „Das Sondierungsergebnis ist eine Ansammlung von gebrochenen Wahlversprechen, Sozialabbau und Vernachlässigung von Bildung, Wissenschaft und Forschung“, sagte Crumbach unserer Redaktion. „Es ist eine rückwärtsgewandte Politik, die uns eine Rekordverschuldung und in ein Wettrüsten treibt.“ Die Möglichkeit, Schulden für Militärausgaben in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu machen, sei eine „Wiederholung der Kriegskredite von 1914“. Ferner beklagte Crumbach, dass das Papier „kein Wort zu Diplomatie und wirklichen Zukunftschancen für die kommenden Generationen“, enthalte. „Die faulen Formelkompromisse, insbesondere zur Migration, werden dieser Bundesregierung keine vier Jahre ermöglichen.“
Auch der Landeschef der Linken, Sebastian Walter, sagte, das Papier sei „an Absurdität nicht zu überbieten“. „Zu den wirklich wichtigen Themen, wie Wohnungsbau, Sicherung der Krankenhäuser oder zu steigenden Lebensmittelpreisen liest man fast nichts“, kritisierte Walter. „Nur bei ungebremster Aufrüstung und der Abschottung gegenüber Flüchtlingen ist man sich einig, kennt kein Halten mehr und macht AfD-Politik pur.“ Die Koalition werde den Sozialstaat angreifen, um Panzer und Raketen zu finanzieren und dabei alle anderen im Stich lassen. „Das ist nichts weiter als ein Konjunkturprogramm für die AfD und gefährdet die Demokratie, weil sich SPD und CDU sich nicht trauen, mit den Reichen anzulegen“, so Walter. „Anders wird es aber einen Politikwechsel für mehr Sicherheit, bezahlbaren Mieten und guten Löhnen nicht geben können.“
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