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ARCHIV - 14.01.2024, Brandenburg, Grünheide: Vor dem Eingang der Tesla Fabrik «Gigafactory Berlin-Brandenburg» steht eine Flagge mit dem Schriftzug «Tesla». US-Elektroautobauer Tesla informiert mit einer Informationsveranstaltung über die geplante Erweiterung der Fabrik. (zu dpa: «Ja oder Nein zu Tesla-Erweiterung - Viel Interesse an Bürgerbefragung») Foto: Christophe Gateau/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Christophe Gateau

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Bürger lehnen Fabrik-Erweiterung ab: So geht es mit Teslas Plänen in Brandenburg weiter

Eine deutliche Mehrheit der Grünheider ist gegen den Ausbau der Tesla-Fabrik. Aber welche Bedeutung hat das Votum und wie reagiert Tesla? Antworten auf wichtige Fragen.

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Der US-Elektroautobauer Tesla hat mit dem Nein bei einer Bürgerbefragung in Grünheide über die geplante Erweiterung des Werksgeländes einen Rückschlag erlitten. Das klare Votum von knapp zwei Drittel Nein-Stimmen liegt auf dem Tisch. Die Gemeindevertretung entscheidet erst noch über den Bebauungsplan für die Erweiterung. Dabei ist das Bürgervotum zwar rechtlich nicht entscheidend, hat aber eine riesige Wirkung.

Warum will Tesla sein Fabrikgelände überhaupt erweitern?

Das Werk in Grünheide ist vor nicht einmal zwei Jahren im Beisein von Firmenchef Elon Musk eröffnet worden. Tesla hat schon Pläne für einen Ausbau und will die Produktionskapazität vom noch nicht erreichten Etappenziel 500.000 Autos im Jahr auf eine Million Autos im Jahr aufstocken. Für den Ausbau braucht Tesla ausreichende Logistikflächen.

Eine deutliche Mehrheit der Grünheider hat den Ausbau der Tesla-Fabrik abgelehnt.
Eine deutliche Mehrheit der Grünheider hat den Ausbau der Tesla-Fabrik abgelehnt.

© dpa/Patrick Pleul

Es geht auch um mehr Liefersicherheit. Die Autofertigung musste in diesem Jahr schon für rund zwei Wochen ruhen, weil Teile wegen der unsicheren Lage im Roten Meer fehlten. Ein Güterbahnhof soll nach Ansicht von Tesla für umweltfreundlicheren Transport sorgen, der den Verkehr in der Region entlastet. Dazu plant das Unternehmen eine Betriebs-Kita.

Wie reagiert Tesla?

Tesla hält grundsätzlich an einer Erweiterung des Fabrikgeländes fest, setzt aber auf Kooperation. „Wir sehen, dass die Bürgerinnen und Bürger von Grünheide Sorgen in Verbindung mit der geplanten Flächenerweiterung haben“, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

„Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die logistische Optimierung des Werks ein großer Gewinn für die Gemeinde ist. Wir werden auf Basis des Feedbacks der letzten Wochen gemeinsam mit allen Beteiligten weitere Schritte abstimmen.“ Nun obliege es der Gemeinde, über das Verfahren zum Bebauungsplan zu entscheiden. Das Ziel sei weiter, viel Lkw-Verkehr auf die Schiene zu verlagern sowie allgemein die Infrastruktur rund um die Fabrik auszubauen.

Welche rechtliche Bedeutung hat das Votum?

Keine. Die Gemeindevertretung Grünheide stimmte im Dezember 2022 mit Mehrheit für die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, damit Tesla das Fabrikgelände um 170 Hektar erweitern kann, was mit der Rodung von mehr als 100 Hektar Wald verbunden wäre.

Über den Bebauungsplan selbst müssen die Gemeindevertreter aber erst noch entscheiden. Das Ergebnis der Befragung ist eine wichtige Grundlage für die Entscheidung, denn sie zeigt, welche Bedenken es gegen die Fabrik an ihrem Sitz gibt - obwohl bei Tesla inzwischen 12.500 Beschäftigte arbeiten.

Wie reagiert die Landesregierung auf das Bürgervotum?

Das Ergebnis hat eine große psychologische Wirkung. Auch die Politik schaut darauf, denn es geht um die Akzeptanz von Großprojekten. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat den US-Autobauer zum Einlenken aufgerufen. „Die Bürgerinnen und Bürger haben ihr demokratisches Recht wahrgenommen. Nun geht es darum, dass Tesla und die Gemeinde Grünheide die Hinweise und Bedenken auswerten und darauf reagieren“, sagte Woidke am Mittwoch in Potsdam. Er forderte auch mehr Kommunikation: „Wichtig ist, dass Tesla offensiver und transparent mit der Öffentlichkeit kommuniziert.“

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) blickt nach vorn. „Ich sehe das Abstimmungsergebnis auch als eine Motivation für die Gemeinde und Tesla, die noch nicht beseitigten Bedenken in den nächsten Wochen und Monaten konzeptionell zu beantworten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD)
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD)

© dpa/Patrick Pleul

Mit dem eindeutigen Votum hätten die Bürgerinnen und Bürger klar ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht, teilte am Mittwoch das Infrastrukturministerium mit. Dies gelte es ernst zu nehmen. „Wir gehen davon aus, dass es Lösungsmöglichkeiten gibt, die sowohl den Interessen der Bürgerinnen und Bürger als auch den Interessen von Tesla für eine bedarfsgerechte Infrastruktur gerecht werden.“

Wer entscheidet, ob erweitert wird oder nicht?

Die Gemeinde Grünheide hat die Weichenstellung in den Händen. Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) sagte nach dem Votum, den abgelehnten Bebauungsplan werde man in der jetzigen Form den Gemeindevertretern so nicht mehr vorlegen. Das nächste Mal tagen die Gemeindevertreter am 14. März - bisher war die Erweiterung aber nicht auf der Tagesordnung.

Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos).
Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos).

© dpa/Patrick Pleul

Der nächste Termin wäre dann am 16. Mai. Außerdem müsste der Finanzausschuss des Landtags einem Verkauf der Fläche durch Brandenburgs Landesforstbetrieb zustimmen. Die Landesregierung hatte Tesla laut Umweltministerium 2019 bereits den Erwerb einer weiteren Fläche in Aussicht gestellt - vorbehaltlich des Bebauungsplanrechts.

Das Befragungsergebnis sieht Christiani nicht als Zeichen einer generellen Anti-Tesla-Haltung in der Gemeinde. Es gebe keine negative Stimmung mit Blick auf den US-Elektroautobauer. An der Befragung beteiligten sich rund 5400 Bürgerinnen und Bürger. Mit Nein stimmten 3499 Einwohner, mit Ja 1882. „Ich bin sehr froh über die mit über 71 Prozent recht hohe Beteiligung an dieser Einwohnerbefragung“, sagte Christiani am Mittwochmorgen bei RBB-Inforadio.

Gibt es vergleichbare Fälle eines Bürgervotums in Deutschland?

In Bayern lief es zum Beispiel im vergangenen Jahr andersherum. Die Gegner eines Batteriewerks des deutschen Autobauers BMW scheiterten im September 2023 mit dem Versuch, den Bau zu verhindern. Die Bürger des Ortes Straßkirchen in Niederbayern entschieden sich mit großer Mehrheit für die Ansiedlung. Die Bürgerinitiative gegen den Bau, dem rund 100 Hektar Acker zum Opfer fallen, scheiterte bei einem Bürgerentscheid. (dpa)

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