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Brandenburg: Brandenburgs Jein

Ministerpräsident Woidke würde im Bundesrat dem neuen Asylpaket zustimmen, aber Linke legen Veto ein

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Potsdam - Diesmal kann es sein, dass es im Bundesrat auf Brandenburgs Stimme ankommen wird. Und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) würde der geplanten neuen Verschärfung des Asylrechts auch gern zustimmen. Trotzdem wird sich die von ihm geführte rot-rote Landesregierung nach PNN-Recherchen enthalten, wenn in der Länderkammer diesen Freitag nun auch Algerien, Marokko und Tunesien wie bereits die Balkan-Staaten zu sogenannten sicheren Herkunftsländern erklärt werden sollen. Dorthin sollen Flüchtlinge schneller abgeschoben werden können.

Die Linken lehnen dies strikt ab, womit der Koalitionsvertrag greift. „Aus unserer Sicht wird es eine Enthaltung geben“, sagte Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers am Dienstag den PNN. Es entspreche nicht der Realität, dass diese Länder sicher seien, wie auch Berichte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International oder Warnungen der Kirchen belegten. „Die SPD möchte zustimmen, die Linke nicht. Es läuft auf eine Enthaltung hinaus“, sagte auch Regierungssprecher Andreas Beese. So sehe es der Koalitionsvertrag vor. Ein formaler Beschluss sei aber nicht gefasst worden, da man weitere Gespräche mit der Bundesregierung abwarten wolle, die diese jetzt kurzfristig angeboten hat.

Dem Vernehmen nach will der Bund Ländern mit Bedenken – teils mit Grünen- oder Linken-Regierungsbeteiligungen, aber auch SPD-geführte – entgegenkommen. Konkret hat der Bund signalisiert, dass es doch eine „Altfallregelung“ für in Deutschland lebende Flüchtlinge aus den drei nordafrikanischen Ländern geben kann, aber auch Ausnahmen für Homosexuelle und Menschen aus der Westsahara, einem Konfliktgebiet. Dies hatte der Bundesrat – mit Unterstützung Brandenburgs – bereits im März angemahnt. Hintergrund waren Zweifel am Nachweis der Bundesregierung, dass die Staaten sicher seien, was einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes entspricht. „Es werden zu dem Bewertungsergebnis Fragen gestellt“, hieß es in dem Bundesratspapier. „Der Lage von Minderheiten, auch von Volksgruppen sowie von Homo-, Trans- und Intersexuellen, ebenso wie dem Handeln staatlicher Stellen, der Gewährleistung der Pressefreiheit und rechtsstaatlichen Verfahren“ komme „besondere Bedeutung“ zu. Es wurde gebeten, die Zweifel „im weiteren Beratungsverfahren auszuräumen“, worauf nichts geschah, wie es aus Brandenburg heißt. Bewegung gibt es erst jetzt, da die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat äußert knapp sind, es auf jede Stimme ankommt. Für Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der in dieser Frage CDU-nahe Positionen vertritt, etwa auch für Asylzentren in Nordafrika eintrat, macht es das nicht einfacher. Schon als der letzte Asylkompromiss im Oktober 2015 durch den Bundesrat ging, hatte er sich enthalten müssen, dies dann aber abgewiegelt. „Es hängt nicht von Brandenburg ab. Man muss das nicht dramatisieren“, sagte er damals.

Brandenburgs CDU macht bereits Druck. Oppositionsführer Ingo Senftleben forderte am Dienstag, dass Woidke von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch macht – womit freilich die rot-rote Koalition vor dem Aus stünde. SPD und Linke machten sich „einen schlanken Fuß“, wenn sie auf der einen Seite nach Geld vom Bund und einer dauerhaften Reduzierung der Flüchtlingszahlen riefen, sich aber selbst im Bundesrat aus der Verantwortung stehlen würden, sagte Senftleben. „Der Ministerpräsident duckt sich hinter seinem kleinen Koalitionspartner weg.“ Senftleben erinnerte daran, dass es bereits die dritte Abstimmung im Bundesrat zu diesem Thema wäre, bei der sich Brandenburg enthalte. „Die peinliche Meinungslosigkeit des Landes darf sich nicht wiederholen.“

Dagegen sieht Staatssekretär Thomas Kralinski, Bevollmächtigter Brandenburgs beim Bund, es als normalen Vorgang an, wenn sich Koalitionsregierungen – egal welcher Farben – bei Konflikten der Stimme enthalten. „Das ist doch gang und gäbe“, sagte Kralinski.

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