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Drehscheibe. Der Flughafen Tegel bleibt, bis der BER öffnet.

© Sören Stache / dpa

Flughafen Tegel: Blindflug nach Berlin

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) fordert den Weiterbetrieb von Tegel. Aber stimmt seine Argumentation?

Potsdam - Es ist sein Einstand in die Dauerdebatte um das Hauptstadt-Flugwesen und den unvollendeten BER-Airport. Die Forderung des neuen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) nach einem Weiterbetrieb des Berliner City-Airports Tegel, für den bereits dessen  Vorgänger Alexander Dobrindt eintrat, hat am Wochenende bundesweit prompt einige Wellen geschlagen. Das allerdings lag vor allem an einer neuen, sehr eindringlichen Warnung, mit der Scheuer in einem FAZ-Interview für Tegel geworben hatte: „Wenn nichts passiert, läuft Berlin Gefahr, Ende 2019 gar keinen Flughafen mehr zu haben.“ Gar keinen? Nun hat man sich in Berlin und in Brandenburg nach den regelmäßig geplatzten BER–Eröffnungen seit 2012 zwar mittlerweile daran gewöhnt, dass am neuen Airport alles möglich scheint. Aber dass Berlin ab Ende 2019 und damit noch vor der aktuell für Oktober 2020 angekündigten BER-Eröffnung aus der Luft gar nicht mehr erreichbar sein soll?

Zumindest das ist völlig ausgeschlossen – da sind sich Verantwortliche wie Kritiker ausnahmsweise einig. Und zwar allein schon wegen des alten SXF-Airports aus DDR-Zeiten, an dem inzwischen 13 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden, mehr als am Flughafen Köln-Bonn. Und weil das alte heruntergekommene Honecker-Terminal auch nach BER-Start noch einige Jahre in Betrieb bleiben muss, wird es jetzt noch einmal instandgesetzt, für rund 50 Millionen Euro. In der Bauzeit, in der im SXF-Hauptterminal gearbeitet wird, werden Passagiere in Schönefeld zusätzlich in einer für zwei Millionen Euro extra errichteten Leichtbauhalle („voll recyclebar“) abgefertigt.

„Klar ist, dass Tegel betrieben wird und betrieben werden kann, bis der BER eröffnet."

So reagiert Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup gelassen auf die Tegel-Wortmeldung des Bundesverkehrsministers. Er bucht sie vor allem als „politische Begleitmusik“ ab. „Ich habe mich ein bisschen über die Aussagen gewundert“, sagte Lütke Daldrup am Montag den PNN. Dass Berlin womöglich ohne Flughäfen dastehen könnte, sei objektiv falsch. „Klar ist, dass Tegel betrieben wird und betrieben werden kann, bis der BER eröffnet. Und mit dem Bund ist fest vereinbart, dass der alte Schönefelder Flughafen bis 2025 weiter genutzt werden kann.“ Genau deshalb werde gerade ein Interim-Regierungsterminal errichtet, in dem in den ersten Jahren nach BER-Start Kanzlerin, Bundesminister und Staatsgäste abgefertigt werden sollen. Nach Worten von Lütke Daldrup ist auch der Lärmschutz für Tegel keine Gefahr für den Betrieb des Airports bis zur BER-Eröffnung. Klar sei, dass bis Ende 2019 neue Lärmschutzbereiche nach dem Fluglärmschutzgesetz ausgewiesen werden müssen, was die dafür zuständige Senatsverwaltung in Berlin gerade vorbereite. Danach haben Tegel-Anrainer ab 1. Januar 2020 Ansprüche auf Schallschutz – allerdings zunächst nur wenige, die besonders stark von Fluglärm betroffen sein werden. „Und natürlich werden diese Ansprüche auch erfüllt“, so Lütke Daldrup. Mit der Betriebsgenehmigung für Tegel habe das nichts zu tun. Grundsätzlich sei seine Erwartungshaltung an den Bund, „dass wir konstruktiv zusammenarbeiten, um den BER im Oktober 2020 zu eröffnen“.

Ähnlich äußerte sich Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), der in der rot-roten Landesregierung für die Landesbeteiligungen zuständig ist. „Der Weiterbetrieb des Flughafens Tegel erscheint mir aus Schallschutzgründen nicht gefährdet“, sagte Görke den PNN. „Ich nehme die Äußerungen von Bundesverkehrsminister Scheuer zum Flughafen TXL als wiederholten persönlichen Beitrag zur Kenntnis und freue mich schon auf den ersten Austausch in der Eigentümerversammlung der FBB.“

Der Bund ist neben den Haupteignern Berlin und Brandenburg dritter Gesellschafter der Flughafengesellschaft (FBB), die seit 2006 am BER baut. Scheurer hatte gewarnt, die Option Tegel vorschnell auszuschließen. Die Haltung „Das kriegen wir schon hin“ sei nach den schlechten Erfahrungen mit der BER-Dauerbaustelle mehr als leichtfertig. Der für den BER zuständige Bundesminister will Berlin und Brandenburg „sehr bald zum Gespräch bitten“. Genau darauf setzt auch der FBB-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider, zugleich Flughafenstaatssekretär in Brandenburg. In gewohnt diplomatischer Art sagte Bretschneider zum Tegel-Vorstoß des Dobrindt-Nachfolgers: „Es ist besser, miteinander zu reden als übereinander.“ 

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