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Elbe: Hochwasserwelle rollt gen Norden: Brandenburg: Havel-Polder werden geflutet und Wittenberge wird zum Teil evakuiert
In Teilen Brandenburgs hat sich die Hochwassersituation weiter zugespitzt. Zur Entlastung der Elbe-Hochwasserregion rund um Wittenberge werden seit Sonntagnachmittag die Havelpolder geflutet. Besonders dramatisch entwickelte sich die Lage nach Angaben der brandenburgischen Behörden an den Elbe-Pegeln in der Prignitz. Die Evakuierung der Altstadt von Wittenberge läuft nur schleppend.
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Wittenberge/Mühlberg/Perleberg - Zur Entlastung der Elbe-Hochwasserregion rund um Wittenberge in Nordbrandenburg werden seit Sonntagnachmittag Polder an der Havel geflutet. Stück für Stück werden die Wehre ähnlich wie Garagentore heruntergelassen. Dadurch fließe das Wasser der höher liegenden Elbe in die Havel, erläuterte Kurt Augustin, Abteilungsleiter Wasser beim Landesumweltministerium. Die Flächen liegen etwa 30 Kilometer vor Wittenberge bei Neuwerben. Sie können etwa 250 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Der Pegelstand der Elbe betrug in Wittenberge um 15.00 Uhr 7,83 Meter. Beim Jahrhunderthochwasser 2002 lag der Höchststand bei 7,34 Meter.
Zuvor hatte Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) nach einer Krisensitzung in Perleberg mitgeeteilt: „Um 14.30 Uhr startet die Flutung.“ Umweltministerin Anita Tack (Linke) sprach von einer bundesweit einmaligen Möglichkeit, den Hochwasserstand der Elbe zu senken. Um 11.30 Uhr wurde in der nordbrandenburgischen Stadt ein Pegel von 7,77 Meter gemessen - schon das war ein Rekordwert. Mit der Öffnung der Wehre soll auch ein Rückstau in die Havel verhindert werden, die in die Elbe mündet und selbst kein Hochwasser führt, da sie in Mecklenburg-Vorpommern entspringt.
Die zehn Polder können bis zu 140 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Die Flächen reichen von der südwestlichen Prignitz über Havelberg bis ins havelländische Rathenow. „Es ist möglich, dass dadurch in Rathenow einige Keller voller Wasser laufen können“, erklärte Bodo Schwiegk vom Landesumweltamt. Nach seiner Einschätzung könnten die Polder in zwei bis drei Tagen voll sein.
Auf Grundlage eines Staatsvertrags zwischen Elb-Anrainern hat die zuständige Koordinierungsstelle in Magdeburg die Flutung empfohlen.
Damit solle der Scheitel der Elbe an der Wehranlage Quitzöbel gekappt werden. Polder sind von Deichen umgebene Gebiete, die bei Hochwasser absichtlich geflutet werden. Die Rückhalteräume sollen Wohn- und Industriegebiete schützen.
In Wittenberge wurde am Sonntagmorgen um 9.00 Uhr ein Wasserstand von 7,73 Metern gemessen. Dort soll noch verhindert werden, was in Magdeburg nicht mehr zu veerhindern ist: Eine Massenevakuierung. Denn die Flutwelle der Elbe bricht immer neue Rekorde und lässt Deiche bersten. In Magdeburg mussten sich am Sonntag 23 000 Menschen vor den herannahenden Wassermassen in Sicherheit bringen. Auch die Stromversorgung in der Stadt war bedroht. Die gewaltige Flutwelle rollt nun auf Brandenburg und Norddeutschland zu. Und als wäre dies nicht schlimm genug: In Sachsen-Anhalt lösten Anschlagsdrohungen gegen Deiche zusätzlich Unruhe aus.Dazu kamen am Sonntag neue Unwetter: In Sachsen fielen extreme Mengen Regen und Hagel. Das waren rund 60 Zentimeter mehr als noch am Tag zuvor.
Seit Samstag soll ein Teil der Wittenberger Altsstadt eigentlich evakuiert werden. Doch das läuft nur schleppend. Die Evakuierung von 1500 Einwohnern der Altstadt komme nur langsam voran, bislang hätten nur wenige Menschen ihre Häuser und Wohnungen in der Altstadt entlang des Elbelaufs verlassen, sagte Bürgermeister Oliver Hermann (parteilos) am Sonntagnachmittag. Der Prignitzer Krisenstab hatte zur freiwilligen Evakuierung der Häuser aufgerufen. „Das Risiko war uns einfach hoch“, sagte Landrat Hans Lange (CDU).
Verantwortlich für die Rekordstände ist das Zusammenfließen der hohen Elbe-Pegelstände aus Sachsen und Sachsen-Anhalt und der Saale aus Thüringen und Sachsen-Anhalt. Beide hochwasserführenden Flüsse fließen bei Barby südlich von Magdeburg ineinander. Zur Entlastung der Situation in der Prignitz hatte Umweltministerin Anita Tack (Linke) am Samstagnachmittag angekündigt, dass eventuell die Havelpolder gezogen werden sollen. Ein genauer Zeitpunkt dafür stand aber zunächst nicht fest.
Entspannung war dagegen stromaufwärts in Mühlberg an der Elbe zu verzeichnen. Dort war der Scheitelpunkt offenbar bereits abgeflossen.
Am Sonntagmorgen um 8.00 Uhr wurde dort noch ein Wasserstand von 9,17 Metern gemessen. Am Freitagvormittag waren es dort in der Spitze noch 9,89 Meter. Gleichwohl drückte das Wasser auch am Sonntagmorgen noch mit ungeheurer Kraft auf die Deiche in Mühlberg.
Wie das brandenburgische Umweltministerium weiter mitteilte, gingen die Wasserstände an Spree und Schwarzer Elster zurück. An der Oder stagnierten die Pegel, an der Neiße habe sich die Lage entspannt. epd/dpa/pet
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