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Industrie in Brandenburg: Doch kein schwarzer Tag für Eberswalde?
Am Freitag kommt es zum Spitzentreffen bei Bahnchef Rüdiger Grube zum bedrohten Bahnwerk in Eberswalde. Nach PNN-Informationen könnte eine endgültige Entscheidung erneut vertagt werden.
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Potsdam/Berlin - Der konzertierte Widerstand Brandenburgs gegen die geplante Schließung des ausgelasteten Bahnwerkes in Eberswalde zeigt erste Wirkung. Wie die PNN am Donnerstag erfuhren, wird Bahnvorstandschef Rüdiger Grube beim heutigen mit Spannung erwarteten Spitzentreffen in Berlin wohl noch keine abschließende Entscheidung verkünden, ob das Instandsetzungswerk für Güterwaggons geschlossen wird – oder womöglich doch verkauft und damit gerettet wird. Die Schließung hatte das Bahnmanagement ursprünglich bereits im Oktober 2014 beschlossen. Ein Rückschluss, dass die Deutsche Bahn AG davon abrückt, lässt sich nach PNN-Recherchen aus der zeitlichen Verzögerung aber nicht ziehen. Es sieht eher danach aus, dass die Bahn Zeit gewinnen will – womit das Drama um den Industriestandort und damit auch die Ungewissheit für die rund 350 Mitarbeiter weitergehen würde.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seine Landesregierung nutzen zugleich alle offiziellen und inoffiziellen Kanäle, um bei der Bundesregierung gegen die Pläne des bundeseigenen Unternehmens zu intervenieren, ein Werk trotz voller Auftragsbücher zu schließen – und obwohl es Übernahmeinteressenten gibt. Die mittelständische Deutsche Eisenbahn Service AG (DESAG) hatte erst vor wenigen Tagen bekräftigt, dass ihr vor Wochen bei der Deutschen Bahn AG eingereichtes Angebot zur Übernahme des Werkes in Eberswalde mit 100 der 350 Mitarbeiter weiterhin steht. Inzwischen hat Woidke neben seinem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel und Außenminister Frank Walter Steinmeier (beide SPD) eingeschaltet, der seinen Wahlkreis in Brandenburg hat. Außerdem soll es ein Treffen mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gegeben haben.
Doch nicht der Tag der Entscheidung
Eigentlich war bisher erwartet worden, dass Grube bei dem Treffen am heutigen Freitagmorgen mit dem Betriebsrat des Eberswalder Werkes und Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) das Aus für das Eberswalder Werk verkünden wird. Grube selbst hatte dies öffentlich signalisiert, als er den PNN vergangenen Freitag seine Bewertung zu den Kaufangeboten offenbart hatte: „Alle Konzepte, die bisher auf dem Tisch liegen von den Investoren, sind weder konzeptionell noch wirtschaftlich tragfähig.“ Er wolle am 11. Oktober mit dem Betriebsrat die Angebote erörtern, damit dieser die Entscheidung nachvollziehen könne, so Grube damals. Dafür, dass es nun doch nicht der Tag der Entscheidung wird, spricht auch der erweiterte Teilnehmerkreis: Die Deutsche Bahn AG hat entgegen der früheren Planung akzeptiert, dass bei dem Spitzentreffen auch der Eberswalder Bürgermeister Friedhelm Boginski und der Barnimer Landrat Bodo Ihrke (SPD) teilnehmen. Vor dem Bahntower am Potsdamer Platz werden Eberswalder Bahnwerker gegen die Schließungspläne demonstrieren.
Die DESAG, eine mittelständische Firmengruppe mit 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 35 Millionen Euro, würde nach Aussagen von Chef Thomas Becken das Eberswalder Werk mit einem Drittel der heutigen Mannschaft weiterführen. Vom Wirtschaftsministerium erhielt die DESAG eine Förderzusage. Um den Anlauf zu sichern, Zeit für die Gewinnung neuer Aufträge Dritter zu haben, würden nach dem Angebot Beckens allerdings für eine Startphase von maximal einem Jahr auch Aufträge der Deutschen Bahn AG benötigt. Aber die Deutsche Bahn AG wäre das Problem und den Ärger um das Werk los. Denn auch eine Stilllegung – mit Folgekosten von Sozialplan, Altlastensanierung – käme dem Konzern teuer, ja sogar teurer, wie der Betriebsrat vorrechnete. Das Werk, das die Deutsche Bahn mit der Begründung mangelnder Auslastung bislang schließen will, hat volle Auftragsbücher. In einem aktuellen Papier des Betriebsrates heißt es: „In 2015 hat das DB Werk Eberswalde Zeitarbeiter und Arbeiter anderer DB Werke, wie z.B. aus Wittenberge einstellen müssen, um die Nachfragen und Bedarfe des Marktes zu decken.“ Im Güterwagenwerk in Paderborn, wohin die Bahn bisherige Eberswalder Leistungen verlagern will, sehe es genauso aus. „Im Jahr 2015 konnten die Bedarfe des Konzerns sowie des externen Marktes durch die Werke Eberswalde und Paderborn nicht vollständig bedient werden.“
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