Landtag in Brandenburg: CDU fordert Neuwahlen
Die CDU will in Brandenburg die Landtagswahl vorziehen. Aber warum? Das fragt sich nicht nur Rot-Rot. Der Blick richtet sich bereits auf 2019.
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Potsdam - Zwei Tage nach der Bundestagswahl ist Brandenburgs oppositionelle CDU mit dem Ruf nach Neuwahlen im Land vorgeprescht – und sorgte damit für Verwunderung. Die rot-rote Regierung unter Führung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sei auch angesichts eines „verheerenden Abschneidens“ bei der Bundestagswahl nicht mehr handlungsfähig, sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben am Dienstag. Zudem würden bei der umstrittenen geplanten Kreisreform Zweifel innerhalb der Koalition wachsen, konstatierte er. Auch der Abgang von Bildungsminister Günter Baaske (SPD) zeuge vom schlechten Zustand der Regierung.
SPD und Linke demonstrierten dagegen Einigkeit – nach Berichten von MAZ und MOZ über kritische Stimmen aus den eigenen Reihen. Man habe sich einmütig darauf verständigt, die Kreisreform im November im Parlament zu verabschieden, sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Linksfraktionschef Ralf Christoffers sagte, er gehe davon aus, dass die eigene Koalitionsmehrheit stehe.
Diffuse Angst vor der Kreisreform
Auch Regierungschef Woidke sagte: „Ich denke, die Mehrheit steht.“ Es werde aber weitere Diskussionen um die Ausgestaltung geben. Auf die Frage, ob auch die umstrittene Einkreisung der bislang kreisfreien Städte Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel nochmal diskutiert werde, sagte Woidke lediglich: „Ich glaube, dass die Ziele der Reform erreicht werden.“ Cottbus etwa sei hoch verschuldet bei den Kassenkrediten.
Dabei wächst die Zahl der Zweifler. So forderten manche wie der SPD-Landesschatzmeister Harald Sempf, die Reform um mehrere Jahre aufzuschieben. Er begründete dies mit dem SPD-Desaster bei der Bundestagswahl. Die Reform sei zwar erforderlich, aber es gebe bei vielen Menschen eine diffuse Angst. Um ihnen die Angst zu nehmen, müsse die SPD die Reform per Moratorium verschieben und neu nachdenken – auch weil die Pläne auf die Landtagswahl 2019 niederschlagen würden. Sogar der Vorsitzende des Innenausschusses des Landtags, Sören Kosanke, sprach sich dafür aus, Teile der Reform zu verschieben, um etwa Themen wie Verkehrspolitik und Digitalisierung voranzutreiben. Einem Moratorium erteilten Woidke und die Fraktionschefs von SPD und Linke eine Absage. Gegen die Kreisreform läuft derzeit auch ein Volksbegehren.
CDU-Fraktionschef Senftleben: Ministerpräsident Woidke soll den Weg für Neuwahlen freimachen
CDU-Fraktionschef Senftleben meinte: „Aus unserer Sicht ist der Zeitpunkt gekommen, wo der Ministerpräsident Dietmar Woidke den Weg freimachen sollte für Neuwahlen in Brandenburg.“ Sonst drohten zwei Jahre Stillstand bis zur planmäßigen kommenden Landtagswahl im Jahr 2019. Rot-Rot habe als einziges wirkliches Projekt eine „vermurkste Kreisreform“ vorzuweisen. Ein Antrag auf Auflösung des Landtags bräuchte jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Die Christdemokraten wollten nach eigenen Angaben daher zunächst abwarten, wie die Koalitionsfraktionen auf ihre Forderung reagieren. Linke-Fraktionschef Christoffers nannte das Ansinnen bereits „absurd“. SPD-Amtskollege Bischoff meinte, es sei „schwer nachvollziehbar“. Es gebe in Brandenburg eine stabile Regierungskoalition.
Die Grünen mahnten die CDU dazu, sich zurückzuhalten, da sie bei der Bundestagswahl noch mehr verloren habe als Sozialdemokraten oder Linke. Dennoch drohe der „Stabilitätsfaktor SPD“ aus dem Takt zu geraten. „Das ist nicht in unserem Interesse“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Er erneuerte zugleich die Forderung nach einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Ein Aussetzen der Kreisreform lehnen die Grünen ebenfalls ab. Sie befürchten aber, dass Rot-Rot nicht mehr genügend Kraft aufbringen könnte, um das Vorhaben umzusetzen.
Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl eine "tektonische Verschiebung"
Viele fragten sich, warum die CDU ausgerechnet jetzt Neuwahlen fordert. Dass der Vorstoß abgelehnt wird, war absehbar. Für die CDU hat es mit dem Zeitfenster nach der Bundestagswahl zu tun – und mit der Landtagswahl 2019. Sie hatte mit 26,7 Prozent der Zweitstimmen in Brandenburg bei der Bundestagswahl den ersten Platz geholt – aber mit deutlichen Verlusten. Dagegen war die seit 27 Jahren regierende SPD mit 17,6 Prozent der Zweitstimmen auf dem dritten Platz gelandet. Die mitregierende Linke kam mit 17,2 Prozent auf Platz vier. Für „tektonische Verschiebungen“ – so CDU und SPD unisono – aber sorgte der Erfolg der AfD, die mit 20,2 Prozent zweitstärkste Kraft wurde.
Einigkeit besteht in der Landespolitik darin, dass den Menschen mehr zugehört werden müsse, ihre Probleme angepackt werden. Und auch, dass die im Zuge der Großen Koalition im Bund zugeschütteten Unterschiede zwischen den Lagern wieder sichtbar werden müssen. Aus Sicht der CDU-Führung in Brandenburg bringt es daher nichts, sich nur auf die AfD zu fokussieren und die Konfliktlinien mit den Rechtspopulisten in der Landespolitik zu betonen – weil dies die AfD stärken würde. Mit ihrer Forderung – kurz nach der Bundestagswahl – wollte die CDU vor allem eines: Deutlich machen, zwischen wem 2019 im Land entschieden wird, wer die Kontrahenten sind – Rot-Rot und die Union. Die Neuwahl-Forderung sollte daher vor allem der Profilschärfung dienen. (mit dpa)
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