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Matthias Platzeck nach dem Rücktritt: Außer Dienst – nicht ganz
Brandenburgs Staatskanzlei plant ein Budget für ehemalige Ministerpräsidenten wie Matthias Platzeck, der jetzt einfacher Abgeordneter ist. Es geht um eine Stelle, und um Dienstwagen für bestimmte Anlässe. Erste Sondierungen liefen bereits
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Potsdam - Es war ein sensibles Anliegen, mit dem Albrecht Gerber vorstellig wurde. Diskret, am Rande der Plenumssitzung letzte Woche im Landtag, sondierte der Staatskanzleichef von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) das Vorhaben, in „informellen“ Gesprächen mit den Fraktionschefs der Opposition, Dieter Dombrowski (CDU), Andreas Büttner (FDP) und Axel Vogel (Grüne). Es ging um Brandenburgs früheren Ministerpräsidenten und „Landesvater“ Matthias Platzeck (SPD), der Ende August aus Krankheitsgründen nach elf Jahren im Amt zurückgetreten war, und der seitdem, wie er betont, einfacher Abgeordneter im Landtag ist.
Aber natürlich ist der 59 Jahre junge Ministerpräsident a. D., der dem für ihn riskanten permanenten Hochdruck aus drei Spitzenämtern ein Ende machte, aber voller Energie ist, Ambitionen in der Politik hat, wie die Kandidatur für die Landtagswahl 2014 in der Uckermark zeigt, kein Abgeordneter wie andere. Und das machte auch Gerbers Anliegen deutlich: Wie die PNN erfuhren, will die Staatskanzlei in Brandenburg erstmalig ein generelles Reglement für Alt-Ministerpräsidenten einführen, denen künftig eine Büro-Referentenstelle bezahlt und für bestimmte Anlässe ein Dienstwagen samt Fahrer zur Verfügung gestellt werden soll – begrenzt auf eine Übergangszeit von 18 Monaten nach dem Ausscheiden. Das soll kurzfristig ermöglicht werden, sodass Platzeck davon profitieren würde. Eine „Lex Platzeck“ soll es aber nicht sein, sondern für alle künftigen ehemaligen Ministerpräsidenten gelten.
Unklar ist noch, was die neue Stelle den Landeshaushalt kosten würde, was für Dienstfahrten eines ehemaligen Regierungschefs kalkuliert wird, aus welchen Töpfen es finanziert werden soll. Auf Anfrage bestätigte Gerber die Pläne grundsätzlich, hielt sich zu Einzelheiten aber bedeckt. Er verwies etwa auf laufende „Gespräche mit dem Finanzminister.“ Dass eine solche Übergangsregelung für ehemalige MPs überhaupt nötig sei, begründete Gerber so: „Ein Ministerpräsident hat eine Reihe von Aufgaben, die auch über die Amtszeit hinausgehen, etwa Schirmherrschaften oder die Mitgliedschaft im ZDF-Verwaltungsrat.“ Manches brauche etwas Zeit, bis es geklärt sei. Es gebe Termine, für die ausdrücklich die Anwesenheit des früheren Ministerpräsidenten gewünscht werde. Das betreffe auch die Kontakte Brandenburgs zu Polen, Ungarn und anderen osteuropäischen Ländern. Vorgesehen ist nun, dass ein Alt-Ministerpräsident – Bedingung: Termine in Bezug zur früheren Funktion – einen Dienstwagen mit Fahrer beim Brandenburgischen Liegenschaftsbetrieb bestellen könnte. Freilich, für Platzecks Vorgänger Manfred Stolpe, der 2002 nach fast zwölf Jahren im Amt zurückgetreten war, gab es das nicht. Dieser sei, so heißt es in der Staatskanzlei, nach dem Rücktritt gleich Bundesminister geworden, sodass sich das Problem nicht stellte. Bei seinen informellen Sondierungen präsentierte Gerber einen Vergleich mit anderen Bundesländern, nach denen Brandenburg eine bescheidene Regelung plane. Danach sind Privilegien für Ex-Ministerpräsidenten nicht ungewöhnlich, die Praxis ist aber unterschiedlich. Sehr großzügig ist demnach Bayern, wo Ex-Ministerpräsidenten drei Stellen (Referent, Fahrer, Sekretärin), ein Wagen und ein Sachkostenetat finanziert werden. Einige Länder haben es in ihren Ministergesetzen geregelt, andere im Einzelfall per Kabinettsbeschluss, einige Länder halten sich zur Praxis demnach auch bedeckt.
Wie Platzeck persönlich zu diesen Aktivitäten der Staatskanzlei steht, die mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) abgestimmt sind, ist nicht bekannt. Er war am Montag nicht erreichbar. Der 59-Jährige hat sich in seiner Karriere den Ruf erarbeitet, keinen großen Wert auf Statussymbole zu legen, andererseits die Erfahrung gemacht, dass sie in Brandenburg durchaus Wirkung haben. In den 23 Jahren seiner Führungsämter hatte Platzeck stets Dienstwagen mit persönlichen Fahrern, als Umweltminister, Potsdamer Oberbürgermeister, als Ministerpräsident. Nach seinem Rücktritt betonte er, dass für ihn Politik keine Droge sei, dass er loslassen könne. Als einen Beleg dafür führte er an, dass er in all den Jahren nie aufgehört habe, selber Auto zu fahren. Im Moment muss er das, als Politiker, noch nicht. Für den Ex-Regierungschef gibt es nämlich weiterhin Personenschutz, wozu auch der Dienstwagen gehört. Doch das wird nach der üblichen „Gefährdungsanalyse“ der Polizei in absehbarer Zeit auslaufen. Auch dies ist wohl ein Grund, warum die Staatskanzlei jetzt aktiv wird.
Im Landtag selbst hat Platzeck, seit einem Monat Parlamentarier, bislang keine richtige Rolle. Die SPD-Fraktion schickte ihn lediglich als stellvertretendes Mitglied in den Innenausschuss. In einem Fachausschuss ist er nicht. Wäre das Platzeck, noch vor einem Monat einflussreichster Politiker im Land, wäre dies noch gewöhnungsbedürftiger. So saß Platzeck, als der Landtag letzte Woche zwei Tage wie üblich von 10 Uhr bis in den Abend hinein tagte, nur zeitweise im Plenum, in der zweiten Reihe der SPD-Fraktion, beriet da auch schon mal mit Nachfolger Dietmar Woidke. Ans Rednerpult ging er bislang nicht.
Zu seinen genauen politischen Plänen hält sich Platzeck bedeckt. In der Uckermark, seinem Wahlkreis, ließ er sich als Direktkandidat für die Landtagswahl 2014 nominieren. Und fest steht auch, dass für Brandenburgs künftiges Parlament ein neuer Landtagspräsident gesucht werden wird, da Amtsinhaber Gunter Fritsch (SPD) aus dem Parlament ausscheidet. Fragen, ob er sich das Präsidentenamt vorstellen könnte, hat Platzeck bisher ausweichend beantwortet. Übergangsregelungen für ehemalige Ministerpräsidenten bräuchte er dann nicht mehr.
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