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Brandenburg: Am Ende keine Rede unterm weißen Adler Fritsch lobt selbstbewussten Landtag

Potsdam - Ein Ziel hat Gunter Fritsch erreicht, auch wenn er sich damit nicht nur Freunde gemacht hat. Eine Rede unter dem Weißen Adler imLandtag musste der Sozialdemokrat nicht halten.

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Potsdam - Ein Ziel hat Gunter Fritsch erreicht, auch wenn er sich damit nicht nur Freunde gemacht hat. Eine Rede unter dem Weißen Adler imLandtag musste der Sozialdemokrat nicht halten. Und doch war es nur ein Teilsieg am Ende seiner Politikerkarriere. Denn das heradlisch korrekte Wappentier prangt nicht im Plenarsaal, sondern nur am Rednerpult ein stillisierter roter Adler, der in seiner zurückgenommenen, schlichten Erscheinung doch zu diesem Landtag, zu diesem Brandenburg passt. Fritsch, der Demokrat, kann mit diesem Kompromiss gut leben.

Und wenn nichts dazwischenkommt, etwa eine Sondersitzung wegen des Flughafens BER, war es wohl die letzte Rede vor dem Plenum und seine letzte Rede als Landtagspräsident. Fritsch nahm am gestrigen Freitag, es war später Nachmittag, gewissermaßen Abschied. Es war der letzte Tagesordnungspunkt an diesem 97. Sitzungstag der Legislatur und es ging um den Bericht der Landesregierung über die Umsetzung des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“. Alle Fraktionen verzichteten auf eigene Reden, Fritsch sollte das letzte Wort haben. Auch weil sich Fritsch dem entschiedenen Kampf gegen Rechtsextremismus verschrieben hat. „Brandenburgs Aktivitäten im Kampf gegen extremistische Kräfte sowie zur Förderung von Toleranz und Demokratie gelten weit über die Landesgrenzen hinaus als vorbildhaft“, sagte er. Er würdigte das bürgerschaftliche Engagement im Kampf gegen Rechts: „Sie alle haben die Bestnoten mitverdient“, sagte er. Es gebe aber keinen Grund, sich zurückzulehnen.

Ansonsten zog Fritsch Bilanz und er lobte den Landtag: Das Parlament habe ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. „Die Debatten sind lebhafter und kreativer geworden“, sagt er. Im Gegensatz zu den drei Legislaturperioden zuvor hätten sich Gemeinsamkeiten gefunden, wie bei dem zu Beginn der Legislatur gefassten Entschluss, die Ausschusssitzungen künftig öffentlich durchzuführen und damit allen Bürgern unmittelbaren Zugang zur Landespolitik zu ermöglichen. Oder bei den Verfassungsänderungen zur Anti-Rassismus-Novelle und zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, für die die Initiativen „direkt aus der Mitte des Parlaments kamen“. Zudem gehöre Brandenburg seit der Einführung eines Registers für Interessenvertretungen zu den Vorreitern im Bereich transparenter Lobbyarbeit. Das würde nicht jeder der Abgeordneten so unterschreiben, aber bei seiner letzten Rede spielt das keine Rolle.

Zumindest Hans-Peter Goetz (FDP), der die vorletzte Rede beim Tagesordnungspunkt zuvor hielt, teilte Fritschs Lob auf das Selbstbewusstsein des Parlaments nicht ganz. Er attestierte zumindest den Regierungsfraktionen SPD und Linke, nicht bemerkt zu haben, dass sie es seien, die über das Wohl des Landes zu entscheiden hätten, nicht die Landesregierung, die sei im Plenum nur Gast. Ob Goetz es noch einmal in den Landtag schafft bei den Wahlen im September? In den Umfragen ist die FDP derzeit nicht messbar.

Zurück zu Fritsch: Er bleibt als der Landtagspräsident in Erinnerung, der das neue Landtagsschloss eröffnet hat. Fritsch, der auf viele Konflikte und Auseinandersetzungen in der Politik schon lange mit Humor blickt, ist auch ein Sturkopf. Wie beim Streit um den roten Adler. Am Ende verkaufte er sogar die Arbeit der Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung in den Nachwende-Jahren als Teil des Brandenburger Weges. Der Parlamentarische Dienst hatte ihm sogar in einem Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes eine Verletzung der Neutralitätspflicht nachgewiesen. Weil er bei der Vorstellung eines linken Pamphlets über die Enquetekommission sich über die Motive der Opposition ausließ. Ausgerechnet er, der zu DDR-Zeiten selbst mit dem SED-Regime seine Probleme hatte, wegen seines Glaubens Bausoldat war. Er war es aber auch, der in Brandenburg stationierte Bundeswehrsoldaten nach Auslandseinsätzen mit einer Landes-Medaille ehren wollte, aber am Widerstand der Linken scheiterte.

Immerhin steht nun das Schloss, ein „angemessenes Domizil für die Volksvertretung“, wie Fritsch gestern sagte. Auch weil bis zu tausend Besucher pro Tag kommen. Und am Ende noch ein Wunsch, dass nach der Landtagswahl keine Rechtsextremisten im Landtag sitzen. „Die Schönheit des weißen Plenarsaals darf nicht durch braune Flecken geschmälert werden.“ Alexander Fröhlich

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