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Ärztemangel in Brandenburg: Zahn- und Hausärzte warnen vor Engpässen
Der Ärztemangel in Brandenburg wird immer größer. Das Land steht vor Versorgungslücken. Gibt es auf dem Land bald keine Apotheke, keine Zahnärztin und keinen Hausarzt mehr?
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In Brandenburg könnten in den nächsten Jahren 700.000 Menschen die Apotheke in der Nachbarschaft verlieren. Zudem könnte für 600.000 Menschen die zahnärztliche Versorgung verloren gehen. Und schon heute können 400 Hausarztsitze nicht nachbesetzt werden. Das wurde am Montag in einer Landespressekonferenz mit Vertretern der Gesundheitsberufe im Land Bandenburg deutlich.
Laut der Vorsitzenden der Landeszahnärztekammer, Romy Ermler, werden bis 2030 rund 40 Prozent der Zahnärzte im Land in den altersbedingten Ruhestand gehen. 50 Prozent dieser Praxen würden keinen Nachfolger mehr finden.
Ähnlich ist die Situation bei den Apotheken: Etwa 35 Prozent der Apotheker im Land seien schon heute über 60 Jahre alt, sagte Katrin Wolbring, die 2. Vizepräsidentin der Landesapothekerkammer. Darunter befänden sich auch 142 Inhaber von Apotheken, bei denen nicht klar sei, ob es Nachfolger gebe. Und die Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Catrin Steiniger, verwies darauf, dass es auch bei Dermatologen und Augenärzten schon heute einen besonderen Bedarf gebe.
Der gesetzliche Auftrag endet nicht, wenn es wirtschaftlich schwierig wird.
Catrin Steiniger, Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung
„Versorgung ist kein Geschäftsmodell, sie ist ein Auftrag“, sagte Steiniger. „Und dieser gesetzliche Auftrag endet nicht, wenn es wirtschaftlich schwierig wird.“ Private Träger von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) leisteten vielerorts wichtige Arbeit. „Aber wenn sich ein Träger aus wirtschaftlichen Gründen zurückzieht, darf die Verantwortung für die Versorgung nicht einfach auf andere abgewälzt werden“, kritisierte die KV-Vorsitzende.
In Jüterbog und Luckenwalde hatte der Krankenhausträger KMG kürzlich die Schließung von zwei pädiatrischen MVZ angekündigt. „Die KV kann und wird Versorgung nicht unbegrenzt leisten, sie kann nur im Rahmen der Altersstruktur und der finanziellen Möglichkeiten handeln“, sagte Steiniger.
Vor Bettenabbau ambulante Versorgung sichern
„Wir brauchen gemeinsame Lösungen mit Politik und Partnern, um die Versorgungslücken von vornherein zu verhindern.“ Reformen müssten klug gestaltet werden. „Wenn sich stationäre Strukturen verändern, muss die ambulante Versorgung gleichzeitig bereitstehen“, sagte Steiniger.
„Man kann keine Krankenhausbetten abbauen, ohne vorher in die ambulante Versorgung zu investieren, um diese zu stärken und auszubauen.“ Sonst verlören Menschen beides: das Geld und die Praxis. Zudem brauche es stärkere Unterstützung für die Niederlassung. „Eine Praxisgründung ist keine Episode, sie ist eine Lebensentscheidung“, sagte Steiniger.
Vertreter der Apotheker und der Zahnmediziner forderten zudem Studiengänge der Pharmazie und der Zahnmedizin an der neuen Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL-CT). „Wir sind das einzige Flächenland ohne Pharmaziestudium“, sagte Wolbring. Die Apotheker hätten verschiedentlich Anläufe genommen, um das zu ändern. „Jedes Mal wurde uns insbesondere von Ministerpräsident Dietmar Woidke signalisiert, wir sollen die Leute darauf ansprechen“, sagte Wolbring. „Nun laufen wir von Ministerium zu Ministerium – aber, anstatt dass einfach mal einer sagt, okay, wir brauchen das, fehlt der politische Wille.“
In Cottbus könne man einen bundesweiten Modellstudiengang aufbauen, der auch die Weiterqualifizierung von Pharmazeutisch-Technischen Assistenten (PTAs) zu Apothekern ermöglichen würde. Und auch Ermler sprach sich dafür aus, nicht nur an der privaten Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), sondern auch an der MUL-CT Zahnärzte auszubilden, um Klebeeffekte zu erreichen.
Der Vorstandsvorsitzende der Landeskrankenhausgesellschaft, Detlef Troppens, plädierte für eine Reform der Gesundheitsversorgung, die neben der Krankenhausplanung auch die ambulante Versorgung und den Rettungsdienst miteinbeziehen sollte. „Wir erwarten, dass sich die Landesregierung wie bisher auf der Bundesebene für praxistaugliche Instrumente einsetzt und die Häuser bei den Transformationsprozessen unterstützt.“ Auch die Initiativen für die Fachkräftesicherung müssten weiter ausgebaut werden.
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