Hauptstadtflughafen BER: Auftritt Mehdorn
Nach Potsdam kam der BER-Chef nicht, aber in den Bundestag. Der gab Gelder für den Flughafen frei
- Sabine Beikler
- Alexander Fröhlich
Stand:
Berlin/Potsdam - Die Erwartungen waren groß. Schon vor Erscheinen des BER-Chefs Hartmut Mehdorn am Mittwochnachmittag im Bundestags-Haushaltsausschuss. „Wir erwarten, dass die Unterlagen zum aktuellen Terminplan vorgelegt werden“, sagte der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler. Nach einer gut zweistündigen Sitzung gab der Haushaltsausschuss eine Tranche von 26,5 Millionen Euro mit Stimmen der Koalition und der Linken frei. „Bis Ende des Monats wäre die Liquidität der Flughafengesellschaft nicht mehr gewährleistet gewesen“, sagte CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle.
Mehdorn, der nach der Sitzung keinen Kommentar abgeben wollte, hat dem Ausschuss die Kostensteigerung mit den gestiegenen Zahlen der zu erwartenden Fluggäste erklärt. Er begründete laut Barthle – wie zuvor an anderer Stelle – die Kostensteigerung mit den Fluggastzahlen. Ursprünglich sei man von 17 Millionen ausgegangen, nun müsse für 50 Millionen Gäste pro Jahr geplant werden.
Tatsächlich aber haben Erweiterungen des Baus, Planungsfehler und Baumängel die Kosten in die Höhe getrieben. „Klar ist, dass beim BER nach wie vor ein Kosten- und Zeitplan geliefert werden muss. Wir erwarten eine detaillierte, aufgearbeitete Aufschlüsselung der Kosten“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Der CSU-Politiker forderte auch einen „endgültigen Inbetriebnahmezeitpunkt“ für den BER. „Zwischentermine machen keinen Sinn“, sagte er.
Dobrindt ging nicht konkret auf die Kritik des Bundesrechnungshofes ein. Er verwies auf die „detaillierten Informationen“ der BER-Geschäftsführung, die man erwarte. In seinem Bericht kritisierte der Bundesrechnungshof, dass der BER-Betreiber in seinen Unterlagen nicht einmal festhält, ob er die Vorarbeiten für den Umbau der Brandschutzanlage überhaupt schon erbracht hat. Deshalb, aber auch weil die BER-Führung den Aufsichtsrat unzureichend informiere, lückenhafte Berichte vorlege, keine belastbaren Angaben zur Gesamt- und Finanzplanung und zu Rückständen auf der Baustelle mache, sei ein externes Controlling vonnöten. „Wir nehmen das sehr ernst“, sagte Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), der im Aufsichtsrat sitzt.
Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linke), begründete die Zustimmung damit, dass ihre Fraktion bei Abwägung aller Aspekte „das Projekt nicht behindern“ wolle. Der Ausschuss erwarte „konkrete Zahlen“. Der Aufsichtsrat tagt Anfang Juli, anschließend will der Haushaltsausschuss erneut über den BER beraten.
Der Berliner Ex-Wirtschaftssenator und Verkehrspolitiker Harald Wolf (Linke) sagte, Mehdorns Aussage vor dem Verkehrsausschuss vor Kurzem im Abgeordnetenhaus sei nicht erhellend gewesen. Es sei nicht erkennbar, „wie man auf der Baustelle vorangekommen ist“.
Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU), hatte wie berichtet in einem Schreiben an den Haushaltsausschuss gewarnt, dass der Flughafengesellschaft ab Mitte Mai ein Liquiditätsengpass bevorstehe, sollten die Gelder nicht bewilligt werden. Dabei berief er sich auf Angaben der Flughafengesellschaft. Ursache sei, dass sich eine Auszahlung eines Bankdarlehens über rund 119 Millionen Euro bis Juni 2014 verzögern werde. Die Mitgesellschafter Berlin und Brandenburg seien mit je 18,5 Millionen Euro „in Vorleistung getreten“. Tatsächlich handelt es sich um die üblichen Tranchen, heißt es in Potsdam. Dort stößt der Warnmeldung auf Skepsis. Die Flughafengesellschaft sei liquide und verfüge über ausreichend Geld.
In Berlin und Brandenburg gibt es zwar keinen Parlamentsvorbehalt für die Tranchen aus dem 1,2-Milliarden-Euro-Paket, das beide Länder und der Bund Ende 2012 bewilligt hatten. Dennoch haben alle drei Gesellschafter die Daumenschrauben bei der Auszahlung ihrer Anteile angezogen. Sie verlangen für jede neue Tranche, die die Flughafengesellschaft abrufen will, den genauen Nachweis, wofür das Geld gebraucht wird. Der Wunsch der Flughafengesellschaft nach einfacher Freigabe neuer Mittel bei Geldbedarf wird mittlerweile abgelehnt. Im Bund sind – zusätzlich zu den strengen Prüfungen wegen des Parlamentsvorbehalts – neben den 26,5 Millionen Euro weitere 84,5 Millionen Euro für den BER im Haushalt gesperrt.
Mehdorn hat obendrein zusätzlichen Finanzbedarf von 1,1 Milliarden Euro angemeldet. Von den bewilligten 1,2 Milliarden Euro sind für 2015 für wenige Monate noch 150 Millionen Euro übrig. Der Wirtschaftsplan für 2014 umfasst 754 Millionen Euro. Allerdings ist der Mittelabruf schleppend, weil es auf der Baustelle und beim Schallschutz kaum vorankommt.
Überdies könnten der Flughafengesellschaft die Aussagen über die verzögerte Kreditauszahlung selbst auf die Füße fallen. Denn es handelt sich nach PNN-Informationen um den Restbetrag der Ursprungskredite für den BER von 2,4 Milliarden Euro. So viel sollte der Flughafen ursprünglich kosten. Bereits im April hatte der Aufsichtsrat davor gewarnt, dass die Banken wegen der desaströsen Lage auf der Baustelle und ohne Aussicht auf eine Fertigstellung zunehmend reserviert reagieren – zumindest solange kein Gesamtfinanzierungskonzept vorliegt.
Mit einem neuerlichen Antrag zur Ausweitung des Nachtflugverbots am neuen Hauptstadtflughafen sind die Bündnisgrünen und Abgeordnete der FDP am Mittwoch im Potsdamer Landtag gescheitert. Sie hatten beantragt, weitere Zahlungen für den Flughafen an ein umfassendes Nachtflugverbot von acht Stunden zu knüpfen. Dies lehnte der Landtag mit breiter Mehrheit von 61 Stimmen ab.
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