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Brandenburg: Dienstfahrt in die Leitplanke
Kurz vor Mitternacht ging es spätabends nach Hause. Doch Hartmut Mehdorn kam nicht weit
- Sabine Beikler
- Alexander Fröhlich
- Jörn Hasselmann
Stand:
Es ist Freitagabend, 23 Uhr. Die meisten Mitarbeiter der Flughafengesellschaft und BER-Aufsichtsratsmitglieder haben das Tagungsgebäude neben dem Terminal des Hauptstadtflughafens in der Nacht zum Samstag nach der Aufsichtsratssitzung schon verlassen. Es fehlen nur noch Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke). Mehdorn kommt heraus und schreitet schnurstracks zu seinem Audi A8. Zu einem Kommentar lässt er sich nicht hinreißen. Er packt seine Tasche auf die Hinterbank, steigt ein und fährt davon. Nur einen Augenblick später verlässt die Wagenkolonne mit Wowereit und seinen Personenschützern den Flughafen. Und ein paar Minuten später kracht es.
Hartmut Mehdorn hat einen Unfall.
Vor Beginn der Linkskurve in Richtung der Autobahnzufahrt geht eine kleine Stichstraße ab. Offenbar verpasst Mehdorn in Höhe dieser Straße die Auffahrt zur Autobahn. Er prallt mit der Autofront links vorn gegen einen Leitplankenpfosten an der Stelle, an der sich Stichstraße und Autobahnauffahrt teilen. Der Audi gerät in Schräglage und landet auf der Beifahrerseite.
Hartmut Mehdorn kann ohne Hilfe aus dem Wagen herausklettern. Dem Vernehmen nach wirkte der 71-jährige Manager anschließend sehr gefasst und wohlauf. Er soll sinngemäß geäußert haben: So schnell kann das passieren.
Mit dem Fahrzeug von Klaus Wowereit wurde die Unfallstelle abgesichert. Polizisten, die zuvor die Aufsichtsratssitzung gesichert hatten, wurden von Wowereits Personenschützern über den Unfall informiert und fuhren sofort zum Unfallort. Sie nahmen den Unfall auf und stellten sicher, dass die Bergungsarbeiten nicht behindert wurden.
Bei Hartmut Mehdorn wurde ein Alkoholtest gemacht. Dieser sei negativ gewesen. „Herr Mehdorn hatte keinen Alkohol getrunken“, sagte eine Sprecherin der Brandenburger Polizei am Sonnabend. Auf Drogen wurde Mehdorn nicht getestet. „Einen solchen Test gibt es nur bei Anhaltspunkten“, sagte die Polizeisprecherin. Also wenn die Pupillen etwas verraten könnten oder dem Auto eine Haschischwolke entweicht. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass „Herr Mehdorn abgelenkt“ war, etwa durch ein Mobiltelefon.
Mehdorns Crash wird bei der Polizei als Bagatelle gewertet. Dennoch wird der Unfall von der Polizei „untersucht“. Es gibt kein Ermittlungsverfahren gegen den Manager. Es sei schließlich niemand geschädigt oder gefährdet worden. Ein Fahrfehler sei nicht strafbar, der könne jedem passieren, hieß es. Und der Unfallort sei „keine schöne Stelle“, sondern auch nach Angaben von Ortskundigen unübersichtlich. Alles sei eine zivilrechtliche Frage, betonte die Polizeisprecherin. Sprich: Der Schaden an der Leitplanke muss beglichen werden; wie hoch der ist, blieb unklar. Den Schaden an Mehdorns Audi schätzte die Polizei auf 20 000 Euro.
Ein Sprecher der Flughafengesellschaft hatte bereits kurz nach Mitternacht gegenüber dieser Zeitung bestätigt: „Der Wagen ist in die Leitplanke gerutscht, Herr Mehdorn ist unverletzt.“ Wowereit nahm Hartmut Mehdorn dann in seinem Fahrzeug mit und brachte ihn nach Hause. Beide wohnen im Westteil von Berlin.
Normalerweise hat der Flughafen- Chef einen Fahrer. Doch angesichts der langen Aufsichtsratssitzung schickte Mehdorn seinen Chauffeur am Abend nach Hause. Das ist auch üblich bei manchen Politikern, die ihren Fahrern aus Rücksicht auf deren Familien am Abend freigeben oder Fahrdienste am Wochenende nicht in Anspruch nehmen. Nur manche Politiker dürfen ihren Fahrern nicht freigeben, zum Beispiel Wowereit und Innensenator Frank Henkel (CDU). Sie sind vom Landeskriminalamt als gefährdet eingestuft und werden in gepanzerten Limousinen gefahren. Mindestens eine weitere Limousine ist für Personenschützer dabei. S. Beikler, A. Fröhlich, J. Hasselmann
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