zum Hauptinhalt

Brandenburg: Energiepolitik: Einspruch aus Potsdam Brandenburgs Regierungschef Woidke kritisiert Merkels Offenheit für den Kohleausstieg

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat dem Bund eine verfehlte Energiepolitik vorgeworfen. Er widersprach am Montag dezidiert Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich zuvor für einen Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung aussprach.

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat dem Bund eine verfehlte Energiepolitik vorgeworfen. Er widersprach am Montag dezidiert Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich zuvor für einen Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung aussprach. Sobald gemeinsam mit betroffenen Abbau-Regionen Jobalternativen erarbeitet worden seien, hatte Merkel im ARD-Sommerinterview erklärt, „kann man auch den Ausstieg ins Auge fassen“. Ein Datum nannte sie nicht.

„Hier wird das Pferd, wie so oft in der Energiepolitik, von hinten aufgezäumt“, sagte Woidke dazu den PNN. „Es wäre gut, wenn sich die Bundeskanzlerin mit der Herausforderung der deutschen Energiepolitik in ihrer ganzen Systematik beschäftigen würde.“ Die bestehe im Kern darin, eine zuverlässige Grundversorgung über erneuerbare Energien zu erreichen. Aber da stecke man nach wie vor in den Kinderschuhen. „Und vom Bund wird bisher nichts getan, um diese Zuverlässigkeit herzustellen.“ Konkret bemängelte er die ungenügende Förderung bei der Entwicklung neuer Speichertechnologien. Solange es diese Zuverlässigkeit aber nicht gebe, werde man konventionelle Energieträger wie die Braunkohle brauchen. „Ausstiegspläne oder Zeitleisten für einen Braunkohleausstieg werden nur dann tragen können, wenn man danach eine zuverlässige Energieversorgung garantieren kann“, sagte Woidke. „Ich führe deshalb überhaupt keine Ausstiegsdebatte. Über einen Ausstieg können wir reden, wenn erneuerbare Energien zuverlässig zur Verfügung stehen.“

Brandenburg ist in Deutschland einer der Hauptproduzenten von Braunkohlestrom, der wegen des hohen Kohlendioxidausstoßes in den Lausitzer Kraftwerke als besonders klimaschädlich gilt. Aktuell überarbeitet die von Woidke geführte rot-rote Regierung die bisherige Landesenergiestrategie „Brandenburg 2030“ aus dem Jahr 2012. Am Wochenende war ein erster Entwurf bekannt geworden, nachdem bisherige Klimaschutzziele gesenkte werden sollen, was die Grünen und Umweltverbände kritisieren. Auch die Linke ging zunächst auf Distanz, der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion Thomas Domres sprach in einer Erklärung von einem Entwurf des „SPD-geführten Wirtschaftsministeriums“. Von den Grünen werden die Linken prompt daran erinnert, dass das Abrücken dem rot-roten Koalitionsvertrag widerspräche. Trotzdem erwartet Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers, früher selbst Wirtschaftsminister, keinen rot-roten Energie-Krach, wie er am Montag den PNN sagte: „Man sollte das nicht dramatisieren.“ Er verwies zum einen darauf, dass die Brandenburger Ziele etwa beim weiteren Ausbau erneuerbarer Energien „exorbitant hoch bleiben“. Zum anderen sei die neue Energiestrategie auch davon abhängig, welchen Rahmen die künftige Bundesregierung abstecke. Vorwürfe, dass Deutschlands Klimaschutzziele an Brandenburg zu scheitern drohen, wies Christoffers zurück. „Das ist falsch. Sollte es dazu kommen, dass die Ziele von 73 Prozent CO2-Reduzierung nicht erreicht werden, bleibt Brandenburg innerhalb des politischen Zielkorridors der Bundesrepublik und der EU.“

Das Wirtschaftsministerium begründet die geplante Ziel-Korrektur mit veränderten realen Rahmenbedingungen. Verwiesen wird etwa auf den Verzicht des Neubaus eines moderneren Braunkohlekraftwerks in Jänschwalde, die längere Laufzeit des alten Werkes, aber auch auf den in Brandenburg verbuchten Kohlendioxidausstoß des künftigen Hauptstadt-Airports BER.

Woidke verteidigte die Pläne. Brandenburg brauche sich beim Ausbau erneuerbarer Energien nicht verstecken, spiele dort vorn mit. Das Land werde das Ziel der Bundesrepublik erfüllen, bis 2020 den Kohlendioxidausstoß um 40 Prozent zu reduzieren, „im Gegensatz zum Durchschnitt der Bundesländer, im Gegensatz zu anderen Ländern vor allem im Westen“, sagte Woidke. „Wir werden jetzt nicht Tausende Arbeitsplätze zur Disposition stellen, um irgendwelche prozentualen Klimaziele zu erreichen.“ Gleichwohl stellen sich Brandenburg und Sachsen auf ein Ende der Braunkohle ein. Kürzlich hatte Woidke mit dem Dresdner Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) ein vorheriges Milliardenprogramm des Bundes für den Strukturwandel in der Lausitz gefordert, worauf es kaum ein Echo gab – bis zu den jetzigen Aussagen Merkels.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })