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Damit Demokratie zur Haltung wird: In Potsdam luden die Kirchen zu einer anderen Kandidatenrunde ein
In der Nikolaikirche in Potsdam haben sich am Montagabend Parteien- und Kirchenvertreter zu einer Debatte getroffen. Kernthema war kurz vor der Landtagswahl die Haltung zur Demokratie.
Stand:
„Die Aufgabe der Kirche ist nicht die Parteipolitik“, sagte Bischof Christian Stäblein. Der leitende Geistliche der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz stand am Montagabend in der Potsdamer Sankt-Nikolai-Kirche. Direkt gegenüber vom Landtag hatten die evangelische und die katholische Kirche zu einem Kandidatenforum mit denen eingeladen, die künftig im Potsdamer Stadtschloss Platz nehmen wollen.
Nur die AfD war an der Runde nicht beteiligt. „Die Institution Kirche hält Äquidistanz zu den demokratischen Akteuren“, sagte Stäblein. „Sie bringt sich mit ihrer Position ein, ohne dabei Partei zu sein: Freiheit und Menschenwürde haben hier ihr Zuhause.“ Die Leidenschaft für das Lösen von Problemen und der Einsatz für die Menschenwürde aller sei der Boden, auf dem man diskutieren wolle. „Das Reden von denen, die das verachten, hat da keine Bühne, keinen Sinn.“

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Den Kirchenvertretern war es wichtig, dass die Debatte von gegenseitigem Respekt geprägt war. Statt, wie in anderen Podiumsdiskussionen, alle Kandidaten aufeinander loszulassen, wurden drei Gruppen gebildet. Benjamin Raschke (Grüne) debattierte mit Robert Crumbach (BSW) über das Leben im ländlichen Raum, Manja Schüle (SPD) mit Monique Bewer (FDP) und Carina Simmes (BVB/FW) über den Fachkräftemangel und Steeven Bretz (CDU) stritt mit Sebastian Walter (Linke) über Hoffnung und Zukunftsängste.
Debatten blieben sachlich
Zuvor führten von den Kirchen benannte Experten jeweils kurz in das Thema ein. „Ich hätte es mir nie vorstellen können, einmal so in einer Kirche zu stehen“, sagte Walter. Die politischen Aussagen der Parteivertreter waren – wenige Tage vor den Landtagswahlen – nicht mehr überraschend. Aber die Debatten blieben sachlich, wirklich hart gestritten wurde kaum.
Raschke plädierte für eine bessere Finanzierung der Dörfer und dafür, die Finanzierung der Kommunen nicht nur nach ihrer Einwohnerzahl, sondern auch nach ihrer Fläche zu regeln. „Eine flächenmäßig große Gemeinde mit wenig Einwohnern wie Burg im Spreewald bekommt sonst Probleme beim Unterhalt ihrer Infrastruktur.“
Crumbach sprach sich ebenfalls für eine bessere Finanzierung der Kommunen aus und plädierte, gerade beim Thema Folgen der Windenergie, für eine stärkere Umverteilung vom urbanen in den ländlichen Raum. Beim Fachkräftemangel hob Manja Schüle die Arbeit des Cottbuser Carl-Thiem-Klinikums hervor, das gezielt im Ausland für Kurse an seiner Pflegeschule wirbt. „Die Menschen kommen dann, wenn sie sich wohlfühlen, respektiert und angenommen werden.“ Zudem forderte sie dazu auf, nicht nur kostengünstigen Wohnraum für Studierende, sondern auch für Azubis zu schaffen.
Bewer und Simmes forderten zudem, bereits in Deutschland lebenden Ausländern schneller eine Arbeitserlaubnis zu geben. Und Simmes sprach sich auch für ein „Pflichtjahr für alle“ aus: Neben einem Freiwilligen Sozialen oder einem Freiwilligen Ökologischen Jahr sollte auch ein technisches Pflichtjahr möglich werden.
Kernthemen der Kirche
Schließlich das Kernthema der Kirchen: Hoffnung und Zuversicht. Bretz betonte dabei die Bedeutung der Vernunft. „Vielleicht müssen wir kapieren, dass das niemand die alleinige Wahrheit kennt“, sagte Bretz. „Dass der Wert unserer Gesellschaft doch ist, dass wir miteinander um den besten Weg ringen.“ Er selbst wolle nicht in einer Gesellschaft leben, in der man glaube, „dass ein starker Führer, egal woher er kommt, die Dinge schon richten wird.“
Walter dagegen warnte davor, als Politiker nicht einlösbare Versprechen zu geben. „Im Wahlkampf achten wir als Linke darauf, nichts zu versprechen“, sagte Walter. „Ich kann keine Lehrerinnen und Lehrer backen – aber ich kann versprechen, dass wir um die richtigen Lösungen für die Probleme streiten können.“ Aus seiner Sicht müssten vor allem „die Realitäten der Menschen im Landtag wieder eine Rolle spielen.“
Doch es war der katholische Erzbischof Heiner Koch, der am Ende die Worte fand, die manchem Besucher der Debatte noch lange in Erinnerung blieben. Denn er sprach von der Begegnung mit einer ehemaligen politischen Gefangenen aus Belarus beim Kongress des katholischen Hilfswerks Renovabis. „Wissen Sie eigentlich, wie wenig selbstverständlich Demokratie ist?“, fragte der Theologe. „Gehen Sie nicht nur wählen, sondern sorgen Sie dafür, dass Demokratie auch eine Haltung ist.“
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