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Brandenburg: Betrugsverdacht gegen Betreiber von Flüchtlingsheimen
Keine Betreuung, keine Löhne, Streit unter Gläubigern: Zwei Landkreise in Brandenburg gehen gegen ein Unternehmen mit Sitz in Berlin vor. Verstrickt ist auch ein Unternehmen, das Immobilienanleger geprellt haben soll.
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Potsdam/Berlin - Ein Betreiber von Flüchtlingsheimen vor allem in den neuen Bundesländern gerät in Brandenburg massiv in Bedrängnis. Zwei Landkreise gehen gegen das Unternehmen vor – unter anderem wegen Betrugsverdacht. Der Landkreis Elbe-Elster hat den Vertrag für eine Flüchtlingsunterkunft in Finsterwalde fristlos gekündigt. Einen entsprechenden Bericht des rbb bestätigten das Büro von Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) wie auch der Geschäftsführer des Mutterunternehmens des Betreibers.
Die Kreisverwaltung wirft der Briefkastenfirma Pro Shelter mit Sitz in einer „Bürogemeinschaft“ am Kurfürstendamm in Berlin vor, Geld kassiert zu haben, ohne die vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht zu haben.
Keine "adäquaten Betreuungs- und Wachschutzleistungen"
Konkret soll das Unternehmen, das Flüchtlingsheime in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt betreibt, seine Pflicht zur „Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Betriebes“ und zur „Erbringung von adäquaten Betreuungs- und Wachschutzleistungen durch das vertraglich vereinbarte Personal“ seit Vertragsbeginn im November 2015 nicht erfüllt haben.
Obwohl der Staat laut rbb pro Heimplatz 2300 Euro für Sanierung und Einrichtung zahlte, sollen Wohnungen, die eigentlich für Flüchtlinge eingerichtet werden sollten und für die Pro Shelter Geld vom Kreis kassiert hat, völlig verwahrlost sein und leer stehen. Laut Landratsamt hätten die deshalb vom Staat bezahlten Räume auch nicht bei der Ausländerbehörde als frei und damit belegbar gemeldet können.
Der Landkreis hat den Wachschutz übernommen und erteilte Hausverbot
Wie der rbb berichtet, soll Pro Shelter auch eigenen Mitarbeitern über Monate keine Löhne gezahlt und keine Krankenkassenbeiträge entrichtet haben. Um den Wachschutz überhaupt sicherzustellen, ist der Landkreis vor drei Monaten eingesprungen: Er bezahlt jetzt diese Mitarbeiter.
Am Freitag erteilte der Landkreis dem rbb-Berich zufolge dem Unternehmen Pro Schelter Hausverbot. Auch die Justiz ist auf den erst am Freitag publik gewordenen Fall aufmerksam geworden. Die Staatsanwaltschaft Cottbus könnte angesichts der Vorwürfe Ermittlungen einleiten, hieß es.
Die Spuren führen in die Schweiz
Gegründet wurde das Unternehmen im November 2015. Im Folgejahr wurde die Geschäftsführung komplett ausgetauscht. Vor einem Jahr hat eine Beteiligungsgesellschaft die Firma übernommen. Als deren Geschäftsführer ist erst im Frühjahr 2017 ein auf Sanierungsfälle spezialisierter Anwalt aus München eingesetzt worden.
Er vertritt auch den Inhaber – ein Unternehmen für „Investitionen und Projektentwicklungen“ mit Sitz in der Schweiz. Der Anwalt selbst räumte ein, dass es in der Vergangenheit bei Pro Shelter zu Versäumnissen gekommen sei und Probleme gegeben habe. Eingesetzt wurde er von zerstrittenen Parteien: Demnach hatten Gläubiger wegen nicht beglichener Posten Ansprüche an die Pro Shelter gestellt und Anteile eingefordert.
Märkisch-Oderland zahlt nur noch auf ein Sperrkonto
Wegen dieser Streitigkeiten sah sich auch der Landkreis Märkisch-Oderland zum Einschreiten gezwungen. Weil Rechnungen für das Flüchtlingsheim in Wriezen von verschiedenen Seiten - offenbar den zerstrittenen Beteiligten und Gläubigern - kamen, zahlt der Kreis die Gelder seit einem Jahr nur noch auf ein Sperrkonto bei Gericht. Die Ansprechpartner hätten ständig gewechselt, es sei nicht erkennbar gewesen, wer eigentlich Ansprechpartner bei Pro Shelter gewesen sei, erklärten laut rbb Vertreter des Landratsamtes.
Der Münchner Anwalt, der nach eigenen Angaben gute Erfahrungen mit solchen Betreibern in Sachsen und Bayern gemacht hat, will nun als unbelasteter Experte die verhärteten Fronten auflösen und einvernehmliche Lösungen mit den beiden Landkreisen suchen.
Zu den verschiedenen Firmen, die dem Landratsamt von Elbe-Elster im Zusammenhang mit Pro Shelter untergekommen sind, gehört auch besagte Beteiligungsgesellschaft, die der Schweizer Firma gehört und die die Pro Shelter steuert. Dazu gehört aber auch ein Unternehmen aus Berlin, das Anleger bei Immobilienprojekten geprellt haben soll und nun Pleite gegangen ist. Wo das Geld der Anleger geblieben sind, ist unklar. Laut Anwälten haben zahlreiche Anleger Strafanzeige gegen Verantwortliche des Unternehmens erstattet.
Welche Rolle spielte ein verurteilter Betrüger?
Laut der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger firmierten alle - Pro Shelter, die Beteiligungsgesellschaft und die Immobilienanlagefirmen - einst unter derselben Adresse in Berlin. Und die Schweizer Firma, der Pro Shelter gehört, sei einst alleiniger Aktionär bei dem gescheiterten Anlageunternehmen gewesen sein, bevor die Aktien an Alleinvorstand Mehmet D. übertragen worden seien.
Der wegen Betrugs vorbestrafte 46-Jährige D. aus Berlin hielt auch Anteile an der Juwelus Objekt Finsterwalde GmbH. Von der hatte der Landkreis ab November 2015 die Flüchtlingsunterkunft in Finsterwalde "zum Zwecke der Nutzung als Wohnverbund für Asylbewerber" gemietet, Laufzeit: fünf Jahre. Hauptgesellschafter an der Juwelus Objekt Finsterwalde GmbH war bis Mitte 2016 jene aus der Schweiz gesteuerte Beteiligungsfirma, der die Pro Shelter gehört.
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